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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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sage: ›Ziehen wir unsere Ausgehuniformen an!‹ Was gut genug für den Kaiser ist, ist gut genug für die Römer!«
Rheinberg bemühte sich, seine Ungeduld und die Art und Weise, wie der Erste Offizier seine Nerven strapazierte, nicht allzu augenfällig werden zu lassen. Die Einladung, die Africanus im Auftrage von Navarch Renna übermittelt hatte, war eine grandiose Chance, die man sich auf keinen Fall vergeben durfte. Rheinberg hatte für einen winzigen Moment erwogen, von Klasewitz mit dem Kommando über die Saarbrücken zurückzulassen, sich aber rasch dagegen entschieden. Zum einen brachte er seinem Ersten Offizier gegenüber einfach nicht genug Vertrauen auf. Zum anderen wusste er, dass von Klasewitz solche Anlässe liebte. Er hatte wohl unterschätzt, dass er sie vor allem deswegen so mochte, weil der Adlige bei den weiblichen Gästen in der zugegebenermaßen sehr schicken Marine-Ausgehuniform eine gute Figur machte.
In der Toga allerdings, die ihm die Schneider soeben umgeworfen hatten, entfaltete er keine derartige Wirkung. Unter dem Rand ragten seine bleichen und dürren Wadenbeine hervor. Auch für Rheinberg war diese Art der Bekleidung gewöhnungsbedürftig, dennoch gedachte er keinesfalls, seine Gastgeber zu düpieren, indem er diese sehr freundliche Geste ablehnte. Becker, Neumann sowie Fähnrich Volkert, die von ihm ausgewählte Delegation der Saarbrücken, hatten die neue Kleiderordnung mit Scherzen, aber völlig klaglos akzeptiert. Rheinberg hätte sich denken können, dass allein von Klasewitz Mätzchen machen würde.
Und er hatte keine Lust auf langwierige Diskussionen. Die Festlichkeit fand in vier Tagen statt, und es wurden Ehrengäste aus Rom erwartet, Senatoren, wie Africanus angedeutet hatte. Der Name des Symmachus war gefallen, und erstmals würde Rheinberg einer Person von wahrhaftiger, wenngleich tragischer historischer Bedeutung kennenlernen.
»Ich befehle Ihnen, Ihr Klagelied einzustellen!«, knurrte Rheinberg schließlich, als von Klasewitz erneut ansetzen wollte. »Sie ziehen das an! Schluss jetzt!«
»Herr …«
»Schluss jetzt!«
Rheinberg nickte den beiden Schneidern zu.
»Wir sind jetzt so weit. Machen wir weiter«, sagte er auf Latein. Dann sprach er wieder mit von Klasewitz und wechselte das Thema.
»Wie kommen wir mit dem veränderten Dienstplan voran?«
»Gut«, muffelte der Erste Offizier. »Sie haben heute Abend Ihre erste Stunde. Außerdem habe ich Neumann und Volkert eingeteilt. Es sind diejenigen an Bord, die nach eigenem Bekennen am besten sowohl das Lateinische wie auch das Altgriechische beherrschen. Ich selbst habe mich für Griechisch vorgemerkt.«
Rheinberg nickte. Von Klasewitz hatte offenbar im Lateinunterricht nicht aufgepasst, dafür war aber dessen Griechisch passabel, was ihn insgeheim überrascht hatte. Mit dem heutigen Tag waren die Dienstpläne so angepasst worden, dass jeder Tag mit zwei Stunden Sprachunterricht für Unteroffiziere und Mannschaften beginnen würde. Darüber hinaus war für jeden Sonntag etwas angesetzt worden, was Rheinberg »Römische Landeskunde« nannte und einen allgemeinen historischen, geographischen und politischen Überblick über die Zeit geben sollte – soweit Rheinbergs Erinnerungsvermögen und seine bescheidene Privatbibliothek dies hergaben. Natürlich war das alles immer noch zu wenig; sollte sich ihr Status im Laufe der Zeit verbessern, sollten Lektoren aus Ravenna diese Arbeit ergänzen. Doch darauf wollte er nicht warten. Sie mussten mit dem arbeiten, was sie hatten.
»Der gestrige Gefechtsdrill?«, hakte Rheinberg nach.
»Lief nicht schlecht«, erwiderte sein Erster Offizier und betrachtete mit Missfallen, wie der Schneider erneut an ihm herumzupfte, bis die Toga einigermaßen richtig fiel. »Die Männer von Becker wissen wenigstens, wie man Befehle befolgt, und sie haben Seebeine. Sie nützen uns nichts auf Deck, sollte es hingegen jemals zu Kämpfen gegen Enterer kommen, wissen sie jetzt wenigstens, wo sie sein sollten und wo nicht.«
»Sehr gut«, lobte Rheinberg. Der Plan für den Drill war zwar von Becker und Köhler ausgearbeitet worden, aber es schadete nichts, wenn man von Klasewitz ebenfalls hin und wieder etwas Anerkennung zollte. Nicht, dass der Mann das zur Kenntnis nahm oder daraus die Konsequenz zog, auch einmal wirklich sinnvolle Dinge zu tun. Trotzdem wollte Rheinberg sich nicht nachsagen lassen, er hätte nicht sein Möglichstes getan. Und, das musste er zugeben, seit sie Ravenna erreicht hatten,

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