Die Ankunft
beide in frischen Tuniken. Sie hatten eigentlich die Saarbrücken verlassen, als der Kreuzer erstmalig angelegt war. Die Tatsache, dass die Wachen sie hatten an Bord kommen lassen, erinnerte ihn daran, dass er dem Fischer noch etwas schuldig war.
»Ich freue mich, dass Ihr mich besucht«, begrüßte Rheinberg ihn herzlich. »Wir laufen aber in Kürze aus und ich habe nicht viel Zeit.«
Marcus winkte ab. »Ich möchte Eure Zeit nicht lange beanspruchen, Trierarch. Ich habe gehört, dass Ihr eine große Tat vollbracht habt, indem Ihr einen berüchtigten Piraten zur Strecke brachtet.«
»Wir haben einiges gutzumachen«, entgegnete Rheinberg.
»Nun, vielleicht«, sagte Marcus gedehnt und Rheinberg fühlte sofort, dass die Verhandlungen begonnen hatten. Er verkniff sich ein Lächeln.
»Was kann ich für Euch tun, Marcus«, fragte er nun direkt. »Wir hatten seit jenen Ereignissen keine Zeit, noch einmal miteinander zu sprechen.«
»Es gibt in der Tat etwas, um das ich Euch bitten möchte«, setzte der Fischer an. Da er bei diesen Worten seine Hände, die er auf die Schultern seines Sohnes gelegt hatte, fester auf die Knochen Marcellus' drückte, ahnte Rheinberg bereits, dass Marcus keine Wünsche für sich hatte.
»Sprich!«
»Ich habe viele wundersame Dinge auf Eurem Schiff erblickt, Trierarch. Sehr wundersame Dinge, die ich nicht verstehe und die ich mein Lebtag nicht verstehen werde. Ich habe das Gefühl, dass eine neue Zeit angebrochen ist.«
»Da bin ich mir noch nicht sicher. Vieles wird davon abhängen, was wir in naher Zukunft erreichen werden.« Rheinberg blieb vage. Dass sie zum Kaiser aufbrachen, war zwar nicht geheim im strengen Sinne des Wortes, aber auch noch nicht in irgendeiner Form öffentlich bekannt gegeben worden.
»Dennoch, dieses Gefühl habe ich«, beharrte Marcus. »Ich möchte Euch daher bitten, meinen Sohn Marcellus als Schiffsjungen auf Euer Schiff aufzunehmen. Er ist fleißig und verständig. Er kann arbeiten und benötigt wenig Schlaf. Eine Ecke und eine Decke werden genügen als Schlafstatt. Er isst nicht viel. Bitte, ich möchte, dass er von Euch lernt, und von Euren Männern. Diese … Maschinationen, diese Werkzeuge, all dies ist mehr, als wir Römer kennen. Ich will, dass Marcellus all das lernt.«
Rheinberg nickte gemessen. »Ihr versteht, Marcus, dass dies hier in erster Linie ein Kriegsschiff ist und alle Besatzungsmitglieder Soldaten?«
»Ja, Trierarch. Das verstehe ich wohl.«
»Und wir sind, zumindest bis jetzt, weder römische Bürger noch offizielle Mitglieder in den Streitkräften des Reiches.«
Marcus lächelte fein. »Mein Gefühl sagt mir, dass sich das bald ändern wird.«
»Das Gegenteil kann ebenfalls eintreten.«
»Der Nutzen überwiegt das Risiko.«
Rheinberg sah nun den Knaben an, der der Konversation mit unbewegter Miene gefolgt war. »Was denkst du, mein Sohn?«
»Ich tu, was mein Vater sagt.«
»Das habe ich nicht gefragt.«
Marcellus sah seinen Vater fragend an, der offenbar nichts dagegen hatte, dass sein Sohn offen und ehrlich sprach.
»Ich habe Angst, Trierarch«, sagte Marcellus schließlich. »Aber ich will mehr werden, als ein Fischer.«
Die Art und Weise, wie der Stolz in Marcus' Augen funkelte, zeigte, dass dieser Ehrgeiz durchaus im Sinne des Vaters war.
»Und ich will kein Soldat sein«, ergänzte er mit fester Stimme. Marcus' Blick heischte nun um Entschuldigung. Doch Rheinberg gefiel der Junge. Er sah sich einem ungewissen Schicksal auf einem seltsamen Schiff mit noch seltsameren Männern gegenüber, und trotzdem hatte er genug Mut, seinen Willen zu artikulieren.
»Du bist ohnehin zu jung, um bei uns Soldat zu werden«, erwiderte Rheinberg. Ehe die Enttäuschung in Marcus' Gesicht zu stark werden konnte, hob er eine Hand. »Du bist aber nicht zu jung, um bei uns in die Lehre zu gehen. Du bist bereit, zu arbeiten und zu schwitzen?«
Eine rhetorische Frage. Marcellus hatte während seines Aufenthaltes auf der Saarbrücken in jeder freien Minute den Maschinenraum aufgesucht und die großen Expansionsmaschinen bewundert. Dahms hatte ihn schon als Maskottchen annehmen wollen. Und Marcellus hatte sich mit den anderen Schiffsjungen, die größtenteils im Maschinenraum als Ölaffen arbeiteten und für die ständige Schmierung der großen Maschine sorgten, schnell angefreundet. Sie waren in etwa in seinem Alter.
Rheinberg würde ihm diesen Wunsch auf etwas andere Art und Weise erfüllen. Marcellus war eine Chance, und das Schicksal als Ölaffe wollte er ihm
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