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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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Hilfstruppen hatten links und rechts vom Zentrum Aufstellung genommen, darunter auch Gratians bevorzugte Einheit, die alanische Kavallerie, mit der er selbst in Kampfspielen immer wieder seine Fähigkeiten erprobte. Dazu kamen Bogenschützen sowie Kontingente der laeti, der in den Grenzen Roms lebenden Völkerschaften, die aufgrund einer eigenen Kampfweise und Bewaffnung spezifische Einheiten bildeten. Hier wirkte die Aufstellung weniger rigide als im Zentrum, aber das täuschte: Die Offiziere der Auxiliartruppen wussten genau, was ein Schlachtplan war und wie er funktionierte, und kannten den Wert der Disziplin. Es würde keine Einzelaktionen geben.
Der linke Block der Hilfstruppen war etwas weiter vom Zentrum entfernt als der rechte. Das hatte seinen guten Grund in der Taktik, die Malobaudes und Nannienus für diese Schlacht gewählt hatten.
Weiter vorne hatten sich die Haufen des gegnerischen Fürsten Priarius versammelt. Es war eine beeindruckende Menge an Kriegern, die sich schon jetzt heiser Mut zuriefen. Ihre schiere Masse wirkte so, wie sie über die Anhöhe wogte, überwältigend und schien die kompakten Formationen der zahlenmäßig unterlegenen römischen Truppen jederzeit hinwegschwemmen zu können. Doch Gratian hatte dieses Bild schon oft gesehen. Mit fünfzehn hatte sein Vater, Valentinian, ihn auf seine Feldzüge mitgenommen und ihn gelehrt, was er konnte, ehe er selbst überraschend gestorben war. Barbaren waren immer in der Überzahl. Aber wo die Soldaten Roms im Spiel waren – eine Mehrzahl davon ebenfalls barbarischer, oft germanischer Herkunft –, siegte Qualität über Quantität, und der Kaiser war sich sicher, dass dieser Grundsatz auch diesmal Gültigkeit behalten würde.
Außerdem hatten sie weitaus mehr Speerwerfer und Bogenschützen. Die Männer des Priarius mochten alles tapfere Krieger sein – Gratian war jederzeit bereit, das zu bezeugen, denn seine eigene Armee bestand zum großen Teil aus rekrutierten Barbaren. Sie bevorzugten allerdings die direkte Auseinandersetzung mit dem Schwert, dabei konnten sie ihre körperliche Stärke und Ausdauer am besten zur Geltung kommen lassen. Die römischen Legionen standen dem durchaus nicht nach, aber wozu wertvolle Kämpfer in Gefahr bringen, wenn ein kontinuierlicher Schauer von Pfeilen und Speeren Chaos und Tod in die Feinde tragen konnte, ohne jemanden auf römischer Seite auch nur zu verletzen.
Rund hundert Meter vor Gratian und seiner Leibgarde ritten die beiden römisch-fränkischen Generäle, begleitet von Boten und Signalträgern, die mit Trompeten und Trommeln bereit waren, den Legionen ihre Befehle zu erteilen. Der ganze Aufmarsch hatte gut eine Stunde gedauert, und die Männer des Priarius hatten ihm tatenlos zugesehen. Sicher, es bedeutete mehr Prestige für den Barbarenfürsten, wenn er eine voll etablierte römische Streitmacht besiegte – so dumm jedoch konnte selbst ein notorischer Raufbold wie der Lentienser nicht sein.
Andererseits, wer war Gratian, dass er über einer glücklichen Fügung unnötig grübelte? Mochte der junge Kaiser auch überzeugter Christ sein, so hielt ihn dennoch nichts davon ab, im Stillen einen Dank an Fortuna zu entsenden. Und die Vielzahl der Götter, die dort unten von seinen Soldaten verehrt wurden, wurde derzeit sicher zahlreich angefleht.
Hörner ertönten. Gratian kniff die Augen zusammen. Priarius hatte zum Angriff angesetzt, eine brüllende, wogende Menschenmasse raste die Anhöhe herunter. Dann bedeckte mit einem Male eine Wolke von Geschossen den Himmel, als Bogenschützen ihre Pfeile abfeuerten. Das Gebrüll der angreifenden Krieger vermischte sich mit den Schmerzensschreien der Getroffenen, doch die Barbaren waren noch nicht beeindruckt und stürmten weiter voran. Eine zweite Wolke schnellte auf die Angreifer zu, diesmal waren es die Speere, geschleudert mit aller Kraft. Wieder ertönten Schreie, Schlachtrufe. Gratian sah mit Stolz, dass die Legionen völlig unbewegt und schweigend auf die heranstürmenden Krieger starrten, absolute Disziplin gewährleistet durch die Zenturionen, deren Federbüsche sich innerhalb der Formationen deutlich abzeichneten. Niemand würde aus der Reihe tanzten. Selbst der ängstlichste Rekrut wusste, dass seine Überlebenschancen in der Aufstellung weitaus höher waren als bei einer sinnlosen Flucht, die zudem aller Wahrscheinlichkeit nach mit seiner Hinrichtung enden würde.
Dann wurden erneut die Hörner geblasen. Die etwas abgerückt positionierte linke Phalanx

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