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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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kein Problem sein.«
Rheinberg winkte ab.
»Das ist ein nettes Angebot, wir wollen hier jedoch nicht wie Barbaren wirken. Becker wird sich beherrschen können.«
Der Infanterieoffizier nickte, wenngleich er nicht sehr glücklich wirkte. Neumann hingegen ließ sich von einem der herumlaufenden Diener aus einer Karaffe nachschenken. Er hatte bereits rote Wangen und ein wenig seiner Zufriedenheit drohte in Weinseligkeit umzuschlagen. Rheinberg warf ihm einen warnenden Blick zu.
Man verlief sich wieder in der Menge. Rheinberg stellte fest, dass nur wenige Frauen anwesend waren. Er erinnerte sich bloß vage an die Familienstrukturen im alten Rom, aber er wusste natürlich noch, dass die Stellung der Männer sehr dominierend war, noch dominierender als im Deutschen Reich seiner Zeit. Wahrscheinlich war es sogar einer gewissen Liberalität der oberen Klassen geschuldet, dass trotzdem vielleicht fünfzehn oder zwanzig Frauen zu dieser Festivität geladen waren, viele davon offensichtlich die Ehefrauen wichtiger Persönlichkeiten und einige wenige jüngere wohl Töchter des Hauses oder prominenter Gäste. Sie blieben alle meist unter sich und sprachen von selbst die Männer in der Runde eher nicht an.
Dennoch: Rheinberg fand sich immer wieder im Zentrum forschender und neugieriger Blicke von allen Beteiligten, egal welchen Geschlechts. Er war stundenlang von Gesprächspartner zu Gesprächspartner weitergereicht worden, und seine letztendlich eher unterentwickelten diplomatischen Fähigkeiten waren auf das Äußerste beansprucht worden. Dennoch glaubte er, einen positiven Eindruck hinterlassen zu haben, war durchgehend ruhig und freundlich gewesen, hatte sich um Respekt gegenüber hochgestellten Würdenträgern bemüht und pflichtschuldig über die Witze gelacht, die er hatte verstehen können. Wenn er ein Problem hatte, dann sicher noch mit der Sprache. Er gewöhnte sich zwar immer mehr an den Klang des antiken Latein und Griechisch, viele verloren geglaubte Kenntnisse tauchten aus seiner Erinnerung wieder an die Oberfläche und er sprach zunehmend flüssig. Jedoch konnte er den Gesichtern seiner Zuhörern entnehmen, dass er noch viele Fehler machte. Er verstand zudem nicht alles, und überall dort, wo die Sprache zusätzlich durch einen Dialekt oder Akzent verfremdet wurde, musste er weiterhin auf die Übersetzungsdienste Rennas oder Africanus' zurückgreifen, die ihn getreulich begleiteten. Auch die anderen Deutschen hatten diese Probleme, obgleich sich alle sehr anstrengten. Gleichzeitig waren die Römer jedoch bereit, über diese barbarisch anmutenden Defizite hinwegzusehen, und der offen geäußerte Wunsch Rheinbergs nach fähigen Lehrern aus Ravenna wurde mit gefälliger Anerkennung quittiert. Einige Vorschläge waren unterbreitet worden und Rheinberg hatte sie sorgfältig notiert.
Alles in allem fühlte er sich wohl. Viele der Ängste und Sorgen, die er sich gemacht hatte, waren verflogen. Es gab noch viele und große Herausforderungen, dessen war er sich deutlich bewusst. Aber die Chancen hatten sich jetzt sehr verbessert.
Er sah auf, als der junge Volkert auf ihn zukam. Der Fähnrich blickte etwas verlegen und ratlos drein.
»Was gibt es, Volkert?«
»Nun … Herr Kapitän … ich weiß nicht, wen ich da fragen soll.«
»Was fragen?«
»Ich müsste mal dringend wohin und ich habe keine Ahnung, ob es hier einen Lokus gibt.«
Rheinberg grinste. »Fragen Sie den Sklaven dort. Er hat mir vorhin den Weg gewiesen. Aber seien Sie nicht überrascht …«
Des Fähnrichs Blick folgte dem ausgestreckten Finger des Kapitäns und nickte beflissen, als er sich dankbar abwandte. Rheinberg sah dem jungen Mann nach. Er würde schnell feststellen, dass Stuhlgang und Geselligkeit in Rom keine Gegensätze waren.

18

    Der Weg zur Toilette war nicht weit, und obwohl Volkert nur die Hälfte der Wegbeschreibung verstanden hatte, konnte er die Lokalität letztlich dadurch identifizieren, dass er nicht der Einzige war, den es dorthin zog.
Als er den Raum betrat, erwarteten ihn drei Überraschungen. Zum einen gab es offenbar auch in römischen Stadtvillen auf der Toilette keine Privatsphäre: In einem quadratischen Raum waren in Marmorbänke insgesamt wohl zwanzig Löcher eingelassen, und über ihnen saßen bereits ein gutes Dutzend Gäste. Sie unterhielten sich angeregt. Zwei Männer in gesetztem Alter waren gar gemeinsam über ein Papier gebeugt und schienen eine geschäftliche Transaktion anderer Art zu diskutieren. Zum Zweiten musste

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