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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Krueger
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Feld des Verbrauchers. Soll der sich doch erst mal da durcharbeiten, bevor er sich beschwert. Enttäuschte Kunden machen sich oft Vorwürfe, weil sie glauben, sie hätten ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Dabei liegt die Schuld nicht bei ihnen. Sie werden bewusst und systematisch ausgetrickst.
    Selbst wer sich mühevoll durch die Papierpacken arbeitet, erfährt nicht unbedingt das, was er zu erfahren glaubt. Die ausgewiesenen Abschlusskosten zum Beispiel sind nicht die tatsächlich fließenden, sondern die kalkulierten. Der Vermittler bekommt möglicherweise mehr oder weniger. Trotz des Informationswusts verweisen Versicherer immer wieder auf die »AVB«, die Allgemeinen Versicherungsbedingungen, die sich der Kunde zusätzlich besorgen muss.
    Die Versicherer berechnen die Überschussbeteiligung auf der Grundlage des laufenden Jahres. Die Überschussbeteiligung besteht aus zwei Teilen, der garantierten und der variablen. Zu Vertragsbeginn sagt der Versicherer dem Kunden die Mindestverzinsung des angesammelten Kapitals und der Restprämie zu. Diese Mindestverzinsung muss er durchhalten. Auf dieser Grundlage kann das Unternehmen eine definitive Zusage machen, wie viel der Kunde mindestens als monatliche Rente oder einmalige Auszahlung erhält. Gelockt wird der Interessierte aber mit völlig unverbindlichen Prognosen, die auf Hochrechnungen verschiedener Zinssätze beruhen. Der Gesetzgeber legt fest, wie hoch die Garantieverzinsung höchstens sein darf. Dabei orientiert er sich an der Entwicklung der Kapitalmärkte. Zurzeit liegt der Garantiezins bei 1,75 Prozent und damit auf einem historischen Tief. Die Branche hat sich mit Händen und Füßen gegen die Absenkung gewehrt, sie wollten eine Zwei vor dem Komma. Das macht sich besser, wenn der Kunde auf die – ebenfalls oft falschen – Renditeversprechen anderer Geldanlagen schaut.
    Versicherer können auch Verträge mit einer niedrigeren Garantieverzinsung verkaufen. Makler würden ihren Kunden den Kauf jedoch nicht empfehlen. Aber Versicherer lassen sich etwas einfallen. Die Allianz Leben weist in ihren Rentenversicherungsverträgen zwar die marktübliche Garantieverzinsung aus. Doch sie zieht jedes Jahr Geld für Kosten vom Deckungskapital des Kunden ab. Das ist das Kapital, das der Sparer bereits aufgebaut hat. Beim Vertrag Allianz PrivatRenteKlassik sind es für jedes Jahr in der Einzahlphase 0,40 Euro pro 100 Euro. »Dasist eine faktische Senkung des Garantiezinses«, sagt Versicherungsmathematiker und Verbraucherschützer Axel Kleinlein.
    Gegen diese Auffassung wehrt sich die Allianz. »Diese Sicht ist irreführend, ich kann sie nicht nachvollziehen«, sagt Allianz-Produktentwickler Volker Priebe. Im Fokus der Angebote bei Allianz Leben stehe nicht der Garantiezins, sondern die garantierte Leistung. Sie werde auf Basis aller Rechnungsgrundlagen, also neben dem Garantiezins auch der Sterbetafeln und der einkalkulierten Kosten, berechnet. »Für den Kunden ist entscheidend, dass die garantierte Leistung seines Vertrags nie sinken kann, egal, wie sich die Überschussbeteiligung des Vertrags entwickelt«, sagt Priebe. Vergleiche einzelner Kostenkomponenten mit dem Garantiezins hätten keine Aussagekraft. Vielmehr hätten alle Kosten, unabhängig davon, ob sie sich beispielsweise auf den Beitrag oder das Deckungskapital beziehen, Auswirkungen auf die Rendite.
    Ein Dementi klingt anders. Für den Kunden ist es selbstverständlich, dass die garantierte Leistung nicht sinkt. Solange die Überschussbeteiligung über dem Garantiezins liegt, sind solche Fragen eher akademischer Natur. Sollte sie aber einmal so weit fallen, dass der Kunde nur den Garantiezins erhält, spielt das eine Rolle. Dann bekommt er auf das angesammelte Kapital eben nicht den Garantiezins. Dann fällt die Verzinsung um 0,40 Prozentpunkte niedriger aus – und der Kunde zieht vielleicht sein Geld ab und legt es woanders an. Denn die garantierte Leistung ist das absolute Minimum, mit dem der Kunde rechnet. Jeder geht davon aus, dass er mehr bekommt. Dieses Mehr wird aber weniger, wenn in schlechten Zeiten der faktische Garantiezins niedriger ist als gedacht.
    Sind die Zeiten schlecht, muss der Kunde Abstriche machen. Sind sie gut, wird er nicht angemessen an den Gewinnen beteiligt, kritisieren Verbraucherschützer. Die Lebensversicherer sammeln gewaltige Mengen an Geld an, 2010 hatten sie 734 Milliarden Euro an Kapitalanlagen. Davon waren nach Angaben der Finanzaufsicht BaFin rund 30,6 Milliarden stille

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