Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
dieser Dr. Walker in der ganzen Sache? Anna war rasch und hitzig für ihn eingetreten. Sie kannten sich bestenfalls einige Tage. Wie wichtig war dieser Mann ihr bereits?
Das sollte ihm eigentlich gleichgültig sein, doch das war es nicht. Er spürte einen kleinen Stich der Eifersucht. Er fühlte sich zu Anna North hingezogen, sehr sogar. Er war neugierig auf sie, und es missfiel ihm, dass sie sich mit jemand anders abgab.
Vielleicht sollte er Dr. Benjamin Walker einen späten Überraschungsbesuch abstatten.
Während er zum Fenster hinaufsah, erschien Anna im hell erleuchteten Rechteck und sah auf ihn hinunter. Ihre Blicke begegneten sich. Sekundenlang sahen sie sich reglos in die Augen, und Quentin empfand heftige Sehnsucht nach ihr. Während er im Lichtkegel des Fensters stand, stellte er sich vor, wieder zu ihr hinaufzulaufen, sie in die Arme zu nehmen und mit ihr ins Bett zu gehen.
Sie hob die Hand in einer kleinen Geste des Erkennens und zog die Vorhänge zu. Das Licht schwand, und mit ihm seine lebhafte Fantasievorstellung.
Leicht den Kopf schüttelnd, wandte er sich ab und ging zu seinem Bronco, der halb auf dem Gehweg parkte, um die enge Straße im French Quarter nicht zu versperren.
Quentin stieg ein, ließ den Motor an und fuhr los. Seine Gedanken wanderten zu den Ereignissen der letzten Woche und blieben bei seinem Besuch bei Penny stehen.
Sie hatte ihm nachgeschaut, als er davongefahren war. Ihm war elend gewesen, weil er etwas getan hatte, von dem er vorher wusste, dass es falsch war. Mit peinlichen Fragen, deren Antworten er eigentlich kannte, hatte er sie unnötig aufgeregt, obwohl sie es schon schwer genug hatte.
Laut Penny hatte Terry schon lange die Kontrolle über sich verloren und verhielt sich selbstzerstörerisch. Warum war ihm das nicht aufgefallen? Sah er seinen Freund, wie Penny behauptete, durch die rosarote Brille?
Er dachte darüber nach. Nein, Terry war es gut gegangen, bis seine Ehe scheiterte. Sicher trank er manchmal zu viel und feierte zu lange. Aber das hing mit dem Job zusammen. Jeder brauchte irgendwo ein Ventil, um Dampf abzulassen und all das Hässliche zu verkraften, mit dem ein Cop sich tagtäglich herumschlagen musste. Einige fanden das in ihren Familien, andere in der Kirche oder bei Frauen, wieder andere beim Trinken. Und manche wurden einfach nicht damit fertig. Es gab auch die, die anscheinend keinen Ausgleich brauchten. Auf die hatte der Job gar keine Wirkung.
Quentin wählte das Revier an. Der Beamte vom Nachtdienst nahm ab. „Hallo, Brad, Malone hier. Du musst mir eine Adresse heraussuchen, ein Seelenklempner namens Benjamin Walker. Privat, nicht die Praxis.“
„Ich habs. Constance Street. Wohnung und Praxis.“ Der Beamte nannte ihm die ganze Adresse, und Quentin dankte ihm. „Alles ruhig bei dir?“
„Wie ein Grab, Malone. Halte dich warm.“
„Du dich auch.“ Quentin legte auf. Er überquerte die Canal Street und kam am Canal Place vorbei.
Terry würde ruhiger werden, sobald er sich an seine neue Situation gewöhnt hatte und einsah, dass Penny ihre Meinung nicht änderte. Seine eigenartigen Stimmungsumschwünge und sein irrationales Verhalten würden sich legen, und dann kam der alte Terry wieder durch.
Sobald der Killer von Nancy Kent und Evelyn Parker gefasst war, würden sie alle aufatmen.
Die Medien hatten ihr Fest mit diesen Morden. Ein verantwortungsloser Journalist hatte den Täter sogar den Bourbon Street Schlächter genannt. Die Touristen wurden nervös, die Öffentlichkeit verlangte Taten, und Chief Pennington wollte Resultate – am besten gestern.
Das Merkwürdige war, dass niemand etwas gesehen hatte, obwohl beide Frauen am letzten Abend ihres Lebens von Menschen umgeben gewesen waren. Das Barpersonal, die Gäste und die Männer, die mit den Opfern getanzt hatten, waren verhört und ihre Alibis überprüft worden. Aus alledem war nicht ein Verdächtiger hervorgegangen.
Am Lee Kreisel hielt Quentin an. In seiner Mitte, angestrahlt von mehreren Scheinwerfern am Fuß der Statue, schimmerte das Denkmal für General Robert E. Lee geisterhaft weiß. Malone betrachtete es einen Moment und blickte wieder auf die Straße.
Zusammen mit seinem Team hatte er alle ungelösten Vergewaltigungsfälle der letzten beiden Jahre überprüft. Alle mit einem ähnlichen Modus Operandi waren genau unter die Lupe genommen worden. Sie hatten die Zeugen noch einmal befragt und Blutgruppen und andere Spuren verglichen.
Der Erfolg war gleich null
Weitere Kostenlose Bücher