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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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gehen und mir alle Einwohner ansehen, ob sie Vampire sind. Ich kann es ja erkennen, wie ihr wisst. Wenn sie Menschen sind, gibt es keinen weiteren Vampir. Dann war der Mörder jemand, der es nur so aussehen lassen will, als wäre es einer. Und dann können wir das vielleicht auch beweisen.«
Leif dachte für einen kurzen Moment darüber nach.
»Sie hat Recht«, unterstützte mich Robert. »Sie ist unsere einzige Chance.«
Leif ließ die Pistole sinken. Ich atmete auf.
Schnell lief ich zur Treppe zu und eilte an Leif und Robert vorbei nach oben. »Dann will ich mal lieber keine Zeit verschwenden und sofort anfangen«, verabschiedete ich mich hastig und trat hinaus ins Tageslicht.
    Nur wenige Minuten später lief ich durch die Dorfstraße und rief aus vollem Hals: »Die nächsten olympischen Spiele werden in Mullendorf abgehalten! Olympia kommt! Wir kriegen ein Stadion, Schwimmbad, ein Kino, alles was dazu gehört!«
Ein paar würden mich für komplett wahnsinnig halten, andere würden es glauben. Auf jeden Fall würde jeder aus seinem Haus kommen, um Näheres zu erfahren. Leif und Robert folgten mir, um im Notfall sofort an meiner Seite zu sein. Die Aktion würde Leif zwar eine Menge Fragen zu der angeblichen Olympiabewerbung einbringen, doch das nahm er anscheinend in Kauf.
    Mein Plan ging auf. Ein Einwohner nach dem anderen kam aus der Küche oder dem Stall oder wo auch immer er sich gerade aufhielt und wollte meine Neuigkeiten hören und noch mehr dazu wissen.
»Nein, wann es genau soweit sein wird, weiß ich noch nicht, Linda«, rief ich einer dicklichen Bäuerin Anfang Vierzig zu, die am liebsten gleich einen Bikini für das Schwimmbad gekauft hätte. Sie war ein Mensch, das war eindeutig zu sehen.
»Ich brauche keine Psychopharmaka, ich bin völlig gesund. Wenn du noch nichts davon gehört hast, dann siehst du die falschen Programme«, erwiderte ich Georg, einem kräftigen Mann, der seit der Wende arbeitslos war und zu Hause nur vor der Glotze hing. Auch er war ein Mensch, obwohl er durch seinen Fernsehkonsum geistig mehr an eine lebende Leiche erinnerte.
»Wir werden euch den Brief zeigen, in dem alles drin steht.« Auch Palitzkis gehörten zu den Menschen.
»In diesem Sommer wird es wohl nichts«, sagte ich zu Gertrud, die Angst um ihre Felder hatte. »Sie werden deine Felder auch nicht in eine Weitsprunggrube verwandeln.« Mensch.
Gerd – Mensch. Philipp, der Bäcker, ein Mensch. Viviane und ihr Stiefvater – Menschen. Die Dietloffs und ihre zwölf Kinder – Menschen. Das Dorf bestand nur aus Menschen. Als ich bei Pfarrer Bernhard vorüberkam und er mich mitleidig ansah, als würde er meinen, dass die Alkoholsucht meiner Mutter wohl doch ihre Spuren bei mir hinterlassen hätte, musste ich mir wieder die Augen reiben. Er war so undeutlich zu sehen, als könne ich ihn im Sucher meiner Optik nicht richtig scharfstellen. Seine Freundin Viktoria Bernstein, die an seiner Seite stand, sah ich hingegen gestochen scharf. Doch er war kein Vampir, er wirkte weder hohl noch leer, vielleicht sogar ein bisschen voller noch als alle anderen. Das muss Gott sein, dachte ich, der ihn so ausfüllt. Dann widmete ich mich dem Rest des Dorfes, konnte aber keinen weiteren Vampir outen. Auf der einen Seite beruhigte mich das, auf der anderen bestätigte es meinen Verdacht, dass jemand es so aussehen lassen wollte, als wäre ein Vampir der Mörder.
    Als ich mit Leif und Robert bei Meyers ankam, den Eltern von Polizist Steffen, freuten die sich nicht sonderlich über die Olympiapläne, weil das ihren Sohn vor unlösbare Probleme stellen würde.
»Wenn dann die Terroristen kommen und wie in München alles hochgehen lassen«, sagte Adele Meyer entsetzt.
Ich konnte sie damit beruhigen, dass die Bewerbung noch nicht endgültig durch sei.
»Es reicht schon, wenn gleich die Mordkommission aus Gallburg hier eintrifft. Bei so viel Kriminalität fühlt man sich wie in der großen Stadt.«
»Die Mordkommission?«, fragten Leif, Robert und ich wie aus einem Mund.
»Ja. Steffen und sein Chef werden die Mordkommission aus Gallburg einschalten. Mit Grabflüchtern wollen sie lieber nichts zu tun haben. In einer Stunde sind die hier und klären den Fall der armen Josephine.«
    »Wir sind erledigt«, sagte Leif als wir wieder draußen waren
»Noch ist nichts verloren«, antwortete ich. »Es gibt wirklich keinen weiteren Vampir hier, wie es aussieht. Das heißt, es ist jemand gewesen, der will, dass es so aussieht.«
»Aber warum?«, fragte Robert.

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