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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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aus Rom, soweit sie in London angekommen war, er stand Verletzten bei, er hörte sich die Heldengeschichten der Veteranen am Lagerfeuer an. Drei Wochen und weitere zwei Monate lagen vor ihm, denn sein Ziel war es, jede auch noch so kleine und abgelegene Garnison zu besuchen, persönlich zu inspizieren, und die Moral der Männer zu erhöhen.
So sehr er den Respekt seiner Soldaten schätzte und alles tat, ihn sich zu erhalten und auszubauen, so sehr verabscheute er Britannien. Warum dereinst diese Insel erobert worden war – zumindest der südliche Teil –, das wusste heute sicher niemand mehr. Die Zeiten der römischen Expansion waren seit dem großen Trajan beendet, und das war bereits über zweihundert Jahre her. Britannien hatte nie etwas besessen, was für das Imperium notwendig oder hilfreich war. Es gab nur wenige Bodenschätze, dafür aber viele höchst unbotmäßige Barbaren, die eine geringe Bereitschaft zeigten, sich mit römischer Zivilisation und Lebensweise anzufreunden. Das Klima war harsch, feucht und in jeder Hinsicht unangenehm. Als der Hadrianswall erbaut worden war, wurde damit die Kapitulation des Reiches vor den Horden des Nordens in Stein und Holz gegossen; seitdem taten die römischen Truppen nichts anderes mehr, als sich des stetig wachsenden Drucks der Barbaren zu erwehren. Es gab hier nichts von Wert für Rom, außer dem Prestige und dem, was die lange römische Eroberung schließlich selbst hatte errichten können – allem voran die Provinzhauptstadt selbst, der einzige Ort auf dieser unwirtlichen Insel, der andeutungsweise das vertrat, was Maximus und seine Männer unter römischer Zivilisation verstanden.
Britannien war ein deprimierender Ort und die Männer, die hier dienten, neigten dazu, dieser Frustration Ausdruck zu geben. Desertionen hatten vor der Ankunft des Maximus zugenommen, die Moral lag am Boden. Seit der Comes von Valentinian dazu ernannt worden war, Britannien für das Reich zu halten, hatte sich die Situation erkennbar gebessert. Maximus pflegte und hegte seine Männer, zeigte persönlichen Mut in zahlreichen Scharmützeln mit Barbarenhorden, erwies sich als großzügig in Belobigungen und Beförderungen. Er war beliebt bei seinen Legionen, hatte er ihnen doch in einer tristen und trübsinnigen Lage Hoffnung gebracht.
Der feine Nieselregen, der den ganzen Morgen über geherrscht hatte, wurde intensiver; darum zog Maximus den Umhang fester um seine Schultern. Er drehte sich nicht um, als er hörte, wie jemand auf der Balustrade neben ihn trat, denn er kannte die Schritte seines engsten Vertrauten und konnte sie aus dem Getrampel Tausender heraushören. General Andragathius, Magister Equitum, einer seiner höchsten Unterführer, zog seit einer Verletzung das rechte Bein etwas nach und seitdem vor, vom Rücken eines Pferdes aus zu kämpfen. Der ältere Mann, dessen grauer Bart bereits gut durchfeuchtet war, gesellte sich zu seinem Anführer und blickte wie dieser auf den fernen, dunklen Streifen des Walls.
»Es ist alles ruhig, Comes«, sagte er mit tiefer Stimme. »Seit den letzten Angriffen haben die Barbaren wohl erst einmal genug. Wir haben mit einigen Häuptlingen Abkommen geschlossen und es sieht so aus, als würden sie diese zumindest für eine Weile einhalten wollen.«
»Wir benötigen noch einige Jahre«, erinnerte ihn Maximus und drehte sich seinem Weggefährten zu. »Die Vorbereitungen sind noch nicht abgeschlossen. Und ich will Gratian die Chance geben, seinen Fehler gutzumachen.«
Andragathius stieß ein Schnauben aus.
»Der Kaiser lässt die Männer hier verschimmeln. Seit Valentinian die Grenze wieder gesichert hat, habe ich hier keine nennenswerte imperiale Aufmerksamkeit mehr bemerkt. Gratian kümmert sich um das Kernland und hat Britannien und jene, die es verteidigen, längst vergessen.«
Maximus konnte dem nicht widersprechen. Nicht nur, dass seine eigene Karriere seit dem Tode des Valentinian nicht mehr mit der erhofften Geschwindigkeit verlaufen war, wie er es seiner Ansicht nach verdient hätte, die Unzufriedenheit in den weit von Trier entfernt gelegenen Provinzen war fast mit den Händen greifbar.
»Ich habe gestern mit einigen der Tribunen gesprochen. Beiläufig, bei Wein und am Feuer. Es war spät. Sie hatten mehr getrunken als ich«, fuhr Andragathius fort.
»Und?«
»Sie würden Euch am liebsten sofort den Purpur anbieten.«
»Es ist zu früh, mein Freund. Wir benötigen die Unterstützung aller Offiziere und aller britischen Legionen. Erst dann

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