Die Angune (German Edition)
gleichen Bewegung.
»Es ist mir eine Ehre in diesem altehrwürdigen Haus empfangen zu werden!«
»Was kann ein alter Schreibgriffelschwinger wie ich für e inen tapferen Offizier unseres geliebten Königs tun?«, fragte Calaele'en.
»Der göttliche Aran, Nanta'thren Niör Freyvanir, möchte mit dem ehrwürdigen Meister der Schriften reden!«
»Der König ruft mich zu sich?«, fragte Calaele'en.
»Heute, in der Mittagsstunde, um 13.00 Uhr!«
› Mir bleibt aber gar nichts erspart! ‹
»Wie bitte?«, fragte der Krieger.
»Was?«
»Der ehrwürdige Meister der Schriften möchte mir verze ihen, aber ich habe nicht verstanden was Er sagte!«
»Oh! Ja! Ich sagte, dass es eine große Ehre für mich ist, vor unseren göttlichen Herrscher treten zu dürfen!«
Der Krieger nickte anerkennend mit dem Kopf.
»Bittet richtet dem Kanzleileiter unseres Arans aus, dass ich selbstverständlich vor der angegebenen Zeit da sein werde.«, fügte Calaele'en hinzu.
Der Offizier nickte noch einmal mit dem Kopf.
»Ich wünsche dem Meister der Schriften noch einen sch önen und angenehmen Tag!«
Calaele'en nickte dankend mit dem Kopf.
»Euch auch, tapferer Krieger!«
Dann verließ der Bogenschütze die Halle, und Calaele'en wunderte sich, dass die Lederstiefel des Kriegers fast kein G eräusch auf dem polierten Marmorboden machten.
Jetzt muss ich auch noch zum König!
Calaele'en schüttelte den Kopf. Er mochte den Herrscher nicht.
Der junge Nanta'thren war vor 5 Sonnenumläufen im za rten Alter von nur 22 Sonnenumläufen an die Macht gelangt als sein Vater, der unsterbliche Nördh'lan Thjar Freyvanir, bei einem Jagdunfall ums Leben kam. In der Pracht seines göttlichen Glanzes war sein Vater stolz und übermütig gewesen, arrogant und herablassend, bevor ihn im Wald das Schicksal in Form eines Querschlägers ereilte.
Sein unvermählter Sohn, der junge Aran, hielt nicht viel vom Regieren. Ihn verlangte nicht danach, Macht über andere auszuüben. Er hielt es vielmehr mit der angenehmeren Seite des Lebens und entwickelte sich zunehmend zum Schrecken der Weiblichkeit in Rinu'usala.
Und trotzdem waren alle Weißelfen verpflichtet ihm die gleiche Untertänigkeit entgegen zu bringen wie seinem Vater.
Calaele'en schüttelte entmutigt den Kopf.
Er musste sich noch umziehen. Wenn er am Schreibpult t ätig war, oder wenn er in der Liberey recherchierte, trug er einfache Kleidung. Die lange Tunika aus ungefärbtem Leinen war durch Lederzwickel bequem geschnitten, und wurde in der Taille von einer Kordel gehalten. Darunter trug er eine einfache enge, lange Hose aus Naturwolle.
Dies war eine billige Arbeitskleidung, und es störte ihn nicht wenn sie Tintenkleckse auffing, oder wenn er sich Jah rhunderte alten Staub an den Oberschenkel abwischte.
Aber so konnte er nicht vor den König treten. Die königl ichen Garden würden ihn nicht einmal in die Allee zum Palast lassen.
Am frühen Vormittag begab sich der Meister der Schriften Calaele'en Obra Barkarië zum Sommerpalast des Arans. Er trug eine prachtvolle, schwarze Gewandung. Über einer w adenlangen Tunika trug er einen bis zu den Enkel reichenden sogenannten Hausmantel, beides aus schwarzem Baumwollstoff.
Der Stand der Gelehrten lehnte es ab, sich mit dem sonst üblichen Waffenrock zu kleiden. Und auch das wallende G ewand der Magi mit ihren weiten Trompetenärmel und den großen, spitz zulaufenden Kapuzen behagte ihnen nicht. Der taillenenge und unten weit ausgestellte Hausmantel war das Kleidungsstück, das ein Mitglied des Standes der Gelehrten auszeichnete.
Der schwarze Gelehrtenmantel wurde über dem Bauch von zwei juwelenbesetzten Silberschnallen zusammengehalten und die Ränder waren mit wertvoller Silberbrokatborte besetzt.
In dieser kostbaren Gewandung ging der Gelehrte zum Aran. Er hätte sich als wohlhabender Bürger standesgemäß in einer Sänfte tragen lassen können. Doch eine große Dienerschaft, so wie andere Weißelfen sie pflegten, entsprach nicht den Werten des Gelehrten. Solange er zu Fuß gehen konnte, würde er die Bequemlichkeit der gepolsterten Tragesitze nicht in Anspruch nehmen. In 20 Sonnenumläufen vielleicht, aber heute noch nicht.
Und so erreichte er nach einem längeren Spaziergang das Eingangstor zu den königlichen Parkanlagen.
Der Sommerpalast des Arans lag auf einem Hügel im Nordwesten der Stadt, von wo aus man einen schönen Ausblick auf Rinu'usala hatte. Allerdings stand sein Palast nicht auf dem höchsten Punkt des Hügels. Dieser
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