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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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Treffen. Ein guter Ort für eine Menge Dinge.
    Charlie fuhr äußerst waghalsig. Die Schneepflüge des Straßendienstes
waren hier nicht durchgekommen, und überall lag dickes Eis. Dieser Wagen war dafür nicht geschaffen. Das Heck brach immer wieder aus, die Räder drehten jaulend durch, aber Charlie kümmerte das nicht. Seine Wut schien zu wachsen, je länger wir unterwegs waren.
    »Ist das wirklich der Ort, wo sie uns treffen wollten?«, fragte ich, unsicher über unser endgültiges Ziel; falls es tatsächlich in diesem Viertel lag, befand es sich zweifellos in einer der dunkelsten, abgelegensten Ecken der Stadt. Ich hielt es für ratsam, weiter den Unschuldigen zu spielen, so als würde ich ernsthaft annehmen, der Präsident von Kinion Consulting würde zu einem solchen Meeting erscheinen.
    Plötzlich trat er auf die Bremse. Der Porsche geriet kurz ins Schleudern. Dann bog er in eine offene Halle, eine Garage mit einer hohen Decke, in der ein paar größere Lieferwägen und Baumaschinen abgestellt waren. Alle Fahrzeuge waren offenbar längere Zeit nicht genutzt worden. Charlie schaltete den Motor aus; er rührte sich nicht.
    »Bleiben wir einfach hier sitzen?«, erkundigte ich mich. Er antwortete nicht. Ein paar Minuten verstrichen. Dann hörte ich das Geräusch eines Wagens, dessen Räder über das Eis knirschten. Er kam näher. Kurz darauf beleuchteten Scheinwerfer die Wand vor uns, und ein schwarzer Geländewagen bremste neben dem Porsche. Der Fahrer stieg aus. Er wirkte nicht sehr freundlich. Wegen seines langen Mantels war seine Statur nur schlecht auszumachen. Schwer zu sagen, ob er fett oder muskulös oder beides war. Jedenfalls war er keineswegs schmächtig, und er war ganz bestimmt nicht nett.
    Eine Tür in einer der Seitenwände der Garage öffnete sich. Ein Mann in schwarzer Lederjacke und Jeans trat heraus. Ich erkannte ihn wieder. Es war der Kerl aus Charlies Club, als
wir zum ersten Mal dort gewesen waren. Damals, als sie mich gefilzt hatten. Ich hatte meine Kleider in einem offenen Spind zurückgelassen, und Lederjacke war nach unserem Raquetballspiel zu Charlie gekommen und hatte ihm erklärt: »Alles in Ordnung«. Das Zeichen für Charlie, dass sie meinen Spind, meine Kleider und meine Wertsachen durchsucht hatten und ich sauber war. Damals hatte ich kein Aufzeichnungsgerät bei mir getragen.
    Aber jetzt trug ich eines.
    Charlie stieß die Tür an seiner Seite auf. »Beginnen wir mit dem Meeting«, sagte er.

55
    Wenn man einmal eine Rolle angenommen hat, hält man sie bis zum Ende durch. Man konzentriert sich darauf und lässt sich durch nichts beirren. Und wenn sich ein Bluff nicht vermeiden lässt, dann blufft man, ohne Angst, man könnte auffliegen. Wenn man schon untergeht, dann in der Rolle. Selbst wenn die Lage völlig aussichtslos erscheint. Denn sogar dann besteht noch eine winzige Chance, damit durchzukommen, und die sollte man auf keinen Fall verschenken.
    Ich bin der Sohn eines Hochstaplers und Betrügers. In moralischer Hinsicht hat mein Vater mir nicht allzu viel beigebracht, er war kein wirklich gutes Vorbild. Doch ich habe eine Menge übers Tricksen und Täuschen gelernt. Ich habe es mir angeeignet, weil ich ihm zugesehen und zugehört habe
und weil ich in seiner Umgebung überleben musste. In vieler Hinsicht habe ich meine ganze Kindheit über eine Rolle gespielt.
    Sie sind gut darin, hatte Lee Tucker mehr als einmal zu mir gesagt.
    Meine Optionen waren beschränkt. Ich konnte weglaufen. Ich konnte die Wagentür aufstoßen und durch die offene Garageneinfahrt rennen. Keine Ahnung, ob Lederjacke oder die Kerle aus dem schwarzen Geländewagen — oder Charlie, wenn wir schon dabei waren – Waffen trugen. Womöglich würde ich mit dem Gesicht am Boden und mit ein paar Kugeln im Rücken enden. Andererseits würde es mir, wenn ich blieb, vermutlich nicht viel anders ergehen.
    Ich konnte es auch mit einer Variante der Hals-über-Kopf-Flucht versuchen – nicht rennen, sondern einfach gehen. Ich konnte sie darauf hinweisen, dass ich diese ganze Prozedur als beleidigend und abstoßend empfand, und einfach davonspazieren. Mein »wahres« Ich – der Jason Kolarich, der kein Aufzeichnungsgerät trug – würde genau das tun. Wobei das Resultat vermutlich dasselbe wäre. Diese Schlägertypen würden sich auf mich stürzen, und obwohl ich niemand war, der körperliche Auseinandersetzungen scheute, stand es drei gegen einen, Charlie nicht mit eingerechnet. Und die Waffen nicht mit

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