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Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Titel: Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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nackter Mann in meiner Küche. Schnell, ruf die Polizei.“
    Er drehte sich um und sah sie in der Tür stehen, gegen den Rahmen gelehnt, in einen seidigen weißen Morgenmantel gewickelt. Sie wirkte zart, verschlafen und verletzlich und lächelte ihn an, dass ihm warm wurde ums Herz. Seine Gefühle für sie machten ihm Angst.
    Er zwang sich, das Lächeln zu erwidern. „Der nackte Mann ist die Polizei.“
    „Wie praktisch.“ Sie schlenderte heran und öffnete den Morgenmantel. „Wer behauptet, dass die Polizei nie da ist, wenn man sie braucht?“
    Als sie zu ihm kam, fuhr sie Quentin mit den Händen über die Brust und zu den Schultern hinauf. „Jetzt nicht, Anna.“ Er nahm ihre Hände und hielt sie fest. „Bitte nicht.“
    Sie wollte gekränkt zurückweichen, doch er hielt sie fest. „Es liegt nicht an dir. Es …“ Er fand nicht die richtigen Worte und stieß eine leise Verwünschung aus.
    Nichts Gutes ahnend, sah sie ihn forschend an und wurde bleich. „Was ist passiert?“
    „Ich glaube, du setzt dich besser.“
    „Nein. Sag es mir.“
    Er tat es, ohne Umschweife, in ruhigem Ton. Als er fertig war, zog er ihr einen Stuhl heran, und sie ließ sich zitternd und bleich darauf sinken.
    „Das galt mir“, flüsterte sie. „Gestern Nacht … er war hier. Er wollte …“
    „Das wissen wir nicht. Wir wissen noch gar nichts.“
    „Warum passiert mir das?“ begehrte sie auf. „Das alles ist doch so lange her. Warum lässt er mich nicht in Ruhe?“
    „Es ist nicht Kurt, Anna.“ Er strich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht. „Er ist es bestimmt nicht.“
    „Du irrst dich.“ Sie sah ihn mit tränennassen Augen ängstlich an.
    „Nein, Anna. Wer über deinen Balkon geflüchtet ist, war nicht nur agil, sondern auch in ausgezeichneter körperlicher Verfassung. Ich habe große Zweifel, dass dein Entführer von damals, ein Mann, der jetzt in den Fünfzigern oder Sechzigern sein müsste, das fertig brächte.“
    „Da ist noch etwas, das ich dir nicht erzählt habe. Er sagte etwas, das nur Kurt wissen kann. FBI und Polizei haben ein Detail aus jener Nacht … in der Timmy starb, vor der Öffentlichkeit verheimlicht.“ Um Fassung ringend, fügte sie hinzu: „In jener Nacht … als Timmy starb … zwang er mich zuzusehen.“
    Davon habe ich gehört. Entsetzlich, aber da kommt noch mehr. „Fahr fort.“
    „Als er … mit Timmy fertig war, wandte er sich mir zu und … lächelte.“ Sie holte zittrig Atem. „Er lächelte und sagte: ,Bereit oder nicht, es geht los‘. Und dann hat er es getan.“
    Quentin schluckte vor Ekel. „Hat er dich auch mit dem Kissen …“
    „Nein. Er kam mit dem Kabelschneider und hat mir den Finger abgetrennt.“
    Es war ihm unerträglich, sich ihre Qualen auch nur vorzustellen. Er hätte sie gern mit einer Umarmung vor ihren Erinnerungen geschützt, doch das ging nicht, wie er wusste. Gewisse Traumata konnte man nur aus sich heraus überwinden.
    „Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du überlebt hast. Dass du fliehen konntest, war ein Wunder. Schließlich warst du erst dreizehn.“
    „Ich dachte an Timmy“, sagte sie schlicht. „Wie konnte ich aufgeben, wo Timmy so viel mehr erlitten hatte?“
    „Du bist mutig, Anna, und du bist stark.“ Er hielt ihr Gesicht mit beiden Händen. „Stärker, als du glaubst.“
    Sie musste lachen. „Ich bin doch eine totale Memme, ein Hasenfuß reinsten Wassers. Was glaubst du wohl, warum ich mich all die Jahre versteckt habe?“ Mit tränenerstickter Stimme setzte sie hinzu: „Aber er hat mich trotzdem gefunden.“
    „Wenn er dich gesucht hätte, hätte er dich schon vor langer Zeit aufgestöbert.“
    „Aber ich habe meinen Namen geändert.“
    „In den Mädchennamen deiner Mutter“, entgegnete er nachsichtig. „Jeder halbgescheite Privatermittler hätte dich in einer Stunde entdeckt. Es ist nicht Kurt, Anna.“
    „Aber wie …“
    „Hat er wissen können, was Kurt in jener Nacht gesagt hat? Zu solchen Informationen haben unglaublich viele Menschen Zugang. Und die Leute reden, Anna, Polizisten, FBI-Agenten, Familienmitglieder. Das Verbrechen liegt über zwanzig Jahre zurück, da hütet niemand mehr die Fakten.“
    „Das glaubst du wirklich, was?“
    „Das glaube ich.“ Er hielt ihr Gesicht fester. „Sieh mich an. Ich sage dir, was ich glaube. Jemand ist besessen von dir, wegen deiner Bücher, deiner Vergangenheit oder wegen beidem. Dieser Jemand hat seine Hausaufgaben gemacht, und im digitalen Zeitalter sind Informationen aus

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