Die Ankunft
grinste.
»Renna hatte seinen guten Tag. Verlasst Euch nicht darauf …«
12
»Richomer, Ihr seid ein Schwarzseher! Die Orakel irren sich nicht! Der Sieg ist uns gewiss!«
»Wir sollten warten, bis die Verstärkung eintrifft, mein Imperator. Dann können wir sicher sein, dass wir die Oberhand gewinnen werden!«
Valens, Kaiser Ostroms, sah den General misstrauisch an. Der muskulöse Germane mit seiner blank polierten Rüstung machte einen imposanten Eindruck – imposanter als der dickliche Kaiser in seiner Toga, der im Feldherrnzelt auf und ab stolzierte.
»Seid Ihr für mich, Richomer, oder gegen mich?«
»Edler Herr, Ihr kennt die Antwort. Ich habe Rom immer getreulich gedient!«
Valens schnaubte. Er blieb ruckartig stehen, warf die Arme hoch.
»Die Orakel haben mir anderes gesagt. Ich weiß, dass Verschwörungen im Gange sind. Ich weiß noch nicht, wer dahinter steckt, aber ich schwöre, das werde ich früh genug herausfinden.«
Richomer versuchte, sich seinen Unmut möglichst nicht anmerken zu lassen.
»Edle Majestät, Euer Neffe hat mich persönlich beauftragt, Euch bei Euren Vorbereitungen für die Schlacht so gut zu unterstützen, wie dies meinen bescheidenen Fähigkeiten entspricht. An meiner Loyalität zu zweifeln entbehrt jeder Grundlage. Meine Karriere ist frei von jedem Makel und ich bin Offizier, weil ich mich bewährt habe.«
Das war das Maximum, was sich selbst jemand wie Richomer an sanfter Kritik leisten konnte. Valens, seinerzeit von seinem Bruder Valentinian in sein Amt berufen, war ein Mensch, der zunehmend unberechenbarer wurde. Je älter der Stiefonkel Gratians, desto manischer sein paranoides Misstrauen, sein Vertrauen in die Orakel und desto größer die Furcht vor Umstürzen und Verschwörungen. Es war noch nicht der Cäsarenwahn, in den er sich hineinsteigerte – Valens war trotz seiner Verrücktheiten kein Commodus und kein Nero –, aber es fehlte nicht mehr viel. Die Siege gegen die Goten vor ein paar Jahren, in denen der oströmische Kaiser sich in der Tat als Feldherr ausgezeichnet und die treue Gefolgschaft des Militärs verdient hatte, waren Valens augenscheinlich zu Kopf gestiegen. Seit er den Goten den Übergang über die Donau gestattet und seit seine Untergebenen die Flüchtlinge brutal ausgenutzt und drangsaliert hatten, waren Fritigern und Alarich auf dem Feldzug, und obgleich sie es nicht schafften, befestigte Städte einzunehmen, plünderten sie die ländlichen Gegenden und hatten bisher jede offene Schlacht vermieden.
Der ewige Fluch Roms. Natürlich waren die Schikanen nicht auf Befehl von Valens erfolgt, der ein großes Interesse daran gehabt hatte, den Ansturm der Goten in friedliche Bahnen zu lenken. Aber man konnte sich nicht auf alle Untergebenen verlassen, und das galt sowohl für die zivile wie auch die militärische Verwaltung. So hatten sich die Goten erhoben und einen Krieg begonnen. Insbesondere hatten sie sich unter der Führung ihrer Könige Alarich und Fritigern bisher gar nicht dumm dabei angestellt, das war wahrscheinlich das eigentliche Problem.
Hier, vor Adrianopel, sollte sich nach dem Willen Valens' das Blatt wenden. Er hatte seine vollständigen Truppen aufgeboten, doch der Goten waren viele.
Sehr viele.
Wie manche meinten, vorsichtig, leise: zu viele.
Richomer und die anderen Generäle hatten Valens gedrängt, auf jeden Fall die Ankunft der weströmischen Legionen unter Gratian abzuwarten, um gemeinsam gegen die Barbaren antreten zu können. Doch Valens neidete dem jungen weströmischen Kaiser, der in vielem so ganz nach seinem Vater zu kommen schien, seine militärischen Erfolge und hatte sich in die Idee verstiegen, dass er allein die Goten würde schlagen können. Ruhm und Ehre – und seinen vermeintlichen oder realen Widersachern zeigen, dass er die Zügel in Ostrom fest in der Hand hielt.
»Wir haben die größte oströmische Streitmacht zusammengezogen, die es seit vielen Jahren gegeben hat«, rief Valens. »Die Kundschafter haben berichtet, dass der Goten Zahl deutlich geringer ist als erwartet! Wir werden sie in alle Winde zerstreuen und ein für allemal schlagen!«
»Edler Herr, die Kundschafterberichte sind ungenau und die Goten über eine weite Fläche verteilt! Wir können uns nicht sicher sein!«
»Feigling!«, blaffte Valens, raffte seine Toga hoch und stellte sich direkt vor Richomer, der einen Kopf größer war. »Feigling! Seit Sebastianus seinen letzten Sieg gegen Fritigern errungen hat, sind die Goten schwach und auf der Flucht!
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