Die Angune (German Edition)
ihres feuchten Inhalts - mal heftiger, mal zöge rlicher - über den Bergen und der dazwischen liegenden Festung.
Das dunkle Gebälk schützte ihn zudem davor, entdeckt zu werden. Viele Leute gingen oder liefen - je nach Wetterlage - jeden Tag unter ihm vorbei, aber niemand machte sich die Mühe, in das dunkle Gebälk hochzuschauen.
Schlussendlich hatte er von hier aus einen freien Blick auf das Torhaus mit dem Haupttor zur Festung, und er sah sofort wer die Festung verließ und betrat.
Und bis jetzt war sein Opfer noch nicht eingetroffen!
Sein Vater, der Magus Paramis Alzamki hatte ihn mit einem Auftrag losgeschickt. Ein Mitglied des Ältestenrates der So nnenraupen, ein alter Mann namens Calaele’en Obra Barkarië, sollte sich hier mit dem Hochschamanen der Bergziegen zu vertraulichen Gesprächen treffen.
Sagramit hatte schon seit langem bemerkt, dass sein Vater einen Plan verfolgte, den er aber verschwieg. Sagramit hatte ihn einmal darauf angesprochen, doch sein Vater hatte ihm geantwortet, dass er zu Verschwiegenheit verpflichtet sei. Es konnte aber auch sein, dass sein Vater ihm seine Tätigkeiten nicht verraten wollte.
Sagramit war ein Assassine im Heer der Dunkelalben, ein Krieger der sich hinter die Linien des Feindes schlich um dort heimlich und auf hinterhältige Art und Weise Leute zu töten. Sagramit verstand etwas vom lautlosen Gebrauch der Waffen, aber nichts von den Irrungen und Wirrungen der Politik. Die Angelegenheiten, die sein Vater verfolgte und die das Gemeinwesen der Dunkelalben betrafen, war ein Buch mit sieben Siegeln für Sagramit, und deshalb war der Sohn des Magus auch nicht allzu verdrossen über die Tatsache, dass sein Vater ihn nicht ins Vertrauen ziehen wollte. Wichtig für Sagramit war nur sein Auftrag: auf den alten Weißelf warten und ihn meucheln ohne entdeckt zu werden.
Die Dunkelalben durften nicht mit dem Mord in Verbi ndung gebracht werden, hatte sein Vater immer wieder betont. Im Idealfall sollte es so aussehen, als wenn der Weißelf durch die Hand des Grauelbs gestorben sein.
Es ging also darum, diese Intrige, die sein Vater spann, zu Ende zu führen, und Hass zwischen den Sonnenraupen und den Bergziegen zu schüren, ein Hass der letztendlich zu einem Krieg führen sollte - oder würde.
Und das war wiederum ganz nach Sagramits Geschmack. Schon viel zu lang verbrachte er seine Zeit damit, Trolle und anderes Vieh aus Langweile abzuschlachten. Es war eine sinnlose Zeitvertreibung, die ihn in Form hielt, aber letztendlich keinen Sinne machte.
Aber hier bestand die Möglichkeit, dass die Heere der im Untergrund vegetierenden Dunkelalben aus ihrem Gefängnis ausbrechen konnten und sich wieder in einer Schlacht bewe isen konnten.
Und so hockte er am 55. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs oben im Gebälk über dem Tor zum Getreid espeicher und wartete darauf, dass sein Opfer auftauchen würde.
56. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
Teldarmal'Elhap, der Hochschamane der Grauelben und Großmeister der Bruderschaft der Drachenreiter, stieg die Treppe hoch, die hinter dem Lupisanerplatz zur Drachenlehne führte.
Lange Zeit hatte er gezögert, ob er einer Begegnung mit dem Meister der Schriften aus Rinu'usala zustimmen sollte. Der Weißelf hatte ihm mehrere Schreiben mit Raben zu kommen lassen, worin er um eine Zusammenkunft auf neutr alem Boden bat, aber der unschlüssige Hochschamane hatte die Antwort stets hinausgezögert.
Am 40. Tag im 3. Sternenhaus hatte er dann endlich die langersehnte Vision gehabt und dem Weißelf umgehend eine Antwort geschickt. Obschon er die Erscheinung nicht hatte deuten können, hatte er die Gewissheit erlangt, dass er nach Rassagard reisen und mit dem Ältesten sprechen musste.
Durch seine besonderen Fähigkeiten stand Teldarmal'Elhap nicht nur im Mittelpunkt des religiösen und kulturellen Lebens der Grauelben, er hatte auch die weltliche Führungsposition inne. Bei einer Gemeinschaft wie die der Grauelben, die abgeschieden im dünnbesiedelten und unwirtlichen Wyvergard lebte, waren Schamanen wie Teldarmal'Elhap manchmal die einzige medizinische, soziale und emotionale Bezugsperson.
Der Hochschamane trug also eine hohe Verantwortung für sein Volk!
Erdrutsche, Unwetter, Krankheiten, ausbleibendes Jagdglück, viele Sachen und Ursachen konnten eine isolierte Gemeinschaft wie die Grauelben in Schwierigkeiten bringen. Und von einem Schamanen wurde erwartet, dass er die Ursachen eines Unglücks erkannte und verstand, und
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