Die Ankunft
sobald es geht, mit unseren Experimenten anfangen müssen. Letztlich, so befürchte ich, wird uns ohnehin nichts anderes übrig bleiben, als zu versuchen, die Kessel von Heißdampf auf Sattdampf umzubauen. Dadurch wird die Saarbrücken langsamer, die Hitze hingegen wird deutlich geringer und wir können auch mit schlechteren Ölen arbeiten. Das wird einiges an Arbeit bedeuten, ist aber grundsätzlich möglich.«
»Ich erwarte keine Wunder, Dahms«, bekräftigte Rheinberg und nickte Joergensen dankbar zu. »Wie lange halten unsere Vorräte?«
»Bei großer Vorsicht und niedriger Belastung der Maschinen – etwa ein Jahr. Wahrscheinlich weniger.«
»Das dritte Problem.«
»Ja, genau. Also, Stahlherstellung ist ein schwieriges Feld. Wir haben eine gute Werkstatt und gut ausgebildete Leute, und wir können für manche der notwendigen Ersatzteile möglicherweise Gussformen herstellen. Die Schwierigkeit besteht darin, dass wir leider keinen Hochofen an Bord haben. Wir können ein paar Sachen durch Gusseisen ersetzen, aber wenn es um die wirklich belastbaren Teile geht, wird uns nur Stahl helfen. Wir brauchen da keine Unmengen, dennoch müssen wir hier so etwas wie eine Stahlproduktion in Gang bringen, wenn wir den Kreuzer am Laufen halten wollen. Es wird in diesem Punkt ebenfalls in etwa einem Jahr kritisch, wenn uns nicht aufgrund von Überbeanspruchung schon vorher einiges kaputtgeht.«
»Stahl. Es gibt im Römischen Reich keinen Ofen, der die notwendige Temperatur erzeugen kann. An Eisenerz und auch an die anderen Rohstoffe kommen wir dran«, erklärte Rheinberg mit nachdenklichem Unterton. »Aber wir müssen auf über 1600 Grad erhitzen, und das geht nur …«
»… wenn wir einen Puddelofen bauen«, vervollständigte Dahms den Satz. »Dazu brauchen wir viele Arbeitskräfte, viel Platz und eine gewisse Infrastruktur. Das Prinzip ist so schwer nicht und ich denke, wir haben das nötige Wissen an Bord. Wir wollen nicht das Ruhrgebiet auferstehen lassen, uns reicht ein einziger Puddelofen, der unseren eigenen Bedarf deckt. Auch hierzu, Herr Kapitän, brauchen wir den sicheren Hafen. Sie müssen sich mit dem Kaiser arrangieren.«
»Ich arbeite daran. Gut, das sind drei drängende Probleme. Jetzt noch ein paar weitere: Waffen und Munition.«
Dahms legte seine Stirn in sorgenvolle Falten.
»Wir können kaum die Munition für unsere Gewehre herstellen. Auch die Kanonen dürften kaum möglich sein. Wenn wir Stahl haben – vielleicht. Letztlich aber werden mit der Zeit mehr und mehr Gewehre irreparabel sein. Ich habe daher einen ganz anderen Vorschlag.«
»Wir hören.«
Dahms holte tief Luft.
»Im Grunde gilt das, was ich jetzt sage, letztendlich für alles, Herr Kapitän. Auch für die Saarbrücken. Selbst, wenn alles perfekt läuft, glaube ich nicht, dass wir unser Schiff mehr als drei oder vier Jahre funktionsfähig halten können. Bis dahin brauchen wir eine Alternative. Und die kann nur darin liegen, dass wir Abstriche machen.«
»Was für Abstriche?«, wollte nun Becker wissen.
»Wir müssen für uns einen technologischen Schritt zurückmachen auf ein Niveau, das freilich für die Römer immer noch einen gigantischen Sprung nach vorne darstellt. Wir müssen sehen, was sich mit lokalen Mitteln herstellen lässt, wenn wir das richtige Wissen vermitteln. Da wären zum einen die Werkstoffe: Bronze ist kein Problem. Wir können alles aus Bronze bauen, sogar Dampfmaschinen. Lasst uns Dampfmaschinen bauen und neue Schiffe entwickeln – Holzschiffe. Lasst uns statt MGs und Sturmgewehren daran denken, was wir mit hiesigen Mitteln realistisch in großer Stückzahl bauen können – Schwarzpulver können wir schnell und in großen Quantitäten herstellen. Wir haben Bronze. Wir haben wahrscheinlich einen Haufen durchaus fähiger Schmiede.«
»Musketen«, murmelte Becker. Dahms nickte ihm strahlend zu. Becker hingegen schien diese Begeisterung nicht durchweg zu teilen.
»Wir können die gesamten verdammten Legionen mit Musketen ausstatten«, meinte der Oberingenieur eifrig. »Wir können gusseiserne Kanonen bauen und entsprechende Kugeln fertigen, Treibsätze aus Schwarzpulver. Wir können professionellen Bergbau beginnen – mit einer Bronzedampfmaschine können wir einen Generator antreiben und Licht erzeugen, Wärme oder auch Eis machen. Wir können Pumpen bauen und Stollen in die Berge treiben. So vieles ist möglich. Wir müssen nicht einmal gleich Kanonen bauen, wir fangen mit Dampfkatapulten an.«
Rheinberg blickte sinnierend
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