Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
Ippolito morgen an den Obersten Gerichtshof berufen«, sagte er schließlich.
Ich starrte ihn an. »Woher wissen Sie das?«
Er warf mir einen Blick zu, der vermutlich besagen sollte, dass mich das nichts anging. Kürzlich bei Madison hatte es so geklungen, als wären es noch ein paar Tage bis dahin. Aber natürlich konnte sie ihre Meinung jederzeit geändert haben, ohne mich zu informieren.
»Mist«, sagte ich. »Werden Sie vorher zuschlagen?«
Er zuckte mit den Achseln. »Es wird gerade noch darüber diskutiert. Da hängt unter anderem viel von Ihnen ab, Herr Anwalt.«
Klar. Im Moment spielten sie auf Risiko. Jeder weitere Tag brachte ihnen mehr belastende Aussagen aus dem Umfeld des Gouverneurs. An jedem Tag ohne Verhaftungen wurde die Anklage der US-Staatsanwaltschaft wasserdichter. Diese Quelle würde sofort versiegen, sobald die erste Festnahme erfolgte.
Und im Augenblick hatte die wichtigste Zielperson ihrer
Ermittlungen – Gouverneur Carlton Snow — nur eine einzige wirklich belastende Aussage gemacht: sein Vorschlag, von den Abtreibungsgegnern Geld für ein Veto beim Abtreibungsgesetz zu verlangen. Ich hatte nichts mehr über dieses Thema gehört, und es war durchaus möglich, dass man es ad acta gelegt hatte. Abgesehen davon hatte der Gouverneur bisher lediglich vage Anspielungen auf das gemacht, was sich unter ihm abspielte.
Und das bedeutete, dass das FBI die Leute des Gouverneurs im Sack hatte, aber nicht den Gouverneur selbst. Würden sie Druck auf die Leute ausüben – Madison, Charlie, Brady –, um mehr herauszufinden? Klar, natürlich. Und möglicherweise hatten sie damit Erfolg. Andererseits gab es keinen schlüssigeren Beweis als eine Aussage aus dem Mund des Gouverneurs persönlich.
»Jason, hören Sie.« Tucker verschränkte die Hände. »Wir haben nicht mit Ihnen gerechnet. Und wir haben auch nicht erwartet, dass Sie je so weit vordringen würden. Aber nun sind Sie da. Sie haben uns geholfen, einen Korruptionsskandal auf höchster Regierungsebene aufzudecken. Und jetzt sind wir so nah dran an Snow. Jason, die schirmen ihn ab. So läuft das immer. Seine wichtigsten Berater filtern alles. Es bleibt bei ihnen hängen. Und wenn niemand anders zugegen ist, flüstern sie ihm alles ins Ohr. Dieses Täuschungsmanöver betreiben sie aus genau dem Grund, weswegen wir diese Unterhaltung führen – damit der Gouverneur alles abstreiten kann.«
»Vielleicht verschweigen ihm seine Berater aber auch einiges«, sagte ich.
»Blödsinn«, knurrte Chris Moody.
Tucker hob die Hände höher, um den fragilen Waffenstillstand zu schützen. »Okay, okay – aber warten wir ab. Vielleicht
ist heute unsere letzte Chance, Jason. Wir müssen zumindest davon ausgehen. Werden Sie noch mal versuchen, etwas aus Gouverneur Snow herauszubekommen? Heute Abend soll Antwain Otis hingerichtet werden, richtig? Möglicherweise werden weitere Diskussionen mit dem Gouverneur darüber stattfinden. Vielleicht ergibt sich bei dieser Gelegenheit ein Gespräch mit ihm. Werden Sie es zumindest versuchen?«
Ich war mir unsicher über meinen weiteren Kurs. Nachdem ich meine persönliche Mission erfüllt hatte und mir außerdem sicher war, dass der Gouverneur nichts über die Morde wusste, war ich nichts weiter als ein gewöhnlicher Spitzel in einer verdeckten Operation. Das fühlte sich irgendwie merkwürdig an. Irgendwie nicht nach mir.
»Lee«, sagte Moody, »wir reden mit Jason, als wäre das eine freundliche Bitte. Ich denke, er hat vergessen, dass ihm selbst eine Anklage droht. In Wahrheit muss er alles dafür tun, sich unser Wohlwollen und unsere Nachsicht zu erhalten.«
Tuckers Miene nach zu urteilen, war er nicht sehr glücklich über diese Wendung des Gesprächs. Tucker war jemand, der lieber Honig ausstrich, um die Biene anzulocken.
»Und die Tatsache, dass ich beinahe ermordet worden wäre, während ich Ihnen geholfen habe, reicht das nicht?«, fragte ich. »Und die fortwährende Gefahr für mein Leben? Haben Sie das alles schon vergessen?«
Chris Moody zuckte mit den Achseln. »Sie sind derjenige, der einen Deal ausgeschlagen hat. Ich habe Ihnen mehr als einmal Immunität angeboten.«
Er hatte recht. Ich hatte einen Deal abgelehnt, denn in meinen Augen beinhaltete eine solche Absprache ein indirektes Eingeständnis krimineller Vergehen. Ich wollte nicht, dass
das Wort Immunität an meinem Namen klebte, denn unterm Strich bedeutete das nichts anders, als dass man ein Krimineller war, der sich einen Freibrief
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