Die Angune (German Edition)
weinen, hemmungslos zu heulen. Sekundenlang, Minutenlang, Stundenlang. Sie wusste nicht wie lange!
Sie hörte nicht die Heerstiefel, die unten im Erdgeschoß über die Bodenplatten donnerten. Und sie hörte auch nicht die knappen, scharfen Kommandos die durch die riesige Em pfangshalle des Hauses der 4.000 Säulen hallten.
»Ich hab' ihn!«
Der Ruf neben ihr ließ Cornelia hochschauen. Nur unscharf erkannte sie die Gestalt neben sich. Die Tränen in ihren roten Augen verhinderten eine bessere Sicht.
Dann legte sich ein Arm tröstend auf ihre Schultern.
»Oh, Cornelia!«
Es war Jíntho'la, das Weißelfen-Mädchen, das sie tröstend umarmte. Cornelia stand mühselig auf und erwiderte die U marmung, ein paarmal geräuschvoll schniefend.
»Bist du in Ordnung?«, fragte Jíntho'la.
Kopfnickend bestätigte Cornelia die Frage und löste sich vom Weißelfen-Mädchen.
Jíntho'la nahm ihr verweintes Gesicht zärtlich in beide Hände.
»Es tut mir leid, Cornelia! Es tut mir so leid!«
Draußen im Park wandte sich der Spion ab, der Jíntho'la bis zum Badehaus gefolgt war. Es wurde zu gefährlich für ihn!
Ein gutes Dutzend Stadtwachen waren in das Badehaus gestürmt und der Assassine war noch immer nicht wieder aufgetaucht. Entweder versteckte er sich noch im Haus, oder er war getötet worden.
War es dem Assassinen gelungen, die Enkelin des Meisters der Schriften zu töten? Das würde er noch herausfinden, ohne sich im Bereich des Hauses der 4000 Säulen aufzuhalten. Denn hier wurde es zu gefährlich für ihn.
»Er wurde mit seinem eigenen Schwert erstochen, Caengûr. Und er blutete aus einer Platzwunde auf der Stirn.«
Eine der Stadtwachen hatte sich die Leiche von allen Seiten angeschaut und erstattete dem Führer der Zehnerschaft Bericht.
»Mit seinem eignen Schwert getötet!«, wiederholte der Caengûr ungläubig. »Ein Haz? Bei allen Geistern der Unte rwelt, was geht hier vor?«
Er schaute sich um und blickte auf Cornelia.
»Du da! Was ist hier geschehen? Berichte!«
Jíntho'la schob Cornelia sachte von sich weg, die langsam wieder in die Realität zurück fand.
»Was?«
»Wer hat den Haz getötet?«
Cornelia starrte auf den Leichnam.
»Ich ...«
Fast hätte sie gesagt, ich war es. Doch plötzlich bemerkte sie, wie sinnlos diese Aussage war. Es gelang ihr gerade noch ihre Blöße notdürftig mit einem Badetuch zu bedecken. Und nebenbei nahm sie einem Amokläufer eines seiner blutbeschmierten Schwerter ab, um ihn damit zu erstechen!
»... ich ...«
›Als der Haz mich sah, hat er seinen Kopf vor lauter Angst an die Wand gepfeffert.‹
»... weiß es nicht.«, stammelte Cornelia verlegen.
»Sie wissen es nicht?«, fauchte der Caengûr. »Sie stehen zwei Schritte neben kämpfenden Kriegern und wissen nicht was geschehen ist?«
Bei diesem scharfen Ton kam Cornelia endgültig wieder in der Gegenwart an.
»Ich weiß es nicht!«, wiederholte sie. »Ich wollte mit den anderen weglaufen, als ich hinfiel. Oder umgestoßen wurde. Als ich hörte, wie hinter mir gekämpft wurde, habe ich die Hände über den Kopf gehalten und bin liegengeblieben. Als es wieder ruhig wurde, lag der so da! Mehr weiß ich nicht. Mehr kann ich nicht sagen!«
Ein Moment lang war es mucksmäuschenstill im Flur. Alle schauten auf Cornelia und den Caengûr.
Bis dieser sich mit einem verächtlichen »Weiber!« umdrehte und wegging.
»Weitermachen, verdammt noch mal! ... «, k am sein scharfes Kommando. »... Dreht mir das ganze Gebäude auf den Kopf! Ich will wissen was hier geschehen ist! Bei allen Geistern der Unterwelt! Wenn hier noch jemand im Haus ist, will ich ihn haben.«
Zurück blieben nur Cornelia, Jíntho'la und die beiden Gnome.
»Komm, wir holen unsere Sachen.«, sagte Cornelia. »Ich möchte mich wieder anziehen.«
Die beiden Gnome starrten mit ihren silbrigen Augen u nbeteiligt in die Ferne.
Kapitel 1 8
Die den Feuersturm reitet
18. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
J íntho’la Valy'anna Barkarië, die junge Weißelfe, und Cornelia Wandreiz gingen bis zum Ende des geheimen Flurs im ersten Stock des Badehauses, stiegen eine schmale Wendeltreppe hinunter und schlüpften in einer nicht einsehbaren Ecke einer dicken Säule durch eine schmale Tür wieder in die große Empfangshalle hinaus.
Überall waren Stadtwachen unterwegs und schauten hinter jede Säule und unter jeden Tisch, um eine Spur jener Person - oder Personen - zu entdecken, die den Amok laufenden Dunkelalb getötet hatten.
Cornelia
Weitere Kostenlose Bücher