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Die Angst des wei�en Mannes

Titel: Die Angst des wei�en Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Scholl-Latour
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Patrouille, die er gerade unternommen hatte.
    Unser drängendes Angebot, mit einem positiven Fernsehbericht die Weltöffentlichkeit auf den heroischen Kampf der Moros gegen ihre Unterdrückung durch die korrupte Regierung von Manila auf merksam zu machen, fegte er mit einer knappen Handbewegung weg. Als ich den Namen Qadhafi erwähnte, dessen heimliche Waf fenlieferungen an die philippinischen Mudjahidin mir bekannt wa ren, reagierte Abubakr mit einem verächtlichen Lächeln. Die gele gentliche Unterstützung, die ihn aus dem malaysischen Sultanat Sabah erreichte, kommentierte er mit den Worten: »Aus den Ziga retten- und Whisky-Schmugglern von Sabah sind Waffenhändler geworden.«
    Ausgerechnet Jossi überraschte uns wenig später mit der freudigen Nachricht, daß Abubakr beschlossen hatte, uns zu einer Erkun dungsfahrtauf seinem morschen Kutter einzuladen, und die Erlaubnis zum Filmen erteilt hatte. Ein bunter Haufen erwartete uns am Strand. Aus den Mandelaugen der jungen Krieger leuchtete Wildheit. In dieser Gegend waren Piraterie und Heiliger Krieg seit Jahrhunderten Hand in Hand gegangen.
    Imponierend war die besonnene Autorität, die von dem Qaid aus ging. Er hatte jetzt einen grünen Turban um den Kopf gewunden. An diesem Morgen werde er keinen Feindkontakt suchen, sondern wolle uns ein Tausog-Dorf der Moros zeigen, das von der philip pinischen Soldateska überfallen und eingeäschert worden sei. Die Einwohner hätten sie massakriert.
    Unter häufiger Wiederholung des »Takbir«, der dreifachen Be teuerung der Größe Gottes, »Allahu akbar«, haben wir unser Ziel erreicht und tatsächlich eine Ortschaft vorgefunden, in der nur noch einige Hühner gackerten. Alle Häuser und Hütten waren dem Erdboden gleichgemacht. Nach einem Festmahl, das uns durch schüchterne Mädchen mit dem vorgeschriebenen Kopftuch serviert wurde, durften wir am Nachmittag mit einem Motorboot nach Zamboanga zurücktuckern.
    *
    Bis zum heutigen Tag bleibt mir dieser junge Kommandeur des Heiligen Krieges in Erinnerung. Er beeindruckte mich durch seine Verläßlichkeit, seine Gastfreundschaft, vor allem aber durch die unerschütterliche Todesbereitschaft, die ich in späteren Jahren bei den Mudjahidin der »Hizb-e-Islami« in Afghanistan oder bei den Pasdaran des Ayatollah Khomeini in deren Abwehrkrieg gegen Saddam Hussein wieder antreffen sollte. Ich werde diesen Män nern, die bereit sind, sich als »Schuhada«, als Märtyrer, zu opfern, niemals meinen Respekt verweigern.
    Im Hotel angelangt, verabschiedeten wir uns von Ahmed, der sich für seinen Irrtum bei der Landung in Tuburan entschuldigte. »Wir stehen noch am Anfang unserer Bewegung«, beteuerte er. Es hätten sich in die fromme Befreiungsbewegung auch ein paar unlieb same,dem wahren Glauben entfremdete Elemente eingeschlichen. »Aber Allah erkennt die Seinen. Der Jihad wird keine Pause kennen, ehe nicht auf unseren Inseln des Südens eine unabhängige Islamische Republik gegründet ist. Dazu brauchen wir keine gottlose Ideologie und keinen Marxismus. Aber wir lassen uns auch nicht mehr von korrupten Datus und den herrschsüchtigen Sultanen gängeln. Sie sind alle Repräsentanten der feudalistischen Vergangenheit und suchen bereits mit den Abgesandten des Präsidenten Marcos nach einem Kompromiß, um ihre Privilegien zu wahren. Wir werden einen egalitären Islam predigen.«
    Der kleine Ustaz hatte uns lange die Hand geschüttelt und war einsam aus dem frivolen Rahmen des Hotels davongegangen, wo sich die ersten philippinischen Paare trotz der frühen Stunde eng umschlungen zu Jazzmusik bewegten. Er kehrte zurück in das Halbdunkel seiner Koranschule und in die prüde Gewißheit seines Glaubens.
Ein frommes Taxi-Girl
    Von der Terrasse aus beobachteten wir einen kleinen Konvoi phi lippinischer Soldaten in Kampfmontur. Als sie die schwarze Fe stungsmauer mit dem Marienbild der Virgen de Zaragoza passier ten, bekreuzigten sie sich, bevor sie nach Norden abzweigten, wo die Moros einen tödlichen Hinterhalt gelegt hatten. In der Lobby gesellte sich uns ein junger Marineoffizier zu. Als ich ihm sagte, daß wir uns nach Basilan gewagt hatten, erklärte er uns lachend für ver rückt. »Jetzt brauchen Sie doch wohl Zerstreuung und Whisky«, meinte er und geleitete mich zum Nightclub »New Vinta« im alten kastilischen Stadtkern. Er ließ mich bald allein und ver schwand mit einem der Mädchen, die in einer Art Aquarium hin ter Glas auf Freier warteten.
    Auch mir wurde ein hübsches,

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