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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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der weißen Katholiken die unsichtbare Grenze nach drüben, und niemand betrat unser Territorium, es sei denn, er legte Wert auf eine Tracht Prügel.
    Ich bog auf die Knapp Avenue ein, die für die wohlhabenden Weißen nichts anderes war als eine Hauptverkehrsader zum Interstate Highway. Die Gegend wimmelte von Fußgängern, die meisten davon mit brauner Hautfarbe, und ein paar Kids jagten selbstmörderisch quer über die Avenue zwischen den fahrenden Autos hindurch wie in einem urbanen Echtzeit-Videospiel.
    Ich war kein Mitglied des YMCA und hatte keine Ahnung, ob sie mich reinlassen würden. Aber ein Versuch konnte nicht schaden. Die freundliche junge Frau am Empfangstresen erklärte mir, ich könne einen Ausweis für eine einmalige Übungsstunde erhalten. Ich gab ihr meinen Führerschein, damit sie überprüfen konnte, ob ich zu der Sorte gehörte, die sich mit Gratis-Probestunden durchschmarotzte; sobald sie meinen Namen eingetippt und die Bestätigung erhalten hatte, dass ich ein Neuling war, reichte sie mir ein grünes Ticket und ein paar Handtücher. Sofern ihr überhaupt aufgefallen war, dass ich keine Sporttasche oder Trainingssachen bei mir trug, ließ sie sich nichts davon anmerken.
    Ich ging nach unten in den Trainingsbereich und fand Ernesto Ramirez, ohne groß suchen zu müssen. Nur fünf Leute stemmten hier Gewichte. Er trug ein verschwitztes graues Tanktop und ausgebeulte Shorts. Er war gerade beim Bankdrücken und hatte auf jeder Seite der Hantelstange zwei Scheiben aufgelegt – insgesamt hundert Kilogramm. Die Hantelstange
alleine wog zwanzig Kilo und jede Gewichtsscheibe weitere zwanzig. Bankdrücken mit einem solchen Gewicht, dabei die Hände nicht breiter auseinander als die Schultern, war ein Standardtest in der NFL; man ahmte damit den Verteidigungsblock eines Lineman nach. Zumindest war es ein Standardtest gewesen, als ich noch College-Football spielte. In meinem ersten Studienjahr schaffte ich elf Wiederholungen. Ich blieb allerdings nicht bis zum Collegeabschluss dabei, weil ich einen Streit mit einem unserer Teamcaptains beendete, indem ich ihm den Kiefer brach. Was das Aus für meine Footballkarriere bedeutete.
    Ernesto schaffte eine zittrige Wiederholung, mit weit gespreizten Armen und stark durchgebogenem Rücken, um eine bessere Hebelwirkung zu erzielen. Nicht schlecht für einen kleinen Burschen Anfang dreißig.
    Sein Blick streifte mich kurz und zuckte dann sofort wieder zu mir zurück. Zuerst war ich bloß irgendein Weißer in einem Anzug, der hier nicht reinpasste, doch dann wurde ihm schlagartig klar, dass er diesen Weißen im Anzug kannte. Vermutlich erschreckte es ihn ein wenig, dass ich wusste, wo er zu finden war. Ganz offensichtlich hatte ich meine Hausaufgaben gemacht. Ich hatte ihn nicht zuhause abpassen wollen, wo er mir jederzeit die Tür vor der Nase zuschlagen konnte; und die Zeit für diplomatisches Vorgehen war inzwischen abgelaufen.
    Er schnappte sich das Handtuch von der Bank und wischte sich übers Gesicht. Dann sagte er etwas auf Spanisch zu dem Kerl, der ihm beim Stemmen half und der ebenso klein, aber wesentlich muskulöser war.
    »Ich hab Ihnen doch schon gesagt«, brummte er, während er auf mich zukam, »dass ich Ihnen nichts mitzuteilen habe.«
    »Falsch. Sie haben mir was mitzuteilen. Sie wollen nur nicht damit rausrücken.«
    Frischer Schweiß rann ihm über die Stirn. Erneut wischte er ihn mit dem Handtuch ab. »Wie auch immer. Ich rede nicht mehr mit Ihnen. Nehmen Sie keinen Kontakt mehr zu mir auf. Lassen Sie mich in Ruhe.«
    »Wer auch immer Bert Wozniak umgebracht hat, er wird straffrei ausgehen«, sagte ich. »Ist das okay für Sie?«
    »Nicht mein Problem.«
    »Ihr ganzes Leben dreht sich darum, sich Sorgen über die Probleme anderer zu machen.«
    »Aber nicht über dieses.«
    »Wenn Sie schweigen, werden alle Ihren Freund Eddie Vargas beschuldigen. Ist das immer noch in Ordnung für Sie?«
    »Soll ich mir vielleicht Gedanken über die Probleme eines Toten machen?«
    Ich nickte langsam und musterte ihn. Er spähte über die Schulter. Die vier anderen Gewichtheber, besonders sein Helfer, fixierten mich. Ernesto hatte Angst. Das war ihm deutlich anzumerken. Und das wollte was heißen. Ernesto war eindeutig ein stolzer Mann. Wenn man sich beim Bankdrücken solche Riesengewichte auflegte, musste man stolz sein. In diesem Alter baut man Muskeln auf, um in Form zu bleiben und gut auszusehen. Dabei wählt man Gewichte, die man acht- oder zehnmal stemmen

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