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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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Spiegel verbracht.
Als wir ihm von dem Fund erzählten, wurde er blass.
»Wie ist sie gestorben? Ist sie verblutet?«
»Ich habe keine Ahnung, wir sind gerade auf dem Weg dahin«, sagte Viviane. »Was hast du gesehen?«, fragte sie mich.
»Nichts. Kein Blut«, erwiderte ich peinlich berührt, dass sie mich auf meinen Traum ansprach.
»Du hast die Leiche gesehen?«, wollte Leif sofort wissen.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe nur davon geträumt.«
Er zog die Augenbrauen zusammen. »Du hast davon geträumt? Bist du Hellseherin?«
Ich lachte auf. Es klang wahrscheinlich sehr gekünstelt, aber ich hoffte, er merkte es nicht. »Natürlich nicht. Leif, du kennst mich, ich bin deine Angestellte.«
Er nickte abwesend. »Wo ist die Leiche?«
»An der alten Mühle.«
»Dann lasst uns hinfahren.«
    Er hielt Viviane und mir die Beifahrertür auf, so dass wir einsteigen konnten, dann kletterte er auf den Fahrersitz. Das Fahrzeug kam schlecht vorwärts, als wäre es sehr schwer beladen. Ich drehte mich um, um zu sehen, was er hinten im Wagen hatte, doch er hatte eine Decke vor das Fenster gehängt.
»Wo warst du gestern?«, fragte ich Leif. »Es gab ein Dorfmeeting, bei dem der neue Arzt vorgestellt wurde.«
»Ich weiß«, knurrte Leif. »Ich konnte nichts dagegen machen. Ich hatte dir gesagt, du sollst ihn davonjagen, nun siehst du, was wir davon haben.«
»Wir haben einen Arzt, das haben wir davon.« Ich grinste triumphierend.
»Und eine Leiche taucht auf«, dämpfte er meine Begeisterung.
»Sie meinen doch nicht etwa, dass der Arzt das Mädchen ermordet hat?«, sagte Viviane geschockt.
»Keine Ahnung, das werden wir gleich sehen.«
»Woran werden wir das sehen?«, wollte ich wissen. Der Gedanke gefiel mir überhaupt nicht. »Außerdem glaube ich, dass das ein Zufall sein muss. Genauso wie es ein Zufall ist, dass ich von einem toten Mädchen geträumt habe. Sie wird sicherlich ganz anders aussehen und an einem völlig anderen Ort als in meinem Traum liegen.«
Leif sah mich von der Seite schweigend an, dann schüttelte er den Kopf. »Ich glaube nicht an Zufälle. Nicht an solche jedenfalls.«
»Oh Gott, wir haben uns einen Mörder ins Dorf geholt«, stöhnte Viviane.
»Nein, er ist bestimmt kein Mörder«, widersprach ich. »Du hättest ihn erleben sollen, wie nett er war und wie seine Augen funkelten, als er mich angelächelt hat. So sieht mit Sicherheit kein Killer aus.«
Viviane blickte mich entsetzt an. »Funkelnde Augen? Wovon redest du da? Sag bloß, du bist scharf auf ihn?«
»Nein! Nein, nur als Arzt, der mein Leben gerettet hat. Ich mag ihn nur als Arzt, mehr nicht.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das glaube ich dir nicht. Du hast dieses gefährliche Glänzen in den Augen, das du schon damals hattest, nachdem du Robert Pattinson im Kino gesehen hast. Das bedeutet nichts Gutes.«
»Er war nur nett, das ist alles. Und er hat Kaspar gerettet.«
»Dein Hund lebt?«, fragte mich Leif überrascht.
»Ja, Dr. Bauer hat ihn von der Autobahn geholt und geheilt, wie er mich geheilt hat.«
Leif antwortete nicht. Er bog von der Landstraße in einen Feldweg ein, der von der anderen Seite zur alten Mühle führte. Wir waren gestern über die Felder gelaufen, das konnte der Lieferwagen nicht leisten, wenn er nicht mit gebrochenen Achsen liegen bleiben wollte.
»Er ist viel älter als du«, sagte auf einmal Viviane, »bestimmt schon dreißig.«
»Ich bin ja auch nicht verliebt in ihn, ich finde ihn nur nett.«
»Nett war Pedro auch und den hast du gestern eiskalt abserviert.«
»Er hatte es verdient«, murmelte ich, obwohl ich inzwischen nicht mehr ganz so überzeugt davon war, wirklich das Richtige getan zu haben. Wenn man plötzlich allein ist, scheint man eher bereit zu sein, faule Kompromisse einzugehen, nur um nicht mehr allein zu sein.
»Du kannst dich doch nicht einfach in einen völlig Fremden verknallen, der hier auftaucht. Jeder Fremde ist ein potenzieller Mörder.«
»Ich sage es nochmal: Ich bin nicht in ihn verknallt. Und er ist bestimmt kein Mörder. Er wollte ja noch nicht einmal hierbleiben, dann wird er wohl nicht als Begrüßungsgeschenk gleich jemanden umbringen, so dass jeder Verdacht sofort auf ihn fällt. So blöd kann er nicht sein. Er ist Arzt.«
Dazu fiel selbst Viviane nichts mehr ein.
    Wir waren an der alten Mühle angekommen. Als wir die Stelle mit der Leiche erreichten, hatte sich bereits eine Traube von Menschen um den Bach gebildet.
Steffen Meyer, ein Polizist Ende Dreißig mit hoher Stirn und langen

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