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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Piel
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gemerkt.“
    „Ja, aber... im Sommer frieren die Menschen auch nicht, und sie tragen trotzdem Kleidung. Einfach weil es sich so gehört.“
    Adam zuckte mit den knochigen Schultern.
    „Wir sind keine Menschen. Deshalb gelten die Regeln der Menschen für uns nicht.“
    „Aber ihr wart alle mal welche?“
    „Ja. Aber mit dem Kuss legst du dein Menschsein ab. Du bist jetzt ein Tier in menschlichem Körper.“
    Sibil fasste sich an die heilende Schulter.
    „Du meinst...?“
    „Ja, genau. Du hast den Kuss empfangen und bist nun eine von uns. Wenn der nächste Vollmond kommt, wirst du deine erste Wandlung erleben.“
    „Tut das weh?“
    „Nein. Es ist nur sehr ungewohnt. Nach deiner ersten Wandlung kannst du dich immer verwandeln, wenn es dir beliebt. Du wirst dich schnell daran gewöhnen.“
    „Wie lange bist du schon... so?“
    Adam lächelte schüchtern.
    „Seit vier Wintern. Ich war noch ein Junge, als Raffaelus mich fand. Mein Vater hatte mich bei einem Gerber in die Lehre gegeben, der mich schlug und mir nichts zu essen gab. Ich bin ausgerissen und habe versucht, mich durchzuschlagen. Er hat mich im ersten Winter vor dem Erfrieren gerettet.“
    „Wie mich.“
    „Ja.“
    „Und du wirst dein Leben lang hier bleiben?“
    „Ich weiß es nicht. Ich gehe, wohin Raffaelus geht. Er ist mein Anführer.“
    „Aber willst du denn keinen Beruf ergreifen? Eine Frau und Kinder haben?“
    „Du denkst noch wie ein Mensch.“
    Sibil nickte.
    „Das gibt sich mit der Zeit“, sagte Adam.
    Am Abend beobachtete sie, wie Raffaelus hinüber zu Adams Lager ging. Er drehte Adam auf den Bauch und legte sich auf ihn, und binnen kurzer Zeit hatte er ihn mit seinen muskulösen Armen gepackt und an sich gezogen und stieß in ihn hinein, wie er es auch mit Sibil und Marina getan hatte. Sibil war höchst erstaunt. Sie hatte nicht gewusst, dass zwei Männer das miteinander tun konnten. Adam schien das Geschehen zu genießen, er stöhnte leise und verschränkte seine Finger mit denen von Raffaelus. Sibil sah, wie Raffaelus' Gesicht sich verzerrte. Mit einem lustvollen Schrei verausgabte er sich in Adam und brach dann keuchend auf dem Rücken des Jüngeren zusammen. Einige Atemzüge später richtete er sich jedoch schon wieder auf, zog sich aus Adam zurück und verließ das Lager. Dieser sah ihm verträumt hinterher, während er sein Geschlecht heftig rieb. Sibil verspürte einen Stich des Bedauerns. Sie hätte sich dem Jungen gerne angeboten und herausgefunden, ob auch er mit seinem schlanken, jugendlichen Körper dieses wunderbare Gefühl zwischen ihren Schenkeln hervorrufen konnte, so wie es Raffaelus in ihrer ersten Nacht getan hatte. Doch die Angst und auch Reste der menschlichen Scham hielten sie zurück. Raffaelus beanspruchte jeden im Rudel, den er wollte, und vielleicht würde er wütend werden, wenn sie seine Wege kreuzte. Nicht nur vielleicht, sicher sogar. Sie sah zu ihm hinüber, wie er sich neben Marina auf sein Lager fallen ließ. Sie nahm ihn in den Arm und küsste ihn zärtlich.
    Allein in ihrer Ecke, schlief Sibil ein.
    Am nächsten Tag brachte Roderik einen toten Mann ins Lager. Die Leiche war angezogen wie ein Köhler, die Kleidung blutverschmiert. Roderik hatte Blut im Gesicht und ein irres Glitzern in den Augen. Vor der Höhle ließ er die Leiche fallen und baute sich stolz daneben auf.
    „Frühstück“, sagte er und grinste mit abgebrochenen Zähnen wie ein Wahnsinniger.
    Raffaelus stieß ihn grob beiseite und verwandelte sich. Gleich darauf stürzte er sich auf den toten Mann, zerfetzte mit seinen messerscharfen Klauen die Kleidung und grub seine Fangzähne in den weichen, weißen Bauch des Mannes. Es gab ein Geräusch, als würde alter, mürber Stoff reißen, als die Haut des Toten sich öffnete. Blut ergoss sich in den Schnee.
    „Hm“, machte Marina hinter Sibil. „Noch ganz frisch.“ Sie verwandelte sich ebenfalls und umstrich die Futterstelle. Roderik, mittlerweile auch in Tiergestalt, näherte sich Raffaelus knurrend und wurde von diesem grob verscheucht. Während Raffaelus' Aufmerksamkeit auf Roderik gerichtet war, sprang Marina heran und riss einen Fetzen Fleisch aus der Leiche. Sibil tauchte unter Utz hinweg, der sich ebenfalls näherte, stürzte ins Unterholz und erbrach sich heftig. Als nichts mehr kommen wollte außer bitterer Galle, lehnte sie sich erschöpft an einen Baum. Die grausigen Bilder tanzten vor ihren Augen.
    Wo war sie hier? Was war sie? War das der Vorhof zur Hölle? Hatte man sie

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