Die Angune (German Edition)
krank.«
Die Wache drehte sich um, und der Waldläufer folgte ihm auf den Fersen.
»Was fehlt eurem Fürsten denn!«, fragte der Waldläufer um seine Neugier zu befriedigen.
»Er trauert um seine Tochter!«, war die kurze Antwort.
Die Wache ging weiter ohne Chinato'Orals Reaktion abzuwarten, und der Waldläufer beschloss auf jede Anteilnahme zu verzichten. Sie überquerten den Hof und gingen auf ein großes Gebäude aus Steinquader zu, dessen Alabasterfenster den Lichtschein zahlreicher Kerzen nicht zurückhalten konnten.
Der Fürst von Rassagard saß vornüber gebeugt auf einem einfachen Hocker und hatte den Mund auf die linke Faust gestützt. Gedankenverloren starrte er zu Boden. Als sich der Waldläufer dem Podest nähert, schaute er auf ohne sich aufz urichten.
»Wenn du etwas Wichtiges zu berichten hast, so sprich! Und fasse dich kurz!«, sprach der Fürst ohne seine Position zu verändern.
»Ich habe Beweise, dass es Krieg geben wird!«, entgegnete der Waldläufer mit emotionsloser Stimme.
»Krieg?«
Langsam richtete der Fürst sich auf.
»Wer gegen wen?«
»Das weiß ich nicht!«
Der Fürst senkte den Kopf und blickte zu Boden.
»Geh zurück in deine Berge, Jäger der Grauelben, und verschwende nicht meine Zeit!«
Der Fürst schüttelte verständnislos den Kopf und machte eine wegscheuchende Handbewegung. Dann sackte er wieder zusammen.
»Ich habe Beweise, dass ein Heer von 2.000 fremden Kriegern sich in der Tundra versteckt. Unter ihnen befinden sich zahlreiche Óroks.«
Der Fürst schaute seitlich hoch und funkelte den Waldlä ufer mit kleinen Augen düster an. Er fühlte sich belästigt.
»Die Óroks hausen jenseits der Niederwelt, auf der anderen Seite des Trogmeers! Sie sind wasserscheu und haben keine Ahnung von Navigation. Wie sollen sie herüber gekommen sein?«
»Mit fremder Hilfe.«, antwortete der Waldläufer ruhig und gefasst.
Der Fürst von Rassagard richtete sich wieder auf und mu sterte den Grauelben prüfend. Mehr als der Inhalt der Aussage, beunruhigte ihn die Gelassenheit des Jägers, so als hätte er damit gerechnet, dass man ihm nicht glauben würde.
»Hast du Beweise für deine Aussage?«
Der Waldläufer nickte mit dem Kopf.
»Eine Waffenkarawane die nach Süden zog. Zweihunder tfünfzig, mit Waffenkisten beladene Karakule, die von Óroks begleitet wurden.«
»Wo?«
»400 Kilometer nördlich von Rinu'usala.«
»Und die Karawane sollte in die Tundra ziehen?«
»Ihr Ziel war die Tundra!«
»Zweitausend Krieger - viel zu wenig! So ein kleines Heer würde nicht einmal den Viertel Teil einer Stunde gegen ein Elfenheer bestehen. Selbst wenn deine Worte stimmen würden, Jäger der Grauelben, wäre einer solchen Invasion kein Erfolg beschieden.«
»Ich habe mir über die Erfolgsaussichten keine Gedanken gemacht. Man sollte das unbekannte Heer umgehend suchen und stellen. Und dann wird man sehen, wie lange es durchhält.«
Der Fürst von Rassagard schüttelte unmerklich den Kopf.
»Meine Wachen sollen die Festung vor Räuberbanden beschützen, Jäger. Dir kann ich bei deinem Vorhaben nicht helfen. Wenn du ein Heer von Óroks jagen willst, musst du dich an einen anderen Herrscher wenden.«
»Ich bin auf dem Weg nach Dunmesa, um dem Hoc hschamanen zu berichten. Hier in Rassagard wollte ich nur vor der Gefahr warnen, und nicht um Hilfe bitten.«
»Vielleicht brauchst du nicht bis zur Zitadelle zu reisen. Der Hochschamane deines Volkes wird hier in Rassagard e rwartet.«
»Der Hochschamane kommt hierher! Warum? Und woher wisst ihr davon?«
»Bleib hier und warte ab, Jäger.«
Mit diesen Worten winkte der Fürst von Rassagard eine Wache herbei, die den Waldläufer nach draußen begleiten sol lte. So endete Chinato'Orals kurze Anhörung durch Kenaan Ken'ka Rosenstaub.
Kapitel 2 7
Die Stunde des Assassinen
56. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
S agramit Alzamki, der Assassine der Dunkelalben, saß auf den Knien. Die Spanne der Füße lagen flach auf dem Boden und die Fußspitzen ruhten übereinander, während die Knie seitwärts gerichtet waren. So bildeten die Unterschenkel ein stabiles, gleichschenkliges Dreieck.
Er saß kerzengerade, den Nacken durchgestreckt und das Gesicht leicht nach oben gehoben, während seine Hände en tspannt auf den Oberschenkel ruhten.
Eine Cagoule bedeckte seinen Kopf. In der Dunkelheit konnte sein silbriges Haar ihn verraten, aber das schwarze, aus feinen Timonium-Fäden hergestellte Gewebe der Cagoule hielt die langen,
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