Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson
Vom Netzwerk:
beiden habt nach unserem fehlenden Rudelmitglied gesucht?«
    » Natürlich«, sagte Spencer. » Ich wollte mit dir darüber reden, aber du hast heute so geistesabwesend gewirkt.«
    Ich rückte näher an ihn heran, ließ mir seinen Duft in die Nase steigen und lächelte. » Tut mir leid. Inzwischen geht es mir besser.«
    » Hast du dich von unserem großen Abend erholt?«, fragte mich Dalton.
    Spencer reagierte als Erster. » Hä? Großer Abend?«
    » Ähm, er meint die seltsame Konfrontation mit seinem Vater«, erwiderte ich schnell.
    Dalton wollte noch weitersprechen, doch verpasste ich ihm unter dem Tisch einen Tritt. Er presste die Lippen zusammen.
    » Oh«, sagte Spencer und schaute zwischen uns hin und her. » Ja, er war etwas barsch.«
    Jemand klopfte mit einem Stift auf den Tisch, und als wir drei hochfuhren, entdeckten wir, dass uns die Bibliothekarin anstarrte. Sie sah dünn und zerbrechlich aus, ihre Drahtgestell-Brille saß schief auf ihrer Nase, und ihr Haar war ganz aufgebauscht.
    » Wenn ihr euch unterhalten wollt, würde ich das Einkaufszentrum vorschlagen …«, sagte sie kühl. Als sie Dalton erkannte, hielt sie in ihrer Rede inne. » Oh! Dalton! Entschuldige, mein Lieber, ich hatte dich gar nicht erkannt. Es war recht einsam hier ohne dich, um mir beim Einräumen der Regale zu helfen.«
    Dalton grinste sie an. » Ich habe Sie auch vermisst, Ms Levine. Vielleicht kann ich morgen vorbeischauen, um Ihnen zu helfen. Dann kommen Sie früher ins Wochenende.«
    Ms Levine errötete und legte sich eine Hand an die Kehle. » Das wäre wunderbar, Dalton, aber …« Nachdem die Bibliothekarin den seltsamen Blick aufgefangen hatte, den ich ihr zugeworfen hatte, räusperte sie sich. » Wie auch immer. Ich weiß, du bist aufgeregt, weil du wieder in der Schule bist, aber versuch bitte, etwas leiser zu sein.«
    Dalton nickte. » Natürlich, Ms Levine.«
    Die Bibliothekarin entfernte sich, und Spencer prustete, während er versuchte, sich das Lachen zu verkneifen. » Mann, die Hälfte der Lehrerinnen hier fährt total auf dich ab.«
    Dalton beugte sich über den Tisch. » Halt bloß die Klappe, das stimmt doch gar nicht.«
    Ich lächelte. » Okay, wie wär’s, wenn wir mit der Arbeit anfangen? Vielleicht? Außer ihr beiden Jungs wollt euch noch darüber unterhalten, mit welchen Lehrerinnen ihr gerne etwas anfangen würdet.«
    Das wollte keiner von beiden. Wir schnappten uns jeder ein Buch.
    Es gab eine erstaunliche Anzahl von Informationen zu Schattenmännern – zumindest aus volkskundlicher Sicht. Sie hatten viele Namen – Schattenvolk, Schattenwesen, Schattengeister. In Büchern über paranormale Phänomene hieß es, dass es sich möglicherweise um Geister oder Dämonen handelte, die uns heimsuchten, indem sie uns in einiger Entfernung aus dem Augenwinkel jemanden sehen ließen und uns einen Schrecken einjagten – um uns dann beim Umdrehen feststellen zu lassen, dass da niemand war.
    In einem dieser Bücher war die Darstellung eines Künstlers von einem Schattenwesen. Es handelte sich um eine Tuschezeichnung mit verworren wirkender Wischtechnik und festen Strichen, die andeuteten, dass die Gestalt in der Ecke eines Schlafzimmers stand. Einfach nur dastand. Wartend. Schnell blätterte ich um.
    Dann gab es noch wissenschaftliche Erklärungen, denen ich meiner Meinung nach die größte Aufmerksamkeit widmen sollte. Meine eigene Verwandlung hatte sich als wissenschaftliches anstatt als paranormales Phänomen erwiesen. Und Geister waren so ziemlich der Inbegriff des Paranormalen.
    Die wissenschaftlichen Erklärungen erwiesen sich jedoch als völlig unzureichend. Sie behandelten Gehirnzustände, die uns dazu verleiteten, in unserem peripheren Sehen Schatten als uns bekannte Formen wahrzunehmen, des Weiteren Menschen, die im Zustand einer Schlafparalyse weiterträumten, obwohl sie bereits teilweise wach waren und deren Unterbewusstsein um sie herum unheimliche Bilder heraufbeschwor. Letzteres klang besonders beängstigend, ließ sich aber leicht als » nicht real« abtun. Meine Schattenmänner waren jedoch durchaus real. Ich sah sie aus dem Augenwinkel, und anschließend stürzten sie sich schonungslos auf mich. Na ja, vielleicht konnte ich mir ja einreden, dass mir mein Gehirn hier lediglich einen Streich spielte – abgesehen davon, dass Spencer sie auch gesehen hatte. Ganz zu schweigen davon, dass ich einen von ihnen berührt hatte. Die Werke erwiesen sich also, ebenso wie die Werwolfbücher, als absolut nutzlos.

Weitere Kostenlose Bücher