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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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Erste Offizier unumwunden recht gab. Volkert konnte nicht eingreifen, denn das hätte alles bloß schlimmer gemacht, aber das Verhalten des Adligen würde, dessen war er sich sicher, noch sehr unangenehme Konsequenzen haben. Von Klasewitz schien die Brisanz dieses Themas nicht zu erkennen und machte leichtfertige Äußerungen, hinter die er – und damit auch Rheinberg – später nur schlecht zurückfallen konnte. Volkert sah, wie ein zufrieden grinsender Petronius sich schließlich verabschiedete.
Und er sah dunkle Wolken am Horizont aufziehen.

30

    Das Wetter hatte leicht umgeschlagen. Der einstmals strahlende Himmel hatte sich eingetrübt und eine Wolkendecke baute sich auf. Die wenigen Bauern, an denen die Marschkolonne vorbeizog und die nicht nur staunend den seltsamen Reisenden nachstarrten, warfen dankbare Blicke in den Himmel, denn der Boden war trocken.
Es wurde etwas kühler, was das Marschieren angenehmer machte, und die Kolonne kam gut voran. Sie waren nun schon eine Zeit unterwegs und Rheinberg konnte nur dankbar sein für das gute Straßennetz, das das Römische Reich auch zu dieser Zeit noch auszeichnete. Er wusste, dass der Erhalt dieses Netzes immer mehr nachgelassen hatte, da die Städte und Gemeinden aufgrund der hohen Steuern und Abgaben mit jedem Jahr mehr ausgeblutet wurden, Gold, das entweder in den Taschen korrupter Offizieller landete oder in der finanziell unersättlichen Maschinerie der Streitkräfte, die die Grenzen zu bewahren trachteten. Ein weiteres Problem auf der langen Liste Rheinbergs, und eines der größten, denn es hing mit zahlreichen anderen Problemen eng zusammen.
Es wurde bereits Abend und das Licht wurde aufgrund der niedrig hängenden Wolkendecke schneller trübe als sonst, da zeichnete sich die Silhouette Sirmiums in der Ferne ab. Sirmium, zu seiner Zeit nicht mehr als Ruinen, gehörte zur illustren Reihe der Kaisersitze und stand als Residenzstadt in einer Linie mit Trier, Mailand, Ravenna und Konstantinopel. Im Gegensatz zu ihren Schwesterstädten war ihr keine dauerhafte Zukunft beschert gewesen. Rheinberg hatte vor seiner Abreise in seiner kleinen Bibliothek nach Informationen gesucht und hatte feststellen müssen, dass die Stadt bis ins 12. Jahrhundert hinein als Teil des Byzantinischen Reiches eine gewisse Bedeutung gehabt hatte, aber nach der Eroberung durch die Türken aus den Geschichtsbüchern verschwand. Das lag jetzt, im Spätsommer des Jahres 378, noch einige Hundert Jahre in der Zukunft, und so präsentierte sich die Stadt, in der einst auch Marc Aurel Residenz genommen hatte, als weitläufige und durchaus ansehnliche urbane Siedlung, die von der noch verbliebenen Stärke des Römischen Reiches zeugte.
»Wir können es vor Anbruch der Nacht bis zur Stadt schaffen«, bemerkte Africanus, der neben Rheinberg an der Spitze der Kolonne ritt. »Wir sind angekündigt und kommen nicht als Überraschung.«
»Werden wir noch am Abend den Kaiser treffen?«
»Nein. Der Imperator befindet sich nicht in der Stadt. Er hat die Donau bereits überschritten und ein Feldlager errichtet. Wir werden in der Garnison übernachten und uns morgen früh auf den Weg zum Lager machen. Auch dort sind wir angekündigt.«
»Welche Reaktionen hat diese Ankündigung hervorgerufen?«
»Wir wurden zumindest nicht ausgeladen. Gratian und sein Kriegskabinett beraten derzeit, wen sie mit der Bekämpfung der Gotengefahr beauftragen wollen.«
»Sie werden Theodosius wählen«, bekräftigte Rheinberg seine Vorhersage.
»Das ist doch keine schlechte Wahl«, gab Africanus zu bedenken. »Er ist ein erfahrener Militärführer und … naja, es ist so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit, nach der Art und Weise, wie man seinen Vater behandelt hat.«
»Versteh mich nicht falsch, Aurelianus«, erwiderte Rheinberg beschwichtigend. »Was seinem Vater zustieß, war sicher Unrecht, und ja, Theodosius ist kein Idiot.«
Der ältere Theodosius, Vater des Gesprächsthemas, war ein höchst erfolgreicher und treuer General unter Gratians Vater Valentinian gewesen. Sofort nach dem Tode seines Herrn war er von seinem Kampf gegen einen aufständigen Präfekten in Afrika abberufen und unter fadenscheinigen Vorwänden angeklagt und exekutiert worden. Machtspiele bei Hofe sowie die Begleichung alter Rechnungen – der eigentliche Grund war nicht wichtig. Sein Sohn hatte damals die Zeichen der Zeit erkannt und sich auf sein Landgut nach Spanien ins Privatleben zurückgezogen.
»Er ist ein einigermaßen fähiger

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