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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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ich.
    Lederjacke hielt das offensichtlich für witzig. »Die Unterwäsche brauch ich auch, Süßer.«
    »Wohl kaum.«
    Er bewegte sich auf mich zu, kam mir aber nicht zu nahe. Zwar war ihm der kleine Spaß vorhin entgangen, aber er konnte die Blutpfütze sehen, in der Brutus gelegen hatte, und vermutlich hatte er auch einen Blick auf Brutus selbst erhascht. Er griff in seine Tasche. Für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, er würde eine Waffe ziehen. Vito hielt bereits eine auf mich gerichtet, aber zwei sind immer besser als eine.
    Stattdessen zog er eine zusammengeknüllte Boxershorts aus weißer Baumwolle heraus.
    »Tauschen wir«, sagte er. »Aber Sie zuerst. Runter damit.«
    Mir blieb wohl kaum eine andere Wahl. Ich war in meiner Rolle, und in dieser Rolle würde ich zwar empört reagieren, aber letztendlich in alles einwilligen.
    »Üblicherweise lasse ich mich vorher wenigstens zum Dinner einladen«, sagte ich. Dann zog ich meine restlichen Sachen aus und schleuderte sie ihm vor die Füße. Glücklicherweise riskierte Lederjacke nur einen kurzen Blick. Vermutlich wollte er einfach nur sicherstellen, dass ich kein Mikro am Sack kleben hatte oder irgendetwas dergleichen.
    Er warf mir die Boxershorts zu, und ich schlüpfte rasch hinein.

    »Setzen Sie sich auf den Stuhl«, forderte Lederjacke mich auf. Ich hatte das ohnehin vorgehabt, da sie vermutlich eine gewisse Zeit benötigen würden, um meine Kleider zu durchsuchen.
    Kaum saß ich, zeigte Lederjacke mir ein Paar Handschellen und trat hinter mich. »Ersparen Sie uns den Ärger«, sagte er. »Geben Sie mir einfach Ihre Hände.«
    »Das ist lächerlich«, sagte ich, gehorchte aber. Er fesselte meine Hände hinter dem Stuhl an eine Strebe der Rückenlehne, so dass ich beim Aufstehen den Stuhl mit hochheben musste. Dieser Punkt ging klar an sie.
    »Und jetzt?«, fragte ich.
    »Jetzt warten Sie.«
    Charlie verließ den Raum. Lederjacke folgte ihm, den Korb mit meinen Kleidern unterm Arm.
    Vito hielt auf dem Weg zur Tür die Waffe auf mich gerichtet. »Unfairer Schlag«, sagte er in meine Richtung.
    »Tut mir leid wegen seinem Gesicht«, sagte ich. »Wenn ich gewusst hätte, dass ihr beide ein Paar seid, hätte ich ihm in den Magen geboxt.«
    Er schenkte mir das gleiche gruselige Lächeln, mit dem er mich schon in der Garage bedacht hatte, als wir uns Auge in Auge gegenübergestanden hatten.
    »Wir sehen uns bald wieder«, sagte er. Dann zog er die Tür hinter sich zu und schloss ab.

56
    In diesem Raum gab es keine funktionierende Uhr, aber meinen Schätzungen zufolge verbrachte ich die nächsten neunzig Minuten mit nichts als Boxershorts am Leib in einem ungeheizten Raum, und das mitten im Winter. Ich tat mein Bestes, um in der Rolle zu bleiben. Zum einen, weil es immer ratsam ist, in der Rolle zu bleiben – man weiß nie, ob sie einen vielleicht beobachten –, und zum anderen, weil ich meiner Fantasie keinen freien Lauf lassen wollte; denn das hätte mich möglicherweise zu der Schlussfolgerung geführt, dass ich bis zum Hals in der Scheiße saß.
    Jedenfalls fror ich mir den Arsch ab; ein unkontrollierbares Zittern hatte sich meines gesamten Körpers bemächtigt. Wenn sie herausfinden wollten, ob ich verdeckt gegen sie ermittelte, hätten sie mich besser nicht solchen Bedingungen ausgesetzt. Die kleinen verräterischen Gesten, nach denen man bei einem Lügner sucht, sind noch schwerer zu erkennen, wenn der Betreffende vor Kälte bibbert.
    Aber dann kam mir der Gedanke, dass diese Frage womöglich längst nicht mehr im Raum stand. Vielleicht waren sie bereits überzeugt davon, dass ich für die andere Seite arbeitete, und wollten nur noch herausfinden, wie viel das FBI wusste, bevor sie mir eine Kugel in den Schädel jagten. In diesem Fall war es natürlich clever von ihnen, mich einer solchen Tortur auszusetzen.
    Vielleicht überinterpretierte ich das Ganze ja, aber im Moment hatte ich nicht viel anderes zu tun.
    Außer in der Rolle zu bleiben. Das war das Wichtigste, vor allem anderen. Egal, was passierte.

    Irgendwann öffnete sich langsam die Tür. Vito spähte herein, stellte fest, dass ich noch immer mit Handschellen an den Stuhl gefesselt war, und betrat dann den Raum, immer noch in diesem langen Mantel, immer noch breit grinsend und immer noch die Pistole auf mich gerichtet. Einen Augenblick lang dachte ich, das war’s jetzt, all meine vorausschauenden Manöver, all meine Schauspielkünste waren vergeblich gewesen, jetzt würde er mich einfach

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