Die Ankunft
der Legionäre begann nach vorne zu marschieren, die Schilde gehoben, die Kurzschwerter bereit, mit gleichmäßigen, kontrollierten Schritten. Das Zentrum und die rechte Flanke blieben stehen. Je weiter die Legionäre vorrückten, desto mehr drückten sie in die heranstürmende Welle der Barbaren herein. Kriegsgeschrei wurde lauter, wo die Barbaren gegen die Schilde der Legionäre brachen, ihre Leiber aufgespießt mit den hervorschnellenden Klingen, und niedergehackt in den methodischen Streichen der Soldaten. Zenturionen schwangen ihre Schwerter auf die Leiber der Barbaren, kämpften an vorderster Front, neben ihnen die Signalträger, Symbolfiguren jeder Zenturie, deren Schutz die ehrenvollste Aufgabe eines jeden Legionärs war.
Eine gute Stunde verging in dieser Form, bis Gratian erkannte, wie sich die linke Flanke in die Masse der Krieger bohrte und dann leicht schräg zur Mitte hin abzuschwenken begann.
Der erhoffte Effekt trat ein. Die herunterstürmenden Kriegerhorden wurden gegen das wartende Zentrum gedrückt. Die Barbaren wehrten sich verzweifelt, sichtlich überfordert durch das taktische Manöver. Etwas Zeit verging, dann erklangen erneut die Hörner. Die rechte Flanke marschierte geschlossen vorwärts, begann langsam, die Falle zuzuschnappen. Als die Barbaren merkten, dass sie plötzlich in der Talsohle gleichzeitig von drei Seiten zusammengedrückt wurden, versuchten die ersten, dem sich bildenden Trichter zu entkommen – nur um festzustellen, dass die Kavallerie und die Bogenschützen bloß auf solche Ausbruchsversuche gewartet hatten. Die herausströmenden, sich bergauf kämpfenden oder seitlich den Hang entlangrennenden Krieger waren eine leichte Beute für die bereitstehenden Schützen oder für die heranreitenden alanischen und maurischen Kavalleristen, die mit den Flüchtenden sofort kurzen Prozess machten. Wenigen Gegnern gelang die Flucht aus der Umklammerung. Die Kriegsrufe der Lentienser verwandelten sich mit jeder Minute mehr und mehr in panisches Angstgeschrei, gewürzt mit dem wütenden Gebrüll der Häuptlinge und Kriegsführer, die verzweifelt versuchten, ihre auseinanderbrechende Streitmacht wieder zu organisieren. Doch alle Bemühungen waren vergebens. Eine halbe Stunde wog der Kampf noch dahin. Als die römischen Legionen sich zu einer einzigen, fest gefügten und langsam die Anhöhe heraufmarschierenden Front vereinigt hatten, war die Angriffswelle der Barbaren in wild umherlaufende Haufen zerfallen, einige weiterhin verbissen kämpfend, andere ihr Heil in der Flucht suchend.
Gratian nickte anerkennend. Der Tag gehörte dem Römischen Reich. Priarius war geschlagen, egal, wie sehr sich die Schlacht noch hinziehen würde. Der römische Kaiser warf einen prüfenden Blick in den Himmel. Es ging auf die Mittagsstunde zu. Die Schlacht, so effektiv und effizient sie auch geführt worden war, hatte rund drei Stunden gedauert, eine Zeit, die für den jungen Imperator wie im Fluge verlaufen war. Er hatte gelernt und sowohl Malobaudes wie auch Nannienus hatten sich als würdige Lehrmeister erwiesen.
Er wandte sich um, als er einen der Generäle auf sich zureiten sah. Es war Malobaudes, der fast fröhlich sein Schwert schwang.
»Der Sieg ist unser, edler Augustus!«, rief er schon von Weitem. Gratian winkte ihm zu. »Priarius ist gefallen! Der Feind ist in Auflösung begriffen!«
»Priarius tot?«
»Er ist und war ein Raufbold, Augustus! Seine Tapferkeit ist ihm zugleich sein Verhängnis geworden. Er wandte sich zur Flucht, als ein Pfeil ihn im Rücken traf. Seine Männer ergreifen die Flucht.«
»Das sehe ich wohl. Ihr seid Eurem guten Ruf gerecht geworden, General. Der Imperator dankt.«
Schnaufend kam Malobaudes neben dem Kaiser zum Stehen. Sein Pferd zitterte vor Anstrengung. Der General hatte sich nicht geschont und das Schlachtfeld im Hintergrunde von rechts nach links durchmessen, Befehle geschrien, Boten geschickt, begleitet von den Hornisten, die seine Anweisungen sofort in Signale umgewandelt hatten. Das sorgfältig geschmierte Räderwerk der römischen Legionen hatte einwandfrei funktioniert.
»Alle rennen sie wie die Hasen. Eure Befehle?«
»Wer sich ergibt, wird verschont. Wer kämpft, wird getötet. Wir folgen den Flüchtlingen nicht, denn es gibt Dringenderes zu tun. Ich möchte so schnell wie möglich genaue Zahlen über unsere Verluste, General. Mein Onkel kämpft im Osten gegen die Goten und benötigt Hilfe. Sobald ich mir sicher bin, dass die Lentienser uns in Ruhe lassen,
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