Die Ankunft
behutsam Fahrt aufnahm. Auch die Ruderer der Triremen legten sich ins Zeug. Mit großer Mühe konnten sie mit der Saarbrücken mithalten.
Rheinberg beobachtete die Legionäre auf den Triremen. Sie wirkten verbissen und kampfbereit, alle trugen sie Waffen und er sah eine große Anzahl an Bogenschützen bereitstehen. Es schien, als habe Navarch Renna basierend auf den Berichten des Trierachen der Augustus taktische Entscheidungen getroffen, und es waren keinesfalls die dümmsten. Die Triremen waren dem Kreuzer in allen Belangen rettungslos unterlegen, aber der Tod von Kapitän von Krautz hatte bewiesen, dass ein wohlplatzierter Pfeil auch auf einem gepanzerten technischen Wunderwerk sein Ziel finden konnte. Renna stieg in der professionellen Beurteilung Rheinbergs um einige weitere Grade an. Er fühlte, wie richtig es war, nicht die Konfrontation zu suchen.
Der Hafen von Ravenna war erreicht. Alle an Deck der Saarbrücken nahmen das prächtige Panorama in sich auf. Bis vor einigen Jahrzehnten die gesamte römische Kriegsflotte nach Konstantinopel verlegt worden war – bis auf das Geschwader des Africanus natürlich –, war Ravenna einer der beiden zentralen Marinehäfen des Reiches gewesen. Die großen Bauten, die man von See her bereits erkennen konnte, bewiesen den Reichtum und Einfluss der Stadt. Rheinberg erkannte umfangreiche Hafenanlagen mit zahlreichen Piers, an denen eine Vielzahl von Schiffen festgemacht hatte. Weiter hinten waren sakrale Bauten zu sehen, Tempel der alten Kulte reihten sich ebenso ein wie christliche Kirchen, und palastartige Stadtvillen ebenso wie Verwaltungsbauten. Alles in Rheinberg drängte danach, in diese Stadt einzutauchen und die antike Baukunst auf sich wirken zu lassen, deren Farbenpracht sich deutlich von der Eintönigkeit der Ruinen abhob, die in seiner Zeit davon übrig geblieben waren. Auf den Hafenmauern saßen die Bürger der Stadt und bestaunten das Schiff, das da in ihre Gewässer eingelaufen war. Rheinberg konnte Aufregung ausmachen, aber keine Panik, und auch die Legionäre, die überall Stellung bezogen hatten, wirkten eher selbstsicher und ruhig als ängstlich. Niemand von diesen Menschen hatte die Saarbrücken in Aktion gesehen, und das Schiff war von drei Triremen eingeschlossen – die Zuschauer mussten sich relativ sicher fühlen. Renna hatte sicher den Bericht des Kapitäns der Augustus vorerst unter Verschluss gehalten und damit Gerüchte sowie eine Panik vermieden. Ohne Zweifel ein kluger Mann.
Die Möwen kreischten, als die Saarbrücken über das ruhige Wasser des Hafenbeckens glitt. Obgleich die Stadt ihre Bedeutung als Marinestützpunkt eingebüßt hatte, wusste Rheinberg, dass im Grunde ihre wahre Blütezeit noch vor ihr lag: Als Hauptstadt Westroms würde sie Zeugin des letzten Aufbäumens des Reiches gegen die Konsequenzen der Völkerwanderung sein. Von hier würde Galla Placidia durch ihren Sohn Valentinian III. regieren, von hier würde der letzte große Feldherr Westroms, Flavius Aetius, aufbrechen, um mit den Burgundern auf den Katalaunischen Feldern Attila in die Schranken zu weisen, um ebenfalls hier wenige Jahre später durch die Hand seines eigenen Kaisers ermordet zu werden.
Alles Dinge, die Rheinberg zu verhindern trachtete. Der Tod des Aetius hatte den endgültigen Untergang Westroms eingeleitet, und exakt diese Entwicklung konnte noch aufgehalten werden. Wenn er dazu die Chance bekam.
Wenn dieser Mann dort ihm die Chance gab. Die Triremen führten die Saarbrücken auf einen völlig abgeriegelten Pier zu, auf dem es vor Soldaten wimmelte. Und direkt am Kai stand, in einem wallenden Umhang, ein hochgewachsener, hagerer Mann mit einer bemerkenswerten Hakennase, mit allen Insignien eines römischen Offiziers, umgeben von Bogenschützen und Speerträgern. Mit Anerkennung registrierte Rheinberg, dass zwei große Onager auf dem Kai aufgefahren waren. Renna hatte alle Vorkehrungen getroffen, die seine Mittel ihm boten.
Rheinberg holte tief Luft und seufzte.
»Was sollen wir tun?«, wandte er sich erneut an Africanus. »Ihn an Bord bitten oder selbst von Bord gehen?«
»Lasst ihn entscheiden«, war die lakonische Antwort des Trierachen. Er hatte offenbar nicht die Absicht, die Gedanken seines Vorgesetzten zu lesen.
Rheinberg konnte ihm das kaum übelnehmen.
Als die Saarbrücken sich an den Pier legte und die Besatzungsmitglieder Taue warfen, die von Soldaten an den Pollern festgemacht wurden, fühlte Rheinberg eine seltsame Mischung aus Erleichterung und
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