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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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verhielt sich der Erste Offizier nicht mehr durchgehend wie ein Arschloch. Es schien, als habe die Landluft und die Aussicht darauf, die Gesellschaft von altem römischen Adel zu genießen, wohltuende Auswirkungen auf den Mann.
Rheinberg wurde von seinen Gedanken abgelenkt, als er von draußen aufgeregte Rufe hörte. Er scheuchte die Schneider zur Seite, sprang von dem Schemel, auf dem er gestanden hatte, und eilte durch die Kabinentür. Mit wehender Toga rannte er ins Freie und hielt sich an der Reling fest. Neben ihm standen zahlreiche andere Männer und schauten ins Hafenbecken. Die Rufe waren nicht von seinen Leuten gekommen, sondern von erbarmungswürdig aussehenden Männern auf einem großen Segler, dessen Segel teilweise zerfetzt am Mast hingen und den nur eine glückliche Strömung und ein sehr passender Wind bis hierher hatte treiben können. Zahlreiche kleinere Boote kamen auf das halbwracke Schiff zu, und am Kai herrschte Aufregung. Seile wurden geworfen, und die Ruderboote begannen, das angeschlagene Schiff auf eine freie Stelle zum Anlegen zu ziehen.
»Was rufen sie? Das ist ja ein furchtbares Gejammer!«, fragte einer der Männer Rheinberg, ohne auf dessen seltsame Aufmachung zu achten. Rheinberg hörte genau hin. Ein Ruf wurde ständig wiederholt.
»Piraten!«, übersetzte er schließlich für die anderen. »Piraten! Sie sind von Piraten überfallen worden.« Er trat zur Seite, als Africanus neben ihn trat, in seinen Augen ernsthafte Sorge.
»Trierarch Rheinberg?«
»Das war ein Piratenüberall?«
Africanus nickte bekümmert. »Sie werden immer dreister. Zwei Schiffe meines Geschwaders haben soeben den Auftrag bekommen, auszulaufen. Es ist ein Notfall.«
»Dieser Segler?«
»Nein, sein Schwesterschiff. Es wäre so schon schlimm genug, aber an Bord des anderen Seglers befand sich der junge Sohn des Präfekten von Rom, der seine Verwandten auf Sizilien besucht hatte und jetzt hier in Ravenna zur Schule gehen sollte. Er ist entführt worden. Wir befürchten eine sehr hohe Lösegeldforderung. Und all dies wirft einen großen Schatten auf unser Geschwader. Dass dies möglich war, wird Renna in Probleme bringen. Wir müssen diese Leute stoppen, ehe sie verschwunden sind.«
Rheinberg durchfuhr ein Gedanke von plötzlicher Klarheit und Logik. Er griff unwillkürlich nach Africanus' Schultern. »Ruft Renna. Bittet ihn und eine Leibwache an Bord! Und besorgt uns die Erlaubnis zum Auslaufen! Wir werden diese Piraten für Euch erledigen – und damit unsere ehrlichen Absichten unter Beweis stellen!«
Unverständnis, Misstrauen, dann Freude und Begreifen fuhren über die Züge des Trierarchen. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und rannte auf das Fallreep zu. Rheinberg drehte sich, winkte zur Brücke, wo Langenhagen wachhabender Offizier war.
»Oberleutnant«, brüllte er.
»Herr Kapitän!«
»Maschinen unter Dampf setzen! Klar Schiff zum Auslaufen!«
»Klar Schiff zum Auslaufen!«, brüllte Langenhagen zurück. Sekunden später schrillten die Bootsmannspfeifen über das Deck. Befehle schallten herüber. Wohlorganisierte, erst gestern Abend geübte Hektik brach aus. Wie gut, dass ihre jetzige Situation keinen Landgang möglich gemacht hatte. Alle waren an Bord. Alle waren gelangweilt – und damit waren alle nur zu bereit, endlich wieder etwas Sinnvolles zu tun.
Rheinberg sah an sich hinunter, auf die bloßen Füße in geflochtenen Sandalen.
Es war wohl besser, sich umzuziehen.
Zehn Minuten später stand er in Uniform auf der Brücke der Saarbrücken und beobachtete die Schneider, die fluchtartig das plötzlich beängstigend aktive Schiff verließen. Als Dahms Dampf in den Kesseln meldete, war es eine Stunde später, und das war auch nur möglich gewesen, weil der Ingenieur die Maschinen niemals völlig kalt hatte werden lassen.
Weitere dreißig Minuten später traf Renna ein, begleitet von zwölf Legionären und Africanus. Der Navarch kannte den Weg mittlerweile und gesellte sich neben Rheinberg auf die Brücke. Kaum hatten die Römer den Kreuzer betreten, hieß es auch schon: »Leinen los!«
»Wie ist die Situation, Navarch?«, fragte Rheinberg anstatt einer umständlichen Begrüßung.
»Es sind die Schiffe von Claderius«, eröffnete ihm der hagere Mann. »Er ist berühmt und berüchtigt und wird zunehmend dreister. Wir vermuten, dass er seine Basis auf Sizilien hat, aber bisher ist er uns immer entwischt. Er hat viele kleine und sehr schnelle Schiffe, greift seine Beute bloß im Rudel an. Er nimmt

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