Die Angune (German Edition)
Kaiserfarne, und die bis zu 40 Schritt hohen Bäume waren über und über von urwaldhaft anmutenden Ranken und Moosen bevölkert. Die Baumriesen wurden von zahlreichen Aufsitzerpflanzen so lange besiedelt bis diese auf den ausladenden Ästen der Bäume ein tonnenschweres Gewicht bildeten, und die Baumriesen unter der Last einfach niederkrachten. Dabei rissen sie riesige Lichtungen in das Blätterdach.
Außer dem Wind und den überall herunterfallenden Wa ssertropfen gab es kaum ein Geräusch in dieser einsamen Gegend, wo die meiste Zeit ein feiner Nieselregen niederging. Nur vereinzelt waren Vogelrufe im Wald zu vernehmen.
Und hier, im kaltfeuchten Nebelwald des Ebbs, jagte der Grauelb Chinato'Oral.
Er war ein ruheloser Geist der nirgends sesshaft geworden war. Er zog die Gesellschaft der Tiere jene der Elben vor. Er lebte für und von der Natur. Auch wenn die anderen Elben seines Volkes sich in den weit entfernten Vulkanbergen von Wyvergard in prunkvollen und bequemen Bergzitadellen niedergelassen hatten, so lebte Chinato'Oral das einfache Leben eines Jägers und Sammlers, so wie es seine Vorfahren vor Tausenden von Sonnenumläufen getan hatten. Und dennoch war Chinato'Oral alles andere als ein einfaches oder einfältiges Wesen, das von der Natur dazu verdammt worden war, sich von der Jagd zu ernähren.
Ganz im Gegenteil!
Seine Ausbildung bei einem Meister der Schriften hatte der junge Chinato'Oral in beeindruckender Schnelligkeit hinter sich gebracht. Sein anschließendes Studium bei Siro'Namerg, einem Meister der nichtwissenschaftlichen Sachverhalte hatte er aber vorzeitig abgebrochen, da seine Lehrstunden beim Meister immer in heftigen Streitgesprächen geendet hatten. Der kluge Chinato'Oral war ein aufmüpfiger Charakter, der ohne Geduld war und mit arroganter Autorität stets auf Provokationen und Konflikte abzielte.
Nach einem mehrjährigen Studium, das ihn intellektuell kaum gefordert hatte und äußerst frustrierend verlaufen war, hatte er schließlich seine persönliche Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens gefunden. Nach einem heftigen Wortgefecht hatte er ein paar Nächte allein in den Bergen ve rbracht um wieder zur Ruhe zu kommen. Anschließend ließ er sich von einem Waffenmeister in der Handhabung von Schwert und Bogen ausbilden und ging einfach fort. Er verließ die Gemeinschaft der Grauelben ohne sich zu verabschieden.
Zuerst war er von den Vulkanbergen nach Westen gezogen und in das karge Land der Meneliden gekommen. Die hochg elegenen Flächen dieser Gegend konnten einer kargen Vegetation kaum noch Schutz bieten. Die kalten Stürme pfiffen unbehelligt aus dem Reich der Eiskönigin herauf. Es war ein baumloses Land, dessen Erde in der wärmeren Sommerzeit nur an der Oberfläche auftaute und ab einer gewissen Tiefe während des ganzen Sonnenumlaufs gefroren blieb. Abgesehen von ein paar halbwilden Nomadensippen die mit ihren Polarhirschherden umherzogen, war das Land der Meneliden eine karge und trostlose Gegend, und Chinato'Oral war nach zwei Sternenhäusern weitergezogen.
Weiter nördlich fiel die Landschaft in eine weite, flache Ebene hinab. Dieses fruchtbare Land hieß dann auch die We iten Ebenen und war das Reich der Weißelfen. Es war auch als Kornkammer der Elfen bekannt, war jedoch für Chinato'Oral's Geschmack zu dicht besiedelt.
Und so war er weiter Richtung Norden gezogen.
Erst im dünnbesiedelten Land Akkadonien fand er schließlich jene Ruhe die ihm erlaubte, weitab von der Zivilisation ein Leben im Einklang mit sich selbst und der Natur zu führen. Von der Jagd konnte er gut leben, und mit wertvollen Produkten wie zum Beispiel Ziparaleder, konnte er sich weiter südlich an der Grenzen zu den Weiten Ebenen in den Dörfern der Weißelfen mit all jenen Produkten eindecken die er zum Leben brauchte.
Aber zuerst musste er diesen alten Ziparabock erlegen. Das Tier war äußerst vorsichtig, aber glücklicherweise nicht allzu schlau. Es schlug selten einen Haken um seinen Verfolger abzuhängen. Würde es unverhofft nach einer Seite abbiegen nachdem es im Gebüsch verschwunden war, hätte Chinato'Oral wesentlich mehr Schwierigkeiten um es wieder aufzutreiben. So aber musste er nur der Richtung folgen in der es verschwunden war, und nach wenigen Minuten konnte er es wieder sehen.
Endlich schien das Jagdglück ihm hold zu sein. Der Bock stand auf einer kleinen Lichtung und äste an einem Busch, frei und gut zusehen. Endlich konnte Chinato'Oral versuchen den lang ersehnten
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