Die Angune (German Edition)
Zwergenschar war dies aussichtslos. Und so befahl er den Zwergen eine möglichst breite Spur zu hinterlassen. Der Eindruck einer großen Kriegerschar konnte mögliche Feinde vielleicht davon abhalten, ihre Verfolgung aufzunehmen.
Er ließ die ganze Gruppe in dieser hellen Nacht bis zum nächsten Morgengrauen durchmarschieren, um so viel Land wie möglich zwischen sich und mögliche Verfolger zu bringen.
Am 6. Tag ließ er im Schutz einer Felswand ein Lager aufrichten. Den acht bewaffneten Zwergen befahl er, das Lager weiträumig abzusichern.
In dieser Nacht schlief keiner der Zwerge. Sie hatten alle Angst vor dem Einschlafen, denn in ihren Köpfen war noch immer das Knallen der Bullenpeitsche präsent, mit der sie morgens geweckt wurden.
Erst als Chinato'Oral am 8. Tag befahl, ein riesiges Lagerfeuer anzuzünden, erwärmten sich auch die Gemüter etwas. Die Zwerge drängten sich alle rund um das lodernde Feuer, und als es plötzlich nach verbrannten Haaren roch, musste der arme Kerl auch noch Hohn und Spott über sich ergehen lassen.
Es war das erste Mal, dass Chinato'Oral das polternde L achen eines Zwergs vernahm.
Der Tag danach war ihm wohlges onnen, und zwar in Form eines ausgewachsenen Langborsten-Ebers. Der Pfeil drang hinter dem Schulterblatt glatt zwischen zwei Rippen in die Brust des Ebers und blieb im Herz stecken.
Danach zeigte er den Frauen, nach welchen Pflanzen sie im Wald suchen sollten, um an die dicken Knollen zu gelangen, die sie in den ausgenommenen Brustraum des Ebers stopfen sollten. An dem saftigen 200 kg Braten, der sieben Stunden über dem Feuer hing, schlugen sich alle die Mägen voll - das erste Mal seit vielen Dekadomen - und die Stimmung wurde zusehends besser.
Chinato'Oral führte die Zwerge nach Norden, um wieder die Küste bei Synh zu erreichen. Dort hoffte er ein Schiff für die Überfahrt zu ergattern. Doch bald begann eine Diskussion unter den Zwergen über ihre Zukunft. Einige hatten von en tlaufenen Sklaven gehört, die im Süden in den Bergen leben sollten. Sie beschlossen nach dieser Gemeinschaft zu suchen, um sich ihnen anzuschließen.
Und so baten die Zwerge den Waldläufer, sie tief in den Süden zu führen.
14. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
Im Lager von Chinato'Orals Zwergengruppe ging es geschäftig zu. Jeder ging irgendeiner Aktivität nach. Man konnte diesen plumpen Gesellen viele Übelkeiten nachsagen, aber faul waren sie nicht.
Die Nachtlager wurden im Nu errichtet. Jeder wusste was er zu tun hatte. Alle Handgriffe saßen. Der alte Krieger mit den grauen Haarsträhnen im rotbraunen Haar, der sich Arden Stahlfaust nannte, kümmerte sich um die Wachen. Eine andere Gruppe schwärmte sofort aus , um Holzfeuer zu sammeln. Die Frauen rissen Unkraut und Büsche aus dem Boden, um Platz für das Nachtlager zu schaffen, das sie mit Tannenzweigen polsterten. Die Kinder suchten in der Umgebung nach Steinen, die sie herbeischleppten und rund um die Mulde des Lagerfeuers aufschichteten. Chinato'Oral selbst verließ jeden Tag am späten Nachmittag die Gruppe um auf die Jagd zugehen. Als er an diesem 14. Tag im 3. Sternenhaus nach Einbruch der Dunkelheit in das Lager zurückkehrte, hatte er schwere Beute auf den Schultern liegen, zwei Dickhalsgänse und eine kleine Wildziege.
Aber auch wenn die Qual des Hungers verschwunden war und die Zuversicht im Lager wuchs, so waren die Zwerge doch noch immer arme Schweine, entflohene Sklaven, die in abg enutzten, oder gar zerfetzten Kleidern herumliefen. Manch einer besaß keine Schuhe mehr und hatte Lumpen um die Füße gewickelt, die jedoch auch schon so löcherig waren, dass er mit der nackten Fußsohle auf dem Boden lief. Und trotzdem hatte Chinato'Oral ihnen etwas gegeben was all die körperliche Plackerei zum Teil wieder aufwog.
Freiheit und Hoffnung!
Das Recht auf Redefreiheit, ein bisschen Zeit für Tagträumereien, und Hoffnung auf eine bessere Zukunft! Und so nahmen die Plaudereien manchmal eine ganz unerwartete Wendung.
Amian Felssprenger saß am nächtlichen Lagerfeuer, hatte die Ellbogen auf die Knie gestützt und starrte gedankenverl oren in die Glut. Die rechten Hand hielt er vor das Gesicht und hatte Daumen und Zeigefinger zu einem Ring geschlossen. Er tat so als würde er an einer Pfeife paffen.
»Waldläufer?«
Viele sagten Waldläufer zu Chinato'Oral, denn sie fanden die richtige Aussprache seines Namens als zu kompliziert.
»Hm?«
»Kommen wir auf unserer Wanderung nach Süden an einer
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