Die Ankunft
gut fünfundzwanzig Jahren. Mir gehört die größte Schmiede in der Stadt, ich habe zweiundzwanzig Männer, die für mich arbeiten, und ich besitze zwei Manufakturen außerhalb der Stadtmauern, die ich für das Reich leite.«
Dahms wusste mittlerweile genug über die Besitzverhältnisse im Reich, um zu erahnen, dass Fulvius möglicherweise tatsächlich Eigentümer der Schmiede war, die Manufakturen jedoch, so sie zur Waffenherstellung dienten, nur im Auftrag des Kaisers leitete. In jedem Falle war er der richtige Mann, wenn er einigermaßen Kenntnisse über die anderen Handwerksbereiche hatte. Die Handwerker Roms waren in Gilden und Zünften organisiert, und die zunehmend restriktive Gesetzgebung des Reiches erlaubte es Söhnen nur, den Beruf ihres Vaters auszuüben, um Engpässe durch individuelle Vorlieben zu verhindern. Rheinberg hatte ihm erklärt, dass dies zu den Gesetzesreformen gehört hatte, die eingeführt worden waren, um vor allem die Versorgung der Armee zu gewährleisten. Niemand musste Dahms erklären, dass dies letztendlich mit großen Einbußen in der Produktivität erkauft worden war. Noch etwas, was sie ändern mussten, wenn das Reich langfristig erhalten bleiben sollte.
Später.
»Ich freue mich, Euch kennenzulernen«, erwiderte der Marineingenieur die Begrüßung. Die intensiven Stunden mit Volkert und Neumann hatten zumindest seine Griechischkenntnisse deutlich verbessert, und Fulvius schien mit dieser Sprache genauso vertraut zu sein wie mit Latein. »Bitte, folgt mir!«
Dahms führte den Mann die Niedergänge hinab in den Bauch der Saarbrücken. Das beinahe andachtsvolle Schweigen des Handwerkers sagte alles. Als sie den Maschinenraum betraten und vor einem der beeindruckenden Dampfkessel standen, stand Fulvius der Mund offen. Dahms setzte sich und ließ dem Mann Zeit, die ganzen Eindrücke in sich aufzunehmen. Jetzt Erklärungen zu geben, wäre verlorene Liebesmüh. Es passte gut, dass die Expansionsmaschinen unter geringem Druck im Leerlauf liefen, um jederzeit den Hafen verlassen zu können. So konnte er Fulvius das ganze Spektakel anbieten.
Er schaute ihm ins Gesicht, als der Römer sich schwer neben Dahms niederließ.
»Keine Magie, mein Freund«, sagte der Ingenieur. »Ich bin vom gleichen Schlage wie Ihr, ein Schmied. Ein besserer Schmied lediglich in dem Sinne, dass mir meine Lehrer mehr haben beibringen können als Euch die Euren, aber ich stand an der Werkbank und habe den Hammer geschwungen wie Ihr. Keine Magie.«
Fulvius wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Dies ist bedrückend, überwältigend«, stieß er schließlich hervor und konnte seine Augen nicht stillhalten. Forschend schienen sie jedes technische Detail in sich aufsaugen zu wollen. »Aber es ist eine Maschine. Daran besteht kein Zweifel. Eine Maschine.«
Er blickte nun Dahms direkt an. »Ihr habt sie gebaut?«
»Nein«, lachte der Ingenieur. »Ich könnte das nicht alleine. Ich habe sie auch nicht entworfen oder bauen lassen. Ich sorge nur dafür, dass sie funktioniert, und muss daher begreifen, wie sie funktioniert.«
Fulvius nickte verständnisvoll. »Ihr könntet jedoch eine bauen, wenn man Euch die nötigen Männer gäbe!«
»Ja, das könnte ich. Und das ist einer der Gründe, warum mein Trierarch den Navarchen gebeten hat, den Kontakt mit Euch herzustellen.«
Das begierige Glitzern, die kaum verhaltene Begeisterung in Fulvius' Augen sprach Bände. Genauso wie Aurelius Africanus nur noch schwer von der Brücke der Saarbrücken zu bekommen war, hatte der Schmied Feuer gefangen, fast im wahrsten Sinne des Wortes. Über 1500 Jahre trennten sie, aber Dahms spürte unmittelbar die tiefe Seelenverwandtschaft zwischen sich und diesem so ungelenk wirkenden Mann. Sie waren beide aus dem gleichen Holz geschnitzt.
Nein, verbesserte sich Dahms unwillkürlich. Aus dem gleichen Metall gehämmert, wenn er schon im Bild bleiben wollte.
»Sprich, Dahms. Sag mir, was du wissen willst!«
Die Männer lächelten sich an, jede falsche Formalität war verflogen. Der Geruch von Schweiß, Öl und Dampf schwängerte die Luft. Ein Heizer kam herein, das Gesicht verschmiert, den glänzenden Oberkörper völlig entblößt, die wilde Brustbehaarung nass auf der Haut klebend. Johann Meyer war nicht bloß ein Heizer, er war auch noch Schmiedegeselle im zivilen Leben gewesen. Dahms winkte ihn herbei.
»Fulvius, dies ist Johann, ein Schmied wie du.«
Unglücklicherweise hatten die bisherigen Lateinlektionen bei Johann, der sonst ein begabter
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