Die Ankunft
nach.
Der Priester atmete schwer. »Ich habe es direkt vom Sekretär des Präfekten.
Die Nachricht ist gerade erst eingetroffen. Gratian ist bei Sirmium. Der Hof scheint in großer Aufregung.«
»Ja – ich danke dir, du kannst gehen.«
Der Mönch wandte sich um und eilte hinaus. Ambrosius trat ans Fenster und sah ins Freie.
»Valens war ein Heide. Gott hat ihn gestraft.«
Secundus sagte nichts.
»Gleichzeitig hat er den ganzen Osten für seine arianische Häresie bestraft und ihn den Händen der Goten überantwortet.«
Secundus grunzte etwas.
»Eine gerechte Strafe, würde ich sagen.«
Ambrosius wandte sich um. Secundus schwieg weiterhin.
»Du sagst gar nichts.«
»Eminenz, es mag so sein, wie Ihr sagt …«
»Aber.«
»… aber mir scheint erneut, dass wir hier ein mehr politisches, weniger ein spirituelles Problem haben.«
Der Bischof lächelte fein. »Natürlich stimmt das – und es wird sich als echte Chance für uns entpuppen. Gratian, ein Kaiser mit tiefem Glauben und rechter Gesinnung, regiert nun ganz Rom. Und egal, ob er allein weiterregiert oder einen Mann seines Sinnes einsetzt, ich sehe, dass wir eine sehr gute Chance haben, einige Kämpfe für uns zu gewinnen.«
»Der Kampf gegen die gotischen Horden?«
Ambrosius winkte ab. »Mit denen werden wir fertig. Ich rede von zwei anderen Fronten: von den Arianern und von den Anhängern der alten Kulte. Habe ich denn nicht eben davon gesprochen, dass sich Kaiser Konstantin dereinst geirrt habe?«
»Ja, Eminenz.«
»Er hat sich in noch mehr geirrt. Sein größter Fehler war, hier, in dieser Stadt, ein Edikt zu erlassen, das den Staat zu Toleranz gegenüber den anderen Religionen verpflichtet. Juden, Heiden, Häretiker – alle stehen de jure immer noch unter dem Schutz des Edikts.«
Secundus sah, wie Ambrosius unbewusst die Hände zu Fäusten ballte.
»Das Edikt muss weg«, stieß der Bischof hervor. »Und jetzt haben wir eine gute Chance, dies auf den Weg zu bringen.« Er schien einen Moment zu überlegen und das Lächeln auf seinem Gesicht wurde breiter. »Und die Tatsache, dass mein spezieller Freund Symmachus wegen unserer geheimnisvollen Besucher nach Ravenna geeilt ist, kann mir sogar noch sehr zu Diensten sein.«
Ambrosius gab sich einen Ruck. Es war ihm anzusehen, dass er einen Entschluss gefasst hatte.
»Secundus, wir müssen handeln. Als Erstes entsende einen Kurier zu Erzbischof Liberius in Ravenna. Ich möchte jedes Detail über die fremden Besucher wissen, und ich meine nicht Hörensagen, sondern alles. Er soll einen seiner besten Vertrauten zu den Fremden schicken und dieser soll sie befragen. Ich will einen vollständigen Bericht, so akkurat wie möglich.«
»Ich werde es sogleich veranlassen.«
»Das reicht aber noch nicht. Ich muss selbst etwas tun und die Gunst der schweren Stunde nutzen. Lass sofort alle notwendigen Reisevorbereitungen treffen. Ich will sogleich aufbrechen. In dieser Stunde bedarf der Kaiser geistlichen Zuspruchs und des Rates der Kirche, und ich fühle, dass Gott mich auserkoren hat, damit zu dienen.«
Er blickte in das leicht verständnislose Gesicht seines Sekretärs.
»Wir reisen nach Sirmium, und das auf dem schnellsten Wege. Wir suchen den Hof Gratians auf. Es gilt, keine Zeit zu verlieren.«
24
»Ich bin Fulvius.«
Der Römer war sicher in den späten Vierzigern und ein Berg von einem Mann. Sicher, auf seinem massiven Körper gab es durchaus das eine oder andere Pfund überflüssigen Fetts, doch davon ließ Dahms sich nicht täuschen. Fulvius war mit seiner Größe von rund einem Meter achtzig jemand, dem er nicht im Kräftemessen entgegentreten wollte. Dahms war kein schwacher Mann, ganz gewiss nicht. Der Römer war allerdings so breit wie hoch, besaß mächtige Schultern und war sich, der Art und Weise nach zu urteilen, wie er sich bewegte, seiner Kraft auch bewusst. Seine Hände wirkten wie Schaufeln, waren aufgerissen und narbig von harter Arbeit, und seine Beine, die unter der lockeren Tunika herausragten, glichen Baumstämmen. Dahms brauchte eine Weile, um sich daran zu gewöhnen, dass Hosen zwar nicht unbekannt, aber offenbar nicht beliebt waren, erst recht nicht im warmen Spätsommer des Jahres 378.
Dahms reichte dem Römer die Hand, die dieser, ohne zu zögern, ergriff. Der Griff war fest und kräftig, aber Fulvius machte keine Show daraus.
»Navarch Renna meinte, ich solle mich mit Euch zusammensetzen. Ich bin der Gesandte der Stadtgilden. Ich vertrete die Handwerker. Ich selbst bin Schmied, und das seit
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