Die Ankunft
Kanal ein und drehte die Lautstärke hoch, bis die seltsame Stille im Wohnzimmer von dem Surroundton vertrieben worden war. Ich klappte mein Handy auf und wählte REEDY . Megan hob sofort ab.
» Hallo?«
» Hi!«, zwitscherte ich unnatürlich. Ich hustete und versuchte es mit einer tieferen Tonlage. » Hey, stehst du gerade in der Nähe eines Fernsehers?«
» Ähm, ja«, antwortete Megan. » Warum?«
» Na ja, wir haben uns schon seit Ewigkeiten keinen Film mehr per Handy angeschaut, also dachte ich mir, wenn du nichts anderes vorhast, könnten wir das jetzt tun.«
Schweigen.
Ich biss mir auf die Unterlippe und wartete.
» Können wir machen. Ich war sowieso nur im Internet.«
Ich atmete erleichtert aus und lächelte in mich hinein. Okay. So weit, so gut. Megan klang wenigstens nicht irgendwie entnervt. Tatsächlich konnte ich aus ihrer Stimme beinahe ein Grinsen heraushören.
Am anderen Ende der Leitung knackte es, und ich hörte, wie sich Megan auf den Weg zum Fernseher machte. Ich legte den Hörer an das andere Ohr.
» In Ordnung, was sehen wir uns an?«, wollte Megan wissen.
» Such nach Düstere Legenden«, erwiderte ich. » Das ist wie eine schlechte Fan-Fiction-Version von Scream, also bereite dich schon mal darauf vor, gnadenlos darüber herzuziehen.«
Megan lachte. » Spielt irgendjemand Berühmtes mit oder ist das einer von den Filmen, der als einziger auf den IMD b-Seiten des Schauspielers vorkommt?«
» Da spielt tatsächlich Joshua Jackson aus Fringe – Grenzfälle des FBI mit«, sagte ich. » Und der Leadsänger von Thirty Seconds to Mars. Irgendwann im letzten Jahrzehnt beschlossen sie, auch noch ihre Haarschnitte zu tauschen.«
» Abgefahren.« Megan lachte.
Wir sahen uns die Eröffnungssequenz an, kreischten vor Vergnügen, als wir in dem stotternden Tankwart die Horrorfilm-Ikone Brad Dourif erkannten, und fragten uns lautstark, wie intelligent der Killer wohl sein musste, wenn er jemanden köpfte, der gerade den Wagen fuhr, in dem er selbst auch saß. Dann spotteten wir ausgiebig über ein paar wirklich grottenschlecht gespielte Passagen. Eine halbe Stunde lang fühlte sich alles wieder ganz normal an. Auf diese Art hatten wir schon tonnenweise Filme angesehen – nicht immer via Handy, sondern manchmal auch während des Chattens, doch wenn wir nicht zusammen abhängen konnten, war das die nächstbeste Alternative. Nichts fand ich witziger, als einen Film zu finden, von dem Megan noch nie gehört hatte, und ihren unmittelbaren ersten Eindruck mitzuerleben – und heute Nachmittag war sie wirklich in Höchstform.
» Mann, diese Hauptdarstellerin ist eine totale Schlaftablette«, sagte sie am Handy. » Die raubt einem ja den Lebenswillen. Der Typ im Pelzmantel kann gerne bei mir vorbeischauen und mich am nächsten Baum aufknüpfen.«
Ich lachte. » Ja, nicht wahr? Es wäre mir lieber, wenn ihre Zimmergenossin, diese Pseudo-Horrorfilm-Ikone Danielle Harris, die Hauptrolle spielen würde. Keiner rechnet damit, dass das grimmige Gruftimädchen überlebt.«
» Warte mal, die kenne ich«, erwiderte Megan. » Danielle Harris ist … ähm …«
Ich setzte mich auf meine abgewinkelten Beine und lächelte, obwohl Megan das nicht sehen konnte. » Komm schon, du weißt es.«
» Oh! Hat sie in den neueren Halloween-Filmen das kleine Mädchen gespielt?«
Ich lachte erneut. » Ich bin stolz auf dich. Die Schülerin wird zur Meisterin.«
Megan kicherte – kicherte tatsächlich! – angesichts des Klischees, dann schwiegen wir beide kurz. Aus dem Fernseher und durch mein Handy erscholl noch mehr schlechte Schauspielkunst, dazu Megans leises Atmen.
» Weißt du, Em, ich vermisse das«, sagte Megan einen Augenblick später leise. » Ich fing an zu glauben …«
» Ich weiß«, sagte ich. » Ich habe das auch vermisst. Ich hatte in letzter Zeit einfach zu viel um die Ohren, um … na ja, um abzuhängen.«
» Tja, du weißt ja, wie du mich erreichen kannst, wenn du Lust hast. Das hier ist viel produktiver, als den ganzen Nachmittag in irgendwelchen Foren die Fan-Tiraden irgendwelcher Jungs zu lesen, zumindest was mich betrifft. Wer weiß, vielleicht stehst du ja drauf.«
Ich grinste und wickelte mich fester in die Häkeldecke ein. » Nein, auf Tiraden kann ich gerne verzichten. Hey, warte mal, ich glaube gleich stirbt jemand.«
Wir konzentrierten uns wieder auf den Film. Megan ging gerade auf Tara Reids dubiose schauspielerische Fähigkeiten los, als das Handy an meinem Gesicht summte. Vor
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