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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
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hinderte, seinen Sekretär forschend mit beiden Augen anzusehen.
»Eminenz, ich habe nur das berichtet, was mir zugetragen wurde. Ein seltsames Schiff unbekannter Bauart ist aus dem Nichts aufgetaucht, hat eine kaiserliche Trireme vernichtet und ist dennoch vom Navarchen in Ravenna gastfreundlich aufgenommen worden. Nun ja, zumindest hat man es nicht sogleich angegriffen.«
»Über die Herkunft ist nichts bekannt?«, vergewisserte sich Ambrosius und strich sich über den Backenbart, als müsse er sich von der Eleganz seiner Gesichtszier überzeugen.
»Das Gerücht sagt, sie kämen aus Germanien.«
»Germanien? Das erscheint mir reichlich abwegig. Und dann ein Schiff, das eine römische Kriegsgaleere vernichtet und anschließend in den Hafen zu Ravenna einfährt? Bewacht wird von den Legionären der Stadtgarnison?«
»Ein Schiff, ganz aus Metall und mit dämonischen Wunderwaffen«, bestätigte Secundus eifrig.
»Dämonische Wunderwaffen, ja?«
Ambrosius schaute nachdenklich aus den hohen Fenstern seines Studierzimmers. Der laue Sommerwind trug die Gesänge aus dem nahen Kloster in seine Mauern. »Dämonen sind immer recht praktisch, wenn man etwas nicht versteht, mein Freund.«
»Ich weiß nicht mehr als Ihr, Eminenz.«
»Mich interessiert viel mehr, was ich von den Gerüchten halten soll, dass Renna ausgerechnet den Symmachus nach Ravenna geladen haben soll. Symmachus hasst die Großstadt, und er hat seit Jahren kein öffentliches Amt mehr innegehabt. Warum er? Was steckt dahinter?«
Secundus wusste, dass diese Fragen gewissermaßen rhetorisch waren. So sehr Ambrosius als Bischof von Mailand für seine Standfestigkeit und seine Bildung auch berühmt und anerkannt war, wusste doch auch jeder, dass er vor seiner Wahl in dieses hohe Kirchenamt Politiker gewesen war, eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen hatte. Für einige Jahre war er sogar Präfekt von Aemilia-Liguria gewesen und hatte exakt hier, in Mailand, das Reich zu regieren geholfen und war darin ebenfalls sehr erfolgreich und angesehen gewesen. Der Bischof hatte trotz seines Wechsels in die Kirche niemals vergessen, woher er kam und welche politische Bedeutung die Kirche im Römischen Reich hatte, und so waren seine Fragen für seinen langjährigen Sekretär alles andere als ungewöhnlich.
»Sollen wir weitere Nachforschungen anstellen, Eminenz?«, fragte Secundus. Der Bischof zögerte mit einer Antwort. Seine Hände lagen flach auf einem Stoß Papier, an dem er seit den frühen Morgenstunden mit Secundus gearbeitet hatte. Heute hatte er sich endlich aufgerafft, um mit einer Schrift zu beginnen, die ein für alle Mal die Dominanz der Trinitätslehre über den Irrglauben der Arianer belegen sollte, und dann kamen ihm solche Dinge dazwischen. Ambrosius wünschte sich im Stillen, mehr Muße für die wirklich wichtigen Dinge aufbringen zu können, doch die Politik holte ihn ständig wieder ein.
»Das hätte sich Konstantin so sicher auch nicht gedacht«, knurrte er schließlich und begann, die Papiere zusammenzurollen.
»Wie meint Ihr?«
»Als er das Christentum förderte, hatte er gehofft, dass es als einigendes Band das Reich stärken und seinen Bestand auf immer sichern würde.«
»Oh ja«, kommentierte Secundus, erhob sich und half seinem Herrn bei der korrekten Lagerung ihrer morgendlichen Arbeit. Er wusste, was jetzt kam, es war die Litanei des Bischofs, seit er das Amt angetreten hatte, und es wurde mit jedem Jahr schlimmer. Einst war er zum Bischof gewählt worden, weil man von ihm religiöse Neutralität im Disput zwischen Arianern und Trinitariern erwartet hatte. Wenige hatten damit gerechnet, dass sich Ambrosius zu einem der stärksten und überzeugendsten Kämpfer gegen die Arianer entwickeln würde. So mancher bereute seine Wahl von damals bereits wieder.
Ehe jedoch Ambrosius ansetzen konnte, seine Grübeleien über die seltsamen Vorkommnisse in Ravenna mit einem Monolog über die Nichtswürdigkeit seiner Gegner zu verdrängen, kam ein Priester unaufgefordert in das Studierzimmer gestürmt. Der Bischof hielt in seinem beabsichtigten Tadel unmittelbar inne, denn der Mann schien gänzlich außer Atem und in großer Eile. Etwas Wichtiges war passiert.
»Eminenz, ich habe gerade eine sehr wichtige Nachricht im Palast des Präfekten mitgehört!«
»Sprich!«
»Kaiser Valens ist gegen die Goten vor Adrianopel gefallen! Die Streitkräfte des Ostens sind in Auflösung.«
Ambrosius und Secundus wechselten einen Blick.
»Ist das sicher?«, fragte der Bischof

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