Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
Vom Netzwerk:
Papyrus nicht entfalten, um zu wissen, von wem er stammte.
Julia!
Sein Herz klopfte, als er sich für einen Moment entschuldigte und schließlich in einem unbenutzten Zimmer verschwand, sorgsam darauf achtend, dass ihn niemand beobachtete.
Er entfaltete das Papier mit zitternden Fingern, bloß um mit großer Enttäuschung festzustellen, dass das Gekritzel für ihn nicht zu entziffern war. Er hatte recht schnell gemerkt, dass zwischen der lateinischen Alltagsschrift und den sorgsamen Inschriften an Gemäuern und Säulen ein großer Unterschied bestand und ihm das Entziffern große Probleme bereitete. Leider hatte Julia nicht an diesen Umstand gedacht.
Volkert ließ sich etwas verzweifelt auf einen herumstehenden Schemel sinken und stützte den Kopf in eine Hand, während er mit der anderen …
Die Rückseite!
Volkert sah auf. Julia hatte doch nicht so unüberlegt gehandelt! Auf der Rückseite hatte sie den – höchstwahrscheinlich gleichen – Text noch einmal auf Griechisch niedergeschrieben! Damit kam Volkert ungleich besser zurecht, und mit neu erwachtem Ehrgeiz versuchte er, die lateinischen Schriftzeichen ebenfalls zu erkennen und zu entziffern. Er hatte das Gefühl, dass er diese Fähigkeit in der Zukunft durchaus zu schätzen wissen würde. Er las den griechischen Text mehrmals, und heiße Freude stieg ihm in den Kopf. Dann hatte er, nach einer guten Stunde emsiger Versuche, auch den lateinischen Teil entziffert.
»Scribenti mii dictat Amor mostratque Cupido: A peream, sine te si dea esse velim!« »Amor diktiert mir, was ich schreiben soll und Cupido führt mir die Hand: Ach, lieber will ich sterben, als ohne dich sogar ein Gott zu sein!«
Volkert lächelte. Dann ein Datum und eine Uhrzeit: morgen, zur dritten Abendstunde. Und der Satz:
»Virum vendere nolo meom …«
Volkert grübelte. Dieser Satz fand sich in der griechischen Version nicht. Er fand die Übersetzung nach einigem Nachdenken und murmelte den Satz vor sich her. »Ich will meinen Mann nicht verkaufen …«
Was hatte sie damit nur gemeint? Die Gedanken wirbelten durch seinen Kopf. Wieso sollte sie … und warum nannte sie ihn …? Er verstand es nicht. Er hoffte, sie würde es ihm sagen, denn Datum und Zeitangabe ließen keinen Zweifel daran: Julia war noch in Ravenna, obgleich er zuletzt gehört hatte, ihr Vater habe sie auf einen Landsitz verbannt. Und sie wollte ihn treffen.
Er würde auf sie warten.
Sein Herz schlug. Er erinnerte sich an die Warnungen Rheinbergs, an seinen Status als Geisel, von der Wohlverhalten erwartet wurde. Aber was sollte er machen? Julia davonschicken? Ein verschwiegenes Gespräch konnte doch nicht schaden! Er spürte, dass sein Vertrauen in die Senatorentochter größer war als die bindende Kraft der Befehle oder der Eindruck der bösen Rüge, die er kassiert hatte.
Und er musste einfach wissen, was dieser letzte Satz zu bedeuten hatte. Alles in ihm drängte danach. Er konnte dies nicht auf sich beruhen lassen. Er würde Julia treffen. Und dann würde man sehen, ja, dann würde man sehen …
Volkert verlor sich in Gedanken, und in seinen Träumen spürte er die sanften Lippen Julias auf seiner Haut. Er hielt den Traum eine Weile fest, so wie fast jede Nacht, bevor er zu Bett ging, seit jenem fatalen Abend.
»Herr!«
Der Fähnrich schreckte auf, steckte automatisch den Zettel ein. Ein Sklave stand in der Tür.
»Herr, die anderen Herren suchen nach Euch. Besuch ist eingetroffen.«
Volkert erhob sich. »Besuch?«
»Besuch vom Bischof. Ein Gesandter des Erzbischofs!«
Es war weniger die Tatsache als solche, die in dem Fähnrich Misstrauen hervorrief – es war eher diese Mischung aus Respekt und Furcht, die aus der Stimme des Sklaven mitklang. Volkert folgte dem Mann durch die Gänge der weitläufigen Villa, bis sie in einem geschmackvoll eingerichteten Raum angekommen waren, in dem der Hausbesitzer offenbar Gäste zu empfangen pflegte. Von Klasewitz war da, Köhler ebenfalls sowie Wachtmeister Behrens.
»Wir haben schon auf Sie gewartet«, begrüßte von Klasewitz Volkert mit kritischem Unterton. »Wir haben einen Gast.«
Die Aufmerksamkeit des Fähnrichs richtete sich auf den Mann in der Kutte, der neben von Klasewitz stand und sich verbeugte. Die Höflichkeit verbarg nicht den Eindruck, den der junge Offizier von ihrem Gast bekam: Die spitze Nase, die eng beieinanderstehenden Augen, das verhärmt wirkende Gesicht, nichts davon löste bei Volkert große Sympathie aus.
»Pater Petronius ist der Bevollmächtigte des

Weitere Kostenlose Bücher