Die Angstmacher
unzureichend gesichert hat. Für Schäden durch wilde Tiere haftet auch niemand, sagt der nordrhein-westfälische Jagdverband: »Wildschweine, Hirsche und Artgenossen gelten als herrenlos, solange sich kein Jäger die Tiere angeeignet hat.«
Ob eine Police ihr Geld wert ist oder nicht, ob sie gut ist oder schlechter als die Angebote der Wettbewerber, darüber entscheidet das Kleingedruckte. Das ist auch allen klar. Und trotzdem wird es links liegen gelassen. »Man bekommt nur Kopfschmerzen, wenn man das liest«, sagt ein Jurist – und wer sollte mehr daran gewöhnt sein, unschön geschriebene Texte zu lesen. Versicherungsbedingungen werden eben nicht geschrieben, damit Kunden sie verstehen. Versicherungsbedingungen werden geschrieben, damit die Unternehmen auf der sicheren Seite sind. Verbraucher schauen in die Bedingungen, wenn sie einen Schaden haben. Und sind dann allzu oft enttäuscht. Nicht selten werden sie dabei dem Missverständnis zum Opfer fallen, dass der Versicherer nicht zahlen muss. Denn unverständliche Verträge kaschieren nicht nur, dass kein Schutz besteht. Sie verbergen auch, dass der Kunde eine Deckung hat. Liest der Verbraucher die Police gar nicht erst, weiß er von manchen Regelnnichts. Die Versicherungsbranche profitiert davon, dass ihre Kunden von vielen Ansprüchen schlicht nichts wissen. Zum Beispiel, dass eine Hausratversicherung auch bei Raub zahlt. Wird ein Kunde überfallen und ihm wird die Brieftasche mit vielen Scheinen geraubt, zahlt der Versicherer den Schaden. Jedenfalls, wenn Gewalt im Spiel war. Verliert der Kunde die Brieftasche oder wird sie einfach gestohlen, bekommt er aber keine Entschädigung vom Versicherer.
Auch bei scheinbar unkomplizierten, nicht teuren Policen lauern Fallen für den Verbraucher. Private Auslandskrankenversicherungen für den Urlaub in der Ferne gelten als Muss. Das sagt nicht nur die Assekuranz, das sagen auch Verbraucherschützer und andere, die kein geschäftliches Interesse daran haben. Früher schlossen viele diese Policen noch schnell beim Geldwechseln in der Sparkasse oder Bank ab, heute geht das sogar noch in letzter Sekunde am Flughafen. Kaum jemand hat dann den Nerv, sich im Detail mit den Versicherungsbedingungen zu befassen. Die sind aber von Anbieter zu Anbieter höchst unterschiedlich. Der eine lässt Verunglückte unverzüglich mit einem Hubschrauber aus der Bergspalte im Hochgebirge bergen und nach Hause bringen, der andere geizt schon bei einem normalen Transport wegen eines gebrochenen Beins. Aber die meisten Kunden wissen nicht einmal, dass es solche Unterschiede gibt. Wie sollen sie verschiedene Angebote unter einem Gesichtspunkt vergleichen, der ihnen unbekannt ist?
Das Prinzip der benannten Gefahren
Dabei wäre es so einfach, das Problem mit Klauseln und Kleingedrucktem zu lösen. »Mit Allgefahrendeckungen wäre der Verbraucher auf der sicheren Seite«, sagt Lars Gatschke, Versicherungsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Bei einer Allgefahrendeckung ist alles versichert, was im Vertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Für eine Hausratversicherung würde das bedeuten, dass das gesamte Inventar einer Wohnung gegen alles versichert ist. In Großbritannien sind solche Policen üblich. In Deutschland dagegen gilt das Prinzip der benannten Gefahren. Auch wenn viele Menschen glauben, dass ihre Hausrat- oder Wohngebäudepolice für alle Schäden aufkommt: Versichert ist nur das, was im Vertrag explizit genannt wird. Und selbst da gibt es Einschränkungen, die Verbrauchern oft nicht bewusst sind.
In der Hausrat- und Gebäudeversicherung sind in der Regel mindestens Feuer-, Sturm- und Leitungswasserschäden gedeckt, oft noch Weiteres wie Vandalismus. Kunden denken also, ihr Hab und Gut sei gegen Sturm geschützt, wenn in der Police Sturmschäden aufgeführt sind. Doch so mancher erlebt böse Überraschungen: Der Herbststurm erwischt die tollen neuen Gartenmöbel. Der Familienvater freut sich, dass er so vorausschauend war, den Komfortschutz beim Abschluss zu wählen, der Schäden an Gartenmöbeln einschließt. Trotzdem geht er leer aus. Der Sturm hatte nur ein Stärke von sieben. Pech gehabt. Der Versicherer zahlt erst ab Windstärke acht. Eine ähnlich ernüchternde Erfahrung mit seinem Versicherer machte ein Unternehmer aus Wesseling. Er wohnte erst ein paar Monate in seinem Eigenheim in dem Kölner Vorort, als es wie aus Kübeln schüttete. Durch das Kellerfenster drang Wasser in den frisch renovierten
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