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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ellis
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und wäre damit automatisch dringend tatverdächtig.

    Tja, so funktioniert mein Verstand, wenn ich gelangweilt bin und mich betrinke.
    Er hatte den Saal durch den Haupteingang betreten und schob sich nun Hände schüttelnd und winkend durch die Menge. Seine Bodyguards dicht bei sich, Männer in dunklen Anzügen und mit Headsets, deren Kabel im Kragen ihrer Anzüge verschwanden, was enorm zu ihrer professionellen Gesamtwirkung beitrug.
    Aus der Nähe betrachtet konnte man über Carlton Snow vor allem eines sagen: Er verkörperte seine Rolle gut. Er war ziemlich groß und durchtrainiert, hatte volles Haar und dieses zuversichtliche roboterartige Lächeln. Und er hatte die notwendigen Gesten drauf. Ganz offensichtlich hatte er ein gründliches Politikertraining absolviert. Winken, Daumen hoch, auf jemanden deuten, eine Hand schütteln. Winken, Daumen hoch, deuten, Hand schütteln. Manchmal überkreuzten sich seine Unterarme, damit er zwei Hände auf einmal schütteln konnte. Außerdem sorgte er für eine gewisse Abwechslung in seinem Mienenspiel: angenehme Überraschung, wenn er jemanden wiedererkannte; gelegentlich ein vertrauliches Grinsen für den »alten Freund«. Ich konnte zwar nicht von den Lippen lesen, aber er schien auch die üblichen Floskeln zu beherrschen. Hallo-wie-geht’s-schön-Sie-zu-sehen-danke-für’s-Kommen.
    »Jason, da sind Sie ja.«
    Ich drehte mich um und entdeckte Greg Connolly, den Vorstandsvorsitzenden des Bau- und Beschaffungskomitees. Ein Mann, der in diesen Tagen nicht allzu viel zu tun hatte, zumindest nicht mit kriminellen Aktivitäten, was er ausschließlich mir verdankte. Eines Tages – wenn die Anklagen verlesen wurden und ihm wesentlich weniger Delikte zur Last
gelegt wurden als Charlie – würde er mir noch dankbar dafür sein.
    Doch im Moment vermutlich noch nicht.
    »Greg«, sagte ich mit einem leicht fragenden Unterton, als wäre ich mir nicht ganz sicher, denn schließlich hatten wir uns bisher nur einmal gesehen. Wir schüttelten uns die Hände. Wie ich trug er einen Pinguinanzug, nur war er kürzer und wesentlich runder in der Mitte. Seine Fliege saß schief, aber ich wies ihn nicht darauf hin. Vielleicht saß meine ja auch schief.
    »Wir vermissen Sie«, sagte er.
    »Geht mir genauso.«
    »Ja. Klar.«
    Ja. Klar. Smalltalk. Nicht mein Ding.
    »Charlie hat Sie in letzter Zeit ziemlich für sich in Beschlag genommen.«
    Ich musste die Rolle des vorsichtigen Vertrauten von Cimino spielen, daher erwiderte ich nur: »Ich arbeite gern mit ihm zusammen.«
    »Klar. Klar.«
    Klar. Greg schien nicht glücklich über mein Arrangement mit Charlie. Charlie hatte schon erwähnt, dass es zum Problem werden könnte, falls Connolly sich beim Gouverneur beschweren sollte. Mir war das ziemlich egal. Ich hatte die neue verbesserte Art des Geldeintreibens nur eingeführt, um mir ein Druckmittel zu verschaffen und Shauna vom Haken zu kriegen. Das war mir gelungen. Inzwischen war Shauna frei.
    Frei, mich im Gefängnis zu besuchen.
    Es sei denn, es würde mir gelingen, noch ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern. Woran ich nach wie vor arbeitete.
    »Vielleicht gibt es einen Weg, weiter Geschäfte miteinander
zu machen?«, sagte er. Er hatte es als Frage formuliert. Ich war mir nicht sicher, ob er bereits eine Geschäftsidee hatte oder noch nach einer suchte.
    Ich lächelte. »Da fragen Sie den Falschen, Greg.«
    »Oh, das glaube ich nicht.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Ich denke, Charlie hört auf Sie wie auf keinen anderen.«
    Ich fragte mich, ob das zutraf. Ich kannte Charlie noch nicht lange. Allerdings schien er nicht allzu viele Vertraute zu haben, und immerhin hatte ich einen Plan entwickelt, der es ihm ermöglichte, seine beiden Hauptziele zu erreichen: sich zum einen selbst zu bereichern und zum anderen die Wiederwahl des Gouverneurs zu ermöglichen — was ihn noch reicher machen würde.
    Inzwischen hatte der Gouverneur ein Podium in der Mitte der Menge erreicht, das es ihm erlaubte, über die Köpfe hinwegzuschauen. Auch wenn ich mich nicht daran erinnern konnte, je eine seiner Reden gehört zu haben, war es im letzten Jahr, während seiner Amtszeit als Gouverneur, sicher irgendwann mal vorgekommen.
    »Ich danke Ihnen, Ihnen allen. Vielen Dank. Ich möchte nicht … danke. Wenn Sie bitte für einen Moment … Sie sind wunderbar, danke. Vielen Dank.«
    Der Mann brauchte eine ganze Weile, um die Menge zu beruhigen und sie aus ihrer künstlich wirkenden Begeisterung zu reißen. Er

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