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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Krueger
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nachweisen. Ohne diesen Nachweis muss der Verkäufer nicht haften. Der Haftungsanspruch ist für den Kunden aber wichtig, wenn sich herausstellt, dass die verkaufte Altersvorsorge nichts taugt und der Vermittler schuld ist, dass die Rente extrem niedrig ausfällt. Dann muss die Berufshaftpflichtversicherung des Verkäufers für den Schaden aufkommen. Damit Kunden, die sich selbst gut informiert haben oder aus anderen Gründen keine Beratung wollen, diese nicht über sich ergehen lassen müssen, können sie darauf verzichten. Dann entfällt die Dokumentation.
    Weil Kunden damit auch auf Haftungsansprüche verzichten, will der Gesetzgeber, dass sie den Verzicht schriftlich erklären. Der Beratungsverzicht soll die Ausnahme, nicht die Regel sein. ERGO hat sich ein cleveres Verfahren ausgedacht, mit dem Beratungspflicht und damit die Haftungsansprüche der Kunden systematisch entfallen: Vordrucke mit Kästchen, die nur angekreuzt zu werden brauchen, um den Beratungs- und Haftungsverzicht zu erklären. Überhaupt ein Formular mit einer Ankreuzmöglichkeit für den Beratungsverzicht zu erstellen, verstößt gegen den Geist des Gesetzes, mit dem Verbraucher vor den Überrollkommandos der Versicherer geschützt werden sollten. Kunden erkennen die Tragweite nicht, die das Ankreuzen dieses Kästchens für sie hat. Das gilt nicht nur bei Verträgen, die wie eine private Rentenversicherung eine Lebensentscheidung sind, sondern bei allen Policen. Im Zuge seiner Aufklärungsarbeiten rund um »Budapest« hat ERGO festgestellt, dass bei »besonders vielen« Dokumentationen das Kästchen angekreuzt war – also viele Kunden auf die Haftung verzichten. Künftig soll es keine Verträge mit diesen Kästchen mehr geben. Vermittler sollen schriftlich begründen, warum Verbraucher keine Beratung wollen. Bleibt abzuwarten, was sich pfiffige Verkäufer jetzt ausdenken. Vielleicht Textbausteine?
    Nicht viel mehr als ein pfiffiger Werbegag ist die »Verstehensgarantie«. Dahinter verbirgt sich das großzügige Angebot, eine Hotline anzurufen. Auf die Idee, am Telefon Fragen zu beantworten, sind andere auch schon gekommen. Aber sie haben sich nicht einen so schönen Namen dafür ausgedacht. Außerdem gibt es bei ERGO neuerdings einen »Kundenanwalt« und einen »Kundenbeirat«. Der Kundenanwalt steht im Mittelpunkt der nächsten Marketing-Initiative. »Der ERGO Kundenanwalt. Der ist im Konfliktfall für Sie da«, lautet ein Werbetext, »Gerechtigkeit. Kannste vergessen? Nee, kannste erwarten«, ein anderer und weiter: »Der Kundenanwalt. Jetzt bei ERGO. Der ist im Streitfall nicht für uns da, sondern für Sie. Folgen Sie uns auf dem Weg zu Deutschlands bester Versicherung.« Hinter dem Kundenanwalt verbirgt sich keineswegs ein neutraler Jurist, den ERGO für verärgerte Kunden im Streitfall zahlt. Es handelt sich vielmehr um eine Abteilung mit der sachlichen Bezeichnung »Bereich Kundenanwalt«. Der Abteilung gehören Leiter Ralf Königs und fünf Mitarbeiter an. Königs hat seinen Posten am 1. Januar 2011 angetreten, lange bevor die Öffentlichkeit etwa von »Budapest« oder falschen Kostenausweisen bei Riester-Renten erfahren hat. Im Grunde ist der Kundenanwalt nichts anderes als ein professionelles Beschwerdemanagement mit einer irreführenden Bezeichnung. Eine Beschwerdestelle hatte der Versicherer vorher schon, so etwas hat auch die Konkurrenz. »Wir haben den Kundenanwalt, damit wir es als Erste wissen, wenn wir einen Fehler gemacht haben«, sagt Oletzky. Schon wieder so eine Ironie der Geschichte: Ausgerechnet der Versicherer, der von Fehlern als Erster etwas wissen will, steht am Pranger, weil er über Fehler bei der Riester-Rente von Kunden informiert wurde und nichts getan hat.
    Imagekampagnen sind für die Assekuranz extrem wichtig. Die Unternehmen verkaufen etwas Abstraktes, Kunden haben im Zusammenhang mit Versicherungen selten schöne Erlebnisse.Meistens ist ihnen etwas Schlimmes passiert. Das färbt ab. Die Branche weiß, dass sie einen schlechten Ruf hat. Die simplen Gemüter schieben das den Verbraucherschützern in die Schuhe, die angeblich nichts anderes machen, als die Verträge schlechtzureden. Die Klugen argumentieren damit, dass die Unternehmen immaterielle Produkte verkaufen, also etwas, was der Kunde nicht anfassen kann. Allein die Tatsache, versichert zu sein, begreifen viele nicht als Dienstleistung. Das geschieht erst, wenn etwas passiert. Schon aus diesem Grund ist das Thema Versicherungen schlecht angesehen, sagen

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