Die Angune (German Edition)

mit seinem Heer treffen.
    Nur sehr wenige Schiffe wagten sich in den Saraunen -Fjord, da Māran, der leibhaftige Gott des Todes, dort hauste. Mit Schrecken erzählten die wenigen Überlebenden vom grauenhaften Anblick des Gottes, der sich in diesen Gewässern aufhielt. Seine riesige, schwarze Masse am Gewässergrund verformte sich ständig. Mal schoss er in die Länge. Das andere Mal entstanden Beulen und Buchten an den Seiten. Und er wartete nur darauf, dass sich ein unvorsichtiges Lebewesen - von Neugierde gepackt - zu weit hinauslehnte und in die Fluten stürzte, um es mit seinen krallenbewehrten, knochigen Händen zu packen und unter Wasser zu reißen.
    Dies glaubten die Alten, bis ein Fischer eines Tages das Geheimnis der dunklen Präsenz lüftete. Es war ein dreißig Zentimeter kleiner und wohlschmeckender Fisch, die Saraune, die sich kurz vor Wintereinbruch millionenfach in dieser Bucht zum Laichen einfand. Denn der Meeresarm hatte den Vorteil, dass er von einem unterirdischen Fluss aus den Vulkanbergen Wyvergards gespeist wurde, und immer eisfrei blieb.
    Und für Zehnenders kleine Flotte hatte der Meeresarm den besonderen Vorteil, dass er am Schluss in einem großen runden Talkessel endete, was - im Gegensatz zum spitz und eng auslaufenden Rawe-Fjord - einen erheblichen Vorteil für seine Lastkähne darstellte.
    Schlussendlich bot er einen schnellen Zugang zum 100 K ilometer entfernten Schlachtfeld, das sein Heer im Laufe eines zweitägigen Gewaltmarsches erreichen sollte. Denn oben am Jylta-Pass wollte er die Drachenreiter stellen!
    Der Jylta war ein schmaler, niedriger Pass in der Tundra südlich von Rassagard, und die Gegend am Pass entsprach den Vorstellungen Zehnenders, um die Drachenreiter mit Hilfe seiner neuen Wurfmaschinen wortwörtlich in die Falle laufen zu lassen.
    Auch wenn dem Meneliden die Weitsicht in der politischen Planung fehlte, so war der erfahrene Krieger doch ein guter Heerführer, der die strategischen Vor- und Nachteile eines Geländes sofort erkannte. Und als Heerführer hätte sich Ganbold Gan'ka Zehnender nie in einem engen Gebirgspass einsperren lassen, der keine Ausfallmanöver gestattete. Aber um seine Wurfmaschinen möglichst wirkungsvoll gegen die Drachenreiter einsetzen zu können, gab es keine bessere Strategie, als sich auf dem Jylta zu verbarrikadieren.
    Der Arkan des Krieges war mit seiner kleinen Flotte vor zweieinhalb Tagen aufgebrochen. Solange hatten die Lastkähne gebraucht, um mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fünf Seemeilen pro Stunde durch das südliche Trogmeer zum 270 Seemeilen entfernten Saraune-Fjord zu fahren. Zwei schnelle Zweiruderer, die als Jagdboote am äußeren Rand der Flottille fuhren, hätten die Distanz in weniger als der Hälfte der Zeit erledigen können, aber die schwer beladenen Lastkähne kamen nur langsam vorwärts.
    Als sein Zweiruderer in den Meeresarm einbog, war Zehnender beeindruckt von den hohen Felswänden, die sich links und rechts aus dem tiefen, dunkelblauen Wasser erhoben. Weitaus mehr zu bedenken gab ihm die niedrig hängende Wolkendecke, die sich über das ganze Land gelegt hatte und die Bergspitzen verhüllte.
    Bis jetzt war es eine angenehme Überfahrt gewesen. Am Tag waren die beiden Sonnen über das Himmelszelt gewandert, und in der Dunkelheit der Nacht hatten sich Zehnenders Gedanken zwischen Millionen von Sternen am Firmament verloren. Aber vor vier Stunden waren die ersten Wolken am Horizont gesichtet worden, und je mehr sie sich der Küste näherten, umso dichter wurde der Wolkenteppich. Und vor einer halben Stunde hatte der erste Regen eingesetzt, und der gab ihm zu denken.
    Das Gute an den Wolken war, dass sein Heer nicht von eventuell patrouillierenden Drachenreitern entdeckt werden konnte. Weitaus dramatischer aber war die Gefahr, dass die schweren Ochsenkarren mit den Bauteilen der Wurfmaschinen im Schlamm steckenblieben und aufgegeben werden mussten. Dies wäre der Anfang vom Ende, von seiner Niederlage in der Schlacht gegen die Drachenreiter.
    Als alle Lastkähne das Ende des Fjords erreicht hatten, dauerte es nochmals zwei Tage bis alles ausgeschifft war. Und während der ganzen Zeit hatte sich das Wetter nicht verändert.

    39. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
    Da keine Gefahr bestand, in dieser neblig kalten Brühe entdeckt zu werden, verzichtete der Arkan des Krieges auf den geplanten Gewaltmarsch und ließ das ganze Heer in normalen Tagesmärschen zum Jylta hochsteigen.
    Entgegen seinen