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Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Titel: Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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Kindheitstraumata?“
    „Weil in unserer Kindheit alles anfängt, oder? Diese ersten formenden Jahre beeinflussen alles, was danach kommt.“ Er trank einen Schluck Kaffee. „In meinem ersten Jahr in der Praxis hatte ich einen interessanten Fall. Eine Frau litt unter einer Störung, die man multiple Persönlichkeit nennt.“
    Anna musste gestehen, wenig darüber zu wissen, und bat ihn um Erklärung.
    Er presste kurz die Lippen zusammen. „Eine multiple Persönlichkeit bildet sich als Folge wiederholten traumatischen, sadistischen Missbrauchs in früher Kindheit. In dem Versuch, sich vor dem Unvorstellbaren und Unerträglichen zu schützen, spaltet sich die Psyche in neue Identitäten auf, die jeweils mit allem ausgestattet sind, die entsprechende Situation zu meistern.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „In meinem Fall hatte die Frau achtzehn verschiedene Persönlichkeiten, und jede erfüllte eine besondere Funktion im System.“
    Sie schwiegen eine Weile. Anna trank ihren Becher leer, den Blick auf den Puderzucker gerichtet, der auf ihrem Tisch verstreut war.
    Nach einem Moment räusperte sie sich und sah auf.
    Ben starrte auf ihre deformierte Hand. Sein Ausdruck war eigenartig leer. Leicht verlegen ließ sie die Hand in den Schoß sinken. „Sie wissen, wer ich bin, also wissen Sie auch, dass ich nicht mit einer vierfingerigen Hand geboren wurde.“ Da er nicht antwortete, fragte sie vorsichtig: „Ben?“
    Er fröstelte leicht, blinzelte und sah sie an. „Was?“
    „Meine Hand. Sie haben sie angestarrt.“
    Er wirkte erstaunt, dann verlegen. „Habe ich das? Tut mir Leid, ist mir nicht aufgefallen. Ich fange an, über meine Arbeit zu reden, und manchmal verliere ich mich in meinen Gedanken. Ich bin wirklich ein zerstreuter Professor. Es tut mir Leid.“
    Sie winkte ab. „Schon gut. Ich habe gelernt, damit zu leben.“
    „Mit der Deformierung oder mit Menschen, die Sie anstarren?“
    „Wollen Sie eine ehrliche Antwort? Mit vier Fingern zu leben ist weitaus leichter als mit der Neugier der Menschen.“
    „Sie meinen mit ihrer Rücksichtslosigkeit.“
    „Manchmal auch das, ja.“
    Sie entspannten sich, und Ben erzählte mehr über den Fall der multiplen Persönlichkeit und über andere, von denen er gelesen hatte. Anna lauschte ihm aufmerksam.
    „Ich verstehe, warum die Sache Sie so interessiert“, sagte sie nach einer Weile. „Es ist wirklich faszinierend.“
    „Das wäre ein gutes Thema für einen Ihrer Romane.“
    „Können Sie Gedanken lesen? Ich dachte gerade dasselbe.“
    „Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie helfen mir bei meinem Buch, und ich helfe Ihnen bei Ihrem.“
    Sie wollte schon zustimmen und ihn um Hilfe bei ihrem eigenen Problem bitten, fragte aber stattdessen nach seiner Praxis. Während er antwortete, hörte sie nur mit halbem Ohr zu und versuchte sich klar zu werden, warum sie gezögert hatte. Sie mochte ihn. Er war lustig und klug, bodenständig und in einer Weise offen, die sie nicht erwartet hatte. Sie glaubte, dass er mit seiner Arbeit anderen half. Wenn sie ihn darum bat, würde er auch ihr helfen.
    Warum kostete es sie dann solche Überwindung, sich zu ihrem Fall befragen zu lassen?
    „Etwas hält Sie zurück?“
    „Ja.“
    „Falls es eine Entscheidungshilfe für Sie ist, ich hoffe, mein Buch wird nicht nur die Öffentlichkeit über die weitreichenden Folgen von Kindesmisshandlungen aufklären, sondern auch den Erwachsenen helfen, die als Kind misshandelt wurden. Ich glaube an die heilende Wirkung von Wissen. Mit dem Wissen entstehen Verständnis und Akzeptanz. Erst dann kann die Heilung beginnen.“
    „Körper heile dich selbst?“
    „In gewisser Weise, ja.“ Er beugte sich ernst vor. „Da ist tatsächlich etwas dran. In uns allen stecken die Kräfte der Selbstheilung, vor allem bei mentalen Störungen. Wir brauchen nur Hilfe, Zugang zu diesen Kräften zu finden.“
    „Und da erscheinen Sie, der ausgebildete Profi, auf der Bildfläche.“
    „Richtig. Ich und Selbsthilfebücher.“
    „Wie Ihres.“
    „Genau.“ Er fingerte an seiner Serviette herum. „Verraten Sie mir, was ich sagen kann, um Sie geneigt zu machen.“
    Sie wandte kurz den Blick ab. „Ich bin nicht sicher, dass Sie etwas sagen können. Ich rede nicht viel über meine Vergangenheit, und ich mag auch nicht über sie nachdenken.“
    „Aber Sie träumen von ihr, Anna. Ich weiß es. Die Erinnerung ist da, sie lauert am Rande Ihres Bewusstseins und quält Sie. Sie flüstert Ihnen etwas ins Ohr und

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