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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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ausgezeichnete Weinkeller seines Hauses ebenfalls einiges an Attraktivität ausstrahlte, vor allem, da Michellus' Klagen durch den edlen Rebensaft augenscheinlich am allerbesten zu dämpfen waren. Andererseits, wer würde derlei allen Ernstes annehmen?
»Warum nur, o mein Freund, warum nur bin ich so bestraft?«, begann das Lamento des Michellus erneut und er drehte den geleerten Becher in seinen Händen. »Warum, Symmachus, sag du es mir?«
»Ich bin kein Experte für deinen Gott«, erwiderte dieser und hob die Karaffe.
»Noch Wein, mein Freund?«
Michellus hielt ihm den Becher hin.

11

    Im Nachhinein wusste Rheinberg nicht, was er erwartet hatte. Panik? Entsetzen? Einen verzweifelten Angriff ? Vielleicht hatte er es schlicht richtig gemacht: Als in der Ferne die italienische Ostküste aufgetaucht war, hatte er Aurelius Africanus zu sich auf die Brücke gebeten. Mittlerweile hatten dessen Männer alle die etwas fremdartige Nahrung angenommen und der Trierarch hatte mit sichtlicher Anerkennung beobachtet, wie Neumann und sein Sanitätsmaat den am schwersten verletzten Überlebenden der Scipio das Leben und dabei zudem noch einige Gliedmaßen gerettet hatten. Was für ein Misstrauen der römische Kapitän auch immer in sich tragen mochte, es wurde durch ein andauerndes Staunen über das technische Wunderwerk, das die Saarbrücken für ihn ohne Zweifel war, deutlich überdeckt. Nach einer kleinen Tour durch den Maschinenraum hatte Africanus neben völligem Erstaunen auch ein verblüffendes technisches Verständnis bewiesen. Als er schließlich an einer oder zwei Stellen während der Führung eine Referenz zu Archimedes anbrachte, hatte Rheinberg endgültig festgestellt, dass dieser Mann über eine beachtliche Bildung verfügte und definitiv mehr konnte, als nur ein überdimensioniertes Ruderboot zu befehligen.
Das Einzige, was er dem Trierarch nicht gezeigt hatte, waren die Geschütze. Africanus hatte am eigenen Leibe erlebt, was diese mächtigen Waffen ausrichten konnten. Rheinberg wollte ihn beeindrucken, aber nicht weiter ängstigen. Der Mann war sein Botschafter, und er hatte die Versicherung Rheinbergs, dass er ihn und seine Männer in Ravenna sofort freilassen würde, offenbar geglaubt. Der Kapitän der Saarbrücken hatte es als absolut notwendig angesehen, einen Vertrauensvorschuss zu geben. Die Saarbrücken brauchte das Römische Reich mehr, als er selbst vor seinen Offizieren hatte zugeben wollen.
»Von hier, Trierarch, befehlige ich mein Schiff«, sagte Rheinberg zur Begrüßung. Africanus warf einen Blick auf das Steuerrad. Zusammen mit ihm hatte sich ein graubärtiger Mann mit wettergegerbtem Gesicht auf der Brücke eingefunden. Africanus hatte ihn als seinen Steuermann, Sepidus mit Namen, vorgestellt. Dem älteren Mann mit der breiten Narbe auf dem rechten Arm war das Wort »Veteran« quasi auf die Stirn tätowiert. Er mochte aus einer Zeit stammen, in der die Saarbrücken ein unerklärliches Wunder war, und sein Schiff mochte für dieses Wunder niemals eine ernsthafte Gefahr dargestellt haben, aber als er die Brücke betrat und sich umsah, mit beiden Beinen sicher auf dem leicht schwankenden Deck stehend, konnte der bedeutend jüngere Rheinberg die gleiche Aura von Autorität spüren, die auch Köhler umgab.
»Dies ist das Steuerrad. Es ist über einen Mechanismus mit dem Ruder des Schiffes verbunden. Dadurch kann das Steuer an jedem beliebigen Ort des Schiffes gebaut werden und es bedarf nur eines, es zu bedienen«, erklärte Rheinberg weiter und sah, wie der Steuermannsmaat Börsen dem Gast einen verstohlenen Blick zuwarf. Börsen war schon gut zehn Jahre auf See und alles andere als ein Frischling, er spürte die Persönlichkeit des graubärtigen Römers jedoch ebenso wie Rheinberg.
»Börsen, können Sie Latein?«
»Nein, Herr Kapitän. Bin nach der Oberprima abgegangen, Herr Kapitän.«
»Zeigen Sie es ihm trotzdem.«
Rheinberg machte eine einladende Geste, Börsen trat einen halben Schritt beiseite. Sepidus legte erst ungelenk, dann merklich sicherer seine Hände an das Steuerrad, und Börsen führte seine Bewegungen.
»Bitte um Erlaubnis, zur Demonstration einen Bogen anlegen zu dürfen«, bat der nun selbstsicher auftretende Steuermann.
»Erlaubnis erteilt, Börsen. Lassen Sie es ihn machen.«
»Übergebe Steuer wie befohlen.«
Sepidus hielt die Speichen noch leicht verkrampft, aber als Börsen ihm zeigte, wie er mit sanftem Druck das gut geölte Steuerrad drehen konnte, und als der Römer

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