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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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verhören.
Zusammen mit Viviane ging ich zurück. Wir stolperten auch dieses Mal über die Äcker, um abzukürzen. Ich konnte noch immer nicht verstehen, warum ich schon vorher von dem Kind geträumt und was es zu bedeuten hatte.
»Sie lag haargenau so da wie in deinem Traum?«, fragte sie zum dritten Mal.
»Ja, bis ins letzte Detail.«
»Das ist gruselig.«
Ich schwieg.
»Was hast du noch geträumt?«, wollte sie wissen. »Vielleicht von mir?«
»Nein, nur von Pedro und dem Mädchen.« Kaspar fiel mir wieder ein. »Und ich habe geträumt, dass Kaspar ein Gerippe ist.«
»Ach ja. Aber das ist ja definitiv nicht der Fall. Vielleicht ist doch alles nur ein Zufall.«
Ich erwiderte nichts, sondern dachte an den gestrigen Abend. Als ich nach dem Dorfmeeting nach Hause gekommen war und mein Hund mich begrüßte, da hatte ich das Gefühl, dass er anders war. So düster und kalt, und seine Augen waren leer gewesen.
    Irgendetwas Seltsames ging hier vor sich, aber ich wusste nicht, was es sein konnte. Ich hatte nur das Gefühl, dass es mit meinem Unfall und dem Fremden zu tun haben musste. Denn vorher waren meine größten Probleme ein paar kleine Pickel am Kinn und meine beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten in der Tankstelle gewesen. Träume hatten mich noch nie in irgendeiner Form beunruhigt, soweit ich mich überhaupt an sie erinnern konnte.
Ich musste mit dem Fremden sprechen.
    ***
    Steffen hatte Dr. Bauer nach Moosberg gebracht, wo er im Polizeirevier offiziell verhört wurde. Als er am Nachmittag noch immer nicht zurück war, schnappte ich mir den VW meiner Mutter und fuhr zu ihm.
Moosberg ist etwas größer als Mullendorf und nennt sich großspurig »Ort«, um sich von den kleinen Dörfern wie Mullendorf abzusetzen. Sie wollten die Ortschaft mal als Bad deklarieren, Bad Moosberg, weil es eine warme Quelle gibt, aber als sich herausstellte, dass die Quelle nur warm war, weil sie direkt neben der Tierverbrennungsanlage lag, hatte sich das erledigt. Immerhin gibt es in Moosberg ein paar bessere Geschäfte und zwei Supermärkte, eine Schule und sogar einen Friseur.
Als ich beim Polizeirevier ankam, saß Robert Bauer immer noch im Verhör. Ich musste etwa dreißig Minuten warten, bis er endlich herauskam. Er sah müde aus. Müde und erschöpft. Und auch ein wenig verzweifelt.
Er hob überrascht die Augenbrauen, als er mich sah. »Ich hoffe, das bedeutet etwas Gutes. Und nicht etwa noch mehr Verdächtigungen. Mein Pensum an Beschuldigungen ist für heute erreicht.«
»Ich wollte Ihnen nur ein paar Fragen zu meinem Unfall stellen. Kann ich Sie fahren oder sind Sie mit Ihrem Auto hier?«
»Ich wurde im Polizeiauto hierher gebracht. Ich nehme nicht an, dass es eine U-Bahn oder etwas Ähnliches gibt?«
Ich lächelte. »Dreimal am Tag fährt ein Bus nach Mullendorf. Ein Fortschritt, den wir unserem Bürgermeister zu verdanken haben. Vorher fuhr er nur einmal.«
»Oh Gott«, stöhnte er und sah zu meinem Auto. »Ich würde gern mitfahren.«
Ich öffnete den Wagen und ließ ihn einsteigen. Wir fuhren ein Weilchen, ohne etwas zu sagen. Ich wusste nicht so richtig, wie ich anfangen sollte, damit er mich nicht für verrückt hielt, falls alles doch nichts mit ihm zu tun hatte. Schließlich versuchte ich, so unauffällig wie möglich in das Thema einzusteigen.
»Ich bin sehr froh, dass Sie mich gerettet haben, und auch meinen Hund. Allerdings wurde mir erzählt, dass ich viel schlimmer verletzt und dass mein Hund tot gewesen sei. Das ist doch Unfug, oder?« Ich versuchte ein Lachen.
Er stimmte nicht mit ein, sondern setze ein beruhigendes Lächeln auf. »Immerhin leben Sie beide noch«, sagte er.
»Bei mir wurden verheilte Brüche in den Knochen festgestellt, obwohl ich niemals welche hatte.«
Er zuckte die Schultern.
»Und mein Hund sieht so merkwürdig aus.«
Zum ersten Mal zeigte er Interesse. »Merkwürdig? Wie meinen Sie das?«
»Er ist ... ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll ... irgendwie leer. Als würde ihm etwas fehlen, die Seele oder irgendetwas.«
Er blickte mich verwundert an.
    Und in diesem Moment sah ich es auch bei ihm. Seine Augen waren leer. Seelenlos. Tot. Er sah schlimm aus. Unheimlich und schrecklich.
Mit voller Wucht trat ich auf die Bremse, so dass wie beide nach vorn geschleudert wurden.
»Steigen Sie aus!«, schrie ich. »Steigen Sie aus!«
»Was ist denn? Was habe ich Ihnen getan?«
»Verlassen Sie sofort mein Auto! Sie sind ein Monster, ein Dämon! Und Sie haben das Kind umgebracht!«
Er bewegte sich

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