Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
erschießen, und die Sache war gelaufen.
Vermutlich wollte er, dass ich genau das dachte. Ihm gefiel die Art nicht, wie ich ihm in der Garage entgegengetreten war oder wie ich mit seinem Partner umgesprungen war. Aber er war hier nicht der Boss und hatte nicht die Befugnis, Rache zu nehmen. Ebenso wenig wie er die Befugnis besaß, mich zu erschießen, zumindest nicht im Augenblick. Aber er genoss die Möglichkeit, mir das Gegenteil zu suggerieren.
Vito reichte die Waffe an Lederjacke weiter und bückte sich dann, so dass sich unsere Gesichter auf gleicher Höhe befanden. »Das war nicht sehr nett, was du mit meinem Freund gemacht hast.«
»Er hat nicht aufgepasst. Sag ihm, er soll das nächste Mal …«
Bevor ich den Satz beenden konnte, stopfte mir Vitos rechter Ellbogen den Mund. Mein Kopf wurde nach hinten geschleudert. Sterne flimmerten hinter meinen Augenlidern. Für ein, zwei Sekunden wurde alles schwarz, bevor ich die Augen wieder öffnete und den Boden vor mir sah.
»Du meinst, er hat nicht aufgepasst, so wie du eben?«
Ich spuckte Blut. Meine Zähne fühlten sich an, als würden sie jeden Moment ausfallen. Zum Glück war mein Kiefer intakt, aber viel hatte nicht gefehlt. Mein Schädel dröhnte.
Ein stechender Schmerz breitete sich von meinem Hals nach unten aus.
»Wer hat dir gesagt, dass du das tun sollst?« Es war Charlies Stimme. Es tat höllisch weh, den Kopf in seine Richtung zu drehen, daher blinzelte ich nur zu ihm auf. Er beobachtete mich. In meinem Zustand war es schwierig, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Irgendwie wirkte er unsicher, was ich als gutes Zeichen wertete.
»Wir kümmern uns drum«, sagte Lederjacke.
»Scheiße«, sagte ich. »Machen Sie die Handschellen auf und lassen Sie mich gehen.«
Er sagte nichts, schüttelte aber langsam den Kopf.
»Ich erfriere«, sagte ich.
»Gib ihm einen Mantel«, sagte Charlie.
»Nein, nein, unserem Hübschen hier geht’s prächtig«, sagte Lederjacke, und dann, zu mir gewandt: »Warum waren Sie gestern im Gebäude der Bundesbehörden? Um vier Uhr?«
»Gestern … ich musste die Erwiderung auf einen Antrag zur Verfahrenseinstellung abgeben. Ich hab eine Kopie davon persönlich in Richterin Graves Büro gebracht. Sie schätzt solche kleinen Gesten.«
Ich antwortete rasch und ohne zu zögern. Charlie hatte mich beschatten lassen. Er verdächtigte mich. Und ich hatte keine Ahnung, warum.
»Wie heißt der Fall?«, fragte Lederjacke.
»Vereinigte Staaten gegen Guevarra. Illegaler Besitz von Feuerwaffen. «
»Wie lautet das Aktenzeichen?«
Ich spuckte mehr Blut. »Verdammt, ich lern doch nicht das beschissene Aktenzeichen auswendig, Sie Armleuchter. Zeigen
Sie mir irgendeinen Anwalt, der das tut. Schauen Sie doch selber nach. Die Akte steht im Staatsarchiv.«
»Warum haben Sie sich nach Starlight Catering erkundigt?«
»Die Frage hab ich bereits beantwortet.«
»Nicht mir.«
Ich blickte auf. Charlie hatte den Raum verlassen. Nun blieben nur noch ich, Lederjacke und Vito.
Ich spuckte erneut aus, eine dicke Schmiere aus Speichel und Blut.
Ein weiterer Schlag, härter als der erste, diesmal gegen die rechte Schläfe, ein weicher, verletzlicher Teil des Schädels. Erneut war es Vitos Ellbogen. Am meisten schmerzte dabei mein Hals. Mein Kopf wurde herumgestoßen wie die Kugel in einem Flipperautomat.
»Ich will eine Antwort«, sagte Lederjacke.
»Wir knöpfen uns sämtliche Auftragnehmer vor«, sagte ich, »und den einen lassen wir aus. Ich wollte einfach nur wissen, warum. Ansonsten geht mir Starlight komplett am Arsch vorbei.«
Er schwieg für eine Minute. Alle Augen waren auf mich gerichtet. Für mein Gefühl schlug ich mich ganz gut. Jedenfalls im Rahmen des Möglichen. Natürlich hätte ich lieber am Strand Margaritas geschlürft. Sogar ein Einlauf wäre noch angenehmer gewesen.
»Was zum Teufel soll das eigentlich? Ich reiße mir den Arsch auf für Charlie, und die Geschäfte laufen bestens. Was ist passiert? «
Ich redete mit dem Fußboden. Mein Kopf hing nach unten. Mir war speiübel, ich bemühte mich, bei Bewusstsein zu bleiben und einen klaren Gedanken zu fassen.
»Dick Baroni, das ist passiert.« Das war Charlies Stimme.
Dick Baroni. Die Kerl, von dem Charlie mir erzählt hatte. Er hatte sogar seinen Namen buchstabiert, damit ich ihn googeln konnte. Der Typ, der ihn hintergangen hatte und dem deswegen die Bude über dem Kopf angezündet worden war. Er sollte mir als abschreckendes Beispiel dienen.
»Dick hat mir
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