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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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– unerträglich. Stinkt furchtbar nach verfaultem Fisch, passt also gut zum verfaulten Fleisch. So haben die Römer gespeist? Ich wundere mich, dass sie hier nicht reihenweise an Vergiftungen gestorben sind!«
Rheinberg verzog das Gesicht. »Von dieser Sauce habe ich einmal gelesen. Sie heißt Garum.«
»Widerliches Zeug. Woraus wird sie gemacht?«
»Das weiß ich nicht genau. Aber Fisch ist auch drin … ah, Africanus!«
Rheinberg hielt den vorbeispazierenden Trierarchen am Arm fest. Der Marineoffizier ließ sich willig in ihren Kreis ziehen.
»Bitte erklärt uns, woraus diese Fischsauce gemacht wird, die hier so verschwenderisch zu den Speisen gereicht wird«, bat Rheinberg.
»Oh, ja – ich vergaß, dass diese Küche Euch fremd sein muss«, erwiderte Africanus. »Nun, es ist ganz einfach: Garum besteht aus Makrelen und Sardellen mitsamt deren Innereien, Salzwasser und vielen Gewürzen. Das alles wird gut vermischt und dann in die Sonne gestellt.«
»In die Sonne gestellt?«
»Zum Faulen.«
»Zum Faulen?«, fragte Rheinberg noch einmal nach.
»Aber ja. Sobald die Sauce verfault ist, ist sie richtig dickflüssig geworden und hat ihren vollen Geschmack entfaltet. Dann kann sie gereicht werden. Ich erinnere mich, dass meine Mutter immer den großen Geopon zitiert hat. Der hat genau aufgeschrieben, wie Garum herzustellen sei.« Africanus stellte sich in Positur und tat, als würde er ein Gedicht vortragen. »Man salze in einem Gefäß die Eingeweide von Fischen ein und füge dem alles mögliche – kleine Fischzeug wie Sardinen, Meerbarben, Laxierfische und Seeschmetterlinge – hinzu, die man ebenfalls salzt; dann lasse man das Ganze an der Sonne ziehen, wobei man es öfters einreibe. Ist es gut durchgefault, so treibe man alles durch ein Sieb. Die Masse, die im Sieb zurückbleibt, heißt Alec; die Flüssigkeit, die durchläuft, ist das Liquamen. Oder Garum.«
Rheinberg, Becker und Neumann wechselten Blicke.
»Und … und das Fleisch, ich meine, der Braten …«
»Etwas nicht in Ordnung damit?«
Neumann lächelte schief, um die Peinlichkeit der Frage zu überspielen.
»Nun, ich dachte, es liegt vielleicht nur an mir, aber es schmeckte so, als habe das Schwein sich auch etwas länger in der Sonne befunden!«
Africanus nickte heftig. »Aber ja. Ein guter Braten, gerade am Rande der Fäulnis, noch gerade frisch und essbar, doch bereits mit dem Aroma des Verfalls, ist eine große Delikatesse. Wenn es Euch aufgefallen ist, dann hat der Koch seine Arbeit gut gemacht.«
Der Trierarch sah in die Runde und bemerkte den gequälten Gesichtsausdruck der Männer.
»Ich nehme an«, fügte er dann hinzu, »dass diese Art der Zubereitung nicht den Gewohnheiten Eurer Gaumen entspricht.«
»Das kann man so sagen«, bestätigte Neumann.
»Nun …« Africanus sah sich um. »Wie ist denn der Wein?«
Zumindest hier konnten die Männer nichts Nachteiliges sagen. Sie hatten sehr schnell herausgefunden, dass jeder Wein trank – und zwar immer. Wasser allein gehörte nicht zu den üblichen Getränken. Zwar wurde der Wein üblicherweise mit Wasser gemischt – was die alkoholisierende Wirkung deutlich verminderte –, aber Wein, selbst wenn er kaum erträglich und sauer war, war ohne Zweifel das Nationalgetränk. Die Gäste waren ziemlich beeindruckt gewesen, als Urianus in seiner Eröffnungsrede davon gesprochen hatte, dass er besten Wein aus Griechenland sowie von einigen ausgewählten italienischen Weinbergen präsentieren würde, und in der Tat, der verköstigte Tropfen war auch für die Deutschen von hoher Qualität. Neumann, der einzige wirklich passionierte Weintrinker in der Delegation der Saarbrücken, wirkte jedenfalls sehr zufrieden.
»Ich wünschte, es gäbe so etwas wie Bier«, murmelte Becker, der ganz im Gegensatz zu Neumann nicht allzu viel vom Saft der Reben hielt. Africanus sah ihn fragend an, da Becker auf Deutsch gesprochen hatte.
»Cervisia«, half Rheinberg aus. »Mein Freund hier zieht es dem Wein vor.«
Africanus' Gesicht hellte sich auf, um dann sogleich wieder voller Zweifel zu sein. »Bier ist das Getränk armer Leute und Barbaren. Aber, da meine Vorfahren aus Afrika stammen, weiß ich genau, was Ihr an diesem Getränk schätzt. Und auch die Germanen, mit denen Ihr ja verwandt seid, schätzen es sehr. Ihr werdet es allerdings kaum auf einem Fest der feineren Kreise finden, denn es ist kein Getränk von Stand. Wenn Ihr wirklich welches wollt, kann ich es besorgen – oder wir gehen mal in eine Taverne, da dürfte es

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