Die Ankunft
versetzt worden waren. So gesehen war es ironisch, dass wahrscheinlich gerade jener Symmachus am ehesten sein Verbündeter sein würde in dem Unterfangen, Westrom zu retten und das Reich als Werkbank der Saarbrücken zu sichern.
Einen christlichen Bürgerkrieg, wie ihn Ambrosius historisch wissentlich in Kauf genommen hatte, konnte er dabei ebenso wenig gebrauchen wie die zahlreichen Steuerprivilegien, die Theodosius dem Klerus gewährt hatte. Rom brauchte das Geld. Und Rom brauchte inneren Frieden.
Rheinberg verzweifelte an beiden Gedanken, doch es gab keine Alternative. Die Alternative, die er kannte, endete rund hundert Jahre von hier ab im völligen Zusammenbruch Westroms.
Der dritte Mann, ein sichtlich zur Fettleibigkeit neigender Römer in kostbaren Kleidern, war ihm gar nicht bekannt. Er war ihm bestimmt vorgestellt worden, die Namen und Gesichter waren jedoch so schnell an ihm vorbeigerauscht, dass er sich nicht zu erinnern vermochte.
»Rheinberg, gut, dass Ihr Zeit gefunden habt«, begrüßte Renna ihn. »Symmachus hier habt Ihr bereits begrüßt. Ich bin mir nicht sicher, ob Euch Senator Michellus vorgestellt worden ist.«
»Ich erinnere mich«, log Rheinberg und deutete eine Verbeugung an.
»Es gibt einen Grund, warum ich diese beiden Herren hinzugezogen habe«, meinte Renna nun und bedeutete allen, sich zu setzen. »Symmachus und Michellus vertreten beide die gleiche Fraktion im Senat, gleichzeitig unterscheiden sie sich aber auch in Bezug auf eine wichtige Sache: Symmachus ist ein Freund der traditionellen römischen Religion, Michellus ist Christ.«
»Katholik«, fügte der Mann hinzu und lächelte dabei. »Und das alles hier ist ein mieser politischer Schachzug des geschätzten Navarchen. Ich bin entsetzt.«
Um diesem Entsetzen Nachdruck zu verleihen, schaufelte sich Michellus eine Handvoll kandierter Früchte in den Mund und kaute sie krachend.
»Natürlich hat der geschätzte Senator recht«, kommentierte Renna. »Dieses Gespräch hat eine politische Note, weil das Auftauchen der Saravica unter Eurem Kommando eine politische Dimension hat. Wir haben durch den glücklichen Vorfall mit den Piraten erst einmal verhindern können, dass die Exorzisten und Fanatiker in Mailand allzu schnell Boden gewinnen können. Tatsächlich habt Ihr Eure Nützlichkeit unter Beweis gestellt.«
»Danke.«
»Damit bleiben aber viele Fragen offen«, fuhr Symmachus fort. Er rührte weder Wein noch Konfekt an. »Woher Ihr mit Eurem Wunderschiff stammt und was Euch hierher gebracht hat.«
Rheinberg nickte. Es war klar, dass er diesen Männern die Wahrheit sagen musste, wenn er hier weiterkommen wollte.
»Die erste Frage kann ich Euch beantworten, Senator. Die zweite … die zweite ist mir selbst ein Rätsel.«
Mit einer Handbewegung bedeutete Symmachus ihm fortzufahren.
Rheinberg suchte etwas nach Worten.
»Ich komme aus dem Landstrich, den Ihr heute Germanien nennt. Der Heimathafen, aus dem mein Schiff stammt, liegt in einem Gebiet, aus dem Euch vielleicht der Stamm der Friesen bekannt ist.«
»Friesen haben dieses Schiff gebaut?«, hakte Michellus kauend nach.
»Nein. Die Tatsache, dass der benannte Landstrich die Heimat meines Schiffes ist, ist nur die halbe Wahrheit. Der andere Teil der Wahrheit ist, dass ich aus dem Jahre 1917 stamme, gut 1500 Jahre in der Zukunft.« Ehe seine Worte eine unmittelbare Wirkung zeigen konnten oder irgendwer ihn zu unterbrechen versuchte, fuhr er rasch fort. »Ich bin kein Dämon, kein Teufelsanbeter, und ich beherrsche keine Magie. Die Saravica ist Technologie, Handwerkskunst, gebaut und entwickelt von gut ausgebildeten … Gilden. Allerdings aus der Zukunft. So, wie Rom den Barbaren überlegen ist, ist meine Heimat Rom überlegen – vielleicht nicht in Zivilisation und Kunst, aber ganz sicher im Fortschritt der Wissenschaft.«
Die Senatoren sahen Rheinberg schweigend an. Michellus hat sein Kauen für einen Moment unterbrochen.
»Wie ist das geschehen?«, fragte Symmachus schließlich. Rheinberg erzählte ihm die ganze Geschichte. Er berichtete vom drohenden Krieg zwischen seinem Reich und anderen Mächten, von seiner Mission zur Sicherung weit entfernter Provinzen – alles Konzepte, die die Römer sehr gut nachvollziehen konnten. Er berichtete über die seltsamen Phänomene, denen sie auf der Fahrt begegnet waren, und über das, was seitdem passiert war. Er ließ nichts aus.
Nachdem er seine Schilderung beendet hatte, legte sich wieder Schweigen über die Runde. Rheinbergs Kehle war
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