Die Ankunft
zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Die Reißzähne waren ganz nah an meinem Gesicht. »Es ist schon schlimm genug, dass er mich erkannt hat, aber du darfst es nicht wissen. Sonst bin ich erledigt.«
Ich versuchte ihn abzuwehren, aber er war viel stärker als ich. Seine Hände drückten auf meinen Kehlkopf. Ich bekam keine Luft und hatte das Gefühl, meine Lungen wollten bersten.
»Lass sie los«, rief Robert. »Sie wird nichts verraten.« Er zerrte an Leifs Arm, doch der ließ nicht locker. Mein Körper versuchte, mit den letzten verbliebenen Sauerstoffmolekülen das Leben in mir aufrechtzuerhalten. Ich konnte nicht einmal röcheln, so fest drückte Leif zu. Langsam wurde es schwarz vor meinen Augen. Leb wohl, Leben, dachte ich. In diesem Moment hörte ich ein lautes Krachen. Der Druck auf meinen Hals ließ nach. Ich schnappte nach Luft und nahm die neue Situation in mich auf. Leif, durch einen heftigen Schlag nach hinten getaumelt, hielt sich das Kinn, Robert rieb sich die Hand. Sie starrten sich für einen winzigen Moment an, danach gingen beide aufeinander los.
»Sie wird es ausplaudern, dann sind wir verloren«, keuchte Leif, wenn er einem Schlag von Robert ausgewichen war.
»Sie wird es nicht tun, sie hat es versprochen. Ich vertraue ihr.« Auch Roberts Reißzähne waren jetzt deutlich zu sehen. Er sah beeindruckend aus.
»Ich werde euch nicht melden«, sagte ich mit krächzender Stimme und rieb meinen Hals. »Ehrlich nicht. Hört auf! Leif, lass ihn! Ich werde nichts sagen. So wie ich auch nichts gesagt habe, als du einer Schulklasse mit Minderjährigen eine Kiste Wein verkauft hast. Und als du das Benzin gestreckt hast, um mehr verkaufen zu können.«
Er hielt inne, so dass ein Hieb von Robert krachend an seinem Jochbein landete. Die Knochen splitterten. Ich erschrak und schrie auf, doch nur wenige Sekunden später formte sich das Jochbein neu, die Wunde heilte, als wäre nie etwas geschehen.
»Wow«, sagte ich. »Das ist beeindruckend. Ist das bei mir jetzt auch so?«
Robert schüttelte den Kopf. »Das wirkt nur, wenn du frisches Blut von uns bekommst. Danach verschwindet der Effekt bei Menschen wieder.«
Leif ging ein paar Schritte auf mich zu. »Wenn du etwas sagst, bist du tot. Ich habe keine Lust, in einem der Lager zu landen und als Rauch in den Himmel oder die Hölle aufzusteigen.«
»Ich verrate nichts, wirklich nicht«, beteuerte ich. »Ich hätte nie gedacht, dass es schon seit Jahren einen Vampir in unserem Dorf gibt. Wie hast du das nur geschafft, dass keiner was merkt? Und dann auch noch als Bürgermeister! Ich fand immer, du bist der beste Bürgermeister, den wir je hatten. Du hast uns einen Supermarkt gebracht, zwei neue Busstopps, einen Mobilfunkmast, neue Straßen, und was weiß ich noch. Obwohl, wenn ich jetzt darüber nachdenke – normal ist das nicht. Ich hätte schon früher draufkommen sollen, dass da etwas anderes im Spiel sein muss. Ich dachte immer, du bist besonders clever. Aber vielleicht bist du das ja auch …«
Ich redete und redete, ohne Punkt und Komma – ohne Ende. Ich hatte Angst, dass etwas passierte, wenn ich damit aufhörte. Schließlich ging Robert dazwischen. »Hast du die Beamten beeinflusst?«, wollte er von Leif wissen.
»Ein bisschen«, knurrte der und setzte sich auf seinen Stuhl am Schreibtisch. Ich wusste, dass Vampire das Bewusstsein der Menschen beeinflussen konnten. Sie drangen in deren Unterbewusstsein ein und konnten ihnen auftragen, Dinge zu tun, die sie normalerweise niemals tun würden. Oder sie ließen sie Dinge vergessen. Es war ein bisschen wie Hypnose. Das würde natürlich die außergewöhnlichen Errungenschaften für Mullendorf erklären. Denn normalerweise hätte kein Beamter in Gallburg zugestimmt, uns einen eigenen Supermarkt oder asphaltierte Dorfstraßen zu bewilligen.
»Aber nicht so, dass es aufgefallen wäre. Ich hätte gern noch einen schönen Bürgersaal gehabt, damit wir dieses elende Clubhaus von diesem unerträglichen Matze nicht mehr nutzen müssen. Auch auf einen Rathausmarkt mit Kino und Springbrunnen habe ich verzichtet.«
»Das war vernünftig«, erwiderte Robert. »Damit hättest du nur Aufsehen erregt.«
»Obwohl es der Ort gut gebrauchen könnte.«
Ich räusperte mich und rieb mir den Hals. Er schmerzte, auch mein Kopf tat höllisch weh. Während die beiden taten, als wären sie gerade beste Freunde geworden, litt ich noch an den Nachwirkungen des Mordversuchs. »Ich brauche etwas zu trinken«, sagte ich und wollte
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