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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Sampson
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abzubremsen. Meine Turnschuhe wirbelten eine Staubwolke auf.
    Dalton war stehen geblieben. Zwar nur einen Moment lang, doch lange genug, um eine Woge seines Dufts zu hinterlassen.
    Ich schnüffelte, drehte mich um und fand die Spur wieder. Aus irgendeinem Grund war er scharf links abgebogen und in östliche Richtung gelaufen. Er lief nicht nach Hause. Er ging irgendwo anders hin. » Was führst du im Schilde, du verrückter Kerl?«, murmelte ich. Ich seufzte, von seinem impulsiven Verhalten genervt, auf und setzte die Verfolgung fort. Nachdem ich mich zwischen ein paar Bäumen hindurchgezwängt hatte, erreichte ich eine Straße. Ich hielt an und ging an der Baumgrenze in Deckung. Ich kannte die Gegend nicht, wusste jedoch, dass sie noch innerhalb der Stadtgrenze Skopamishs liegen musste. Sie wirkte ländlicher, mit weiter voneinander entfernt stehenden Häusern, die durch Wäldchen voneinander getrennt waren. Ich schaute nach links und rechts und sah ein Straßenschild: East Knowe. Ich betrachtete das Haus vor mir. Es war ein eingeschossiges Haus im Ranch-Stil, wie man sie in Kalifornien findet. Eine Ranch eben. Daltons Spur führte über die Straße und schlängelte sich hinter das Haus. Entweder war er zu den Wäldern dahinter gerannt oder er war an seinem Ziel angekommen. Ich schaute in beide Richtungen, um sicherzugehen, dass kein Auto kam, und schoss dann über die Straße, wo ich neben besagtem Haus in Deckung ging. Drinnen brannte weder Licht noch stand ein Wagen in der Auffahrt. Ich begab mich zur Rückseite des Hauses – und hörte Dalton, wie er an einem Fenster schnüffelte und mit den Klauen über die Scheibe kratzte. Ich ging um die Rückseite des Hauses herum und sah ihn, wie er aufgerichtet dastand und mit einer Pfote an einem Schlafzimmerfenster scharrte, durch das fahles gelbes Licht drang. Er war größer als Spencer oder ich, wenn wir uns verwandelten, was wahrscheinlich daran lag, dass er uns auch in menschlicher Gestalt überragte. Mein Blick verfinsterte sich. Ich war entnervt. Tagsüber war der Kerl ja in Ordnung, doch nachts verwandelte er sich im Handumdrehen in einen totalen Idioten. Wenn er zu meinem Gefolge gehören wollte, musste er, verdammt noch mal, lernen, sich in den Griff zu kriegen. Zum ersten Mal konnte ich tatsächlich einen genauen Blick auf einen von uns als Wolfs-Menschen werfen – Spencer und ich waren so damit beschäftigt gewesen, gegen Dr. Elliott zu kämpfen, dass ich mir dafür keine Zeit genommen hatte. Wir sahen aus, als wären wir aus American Werewolf entsprungen, aufrecht stehend wie große Menschen, mit verlängerten Fersen wie bei einem Hund. Daltons Brust war breit, sein Bauch flach und muskulös. Seine langen Arme waren im Wesentlichen menschlich, abgesehen von den Klauen vorn an den Fingern. Und natürlich war da der Schwanz, der am Ende seines Rückens heraustrat. Die lange Schnauze und die spitzen Ohren stammten von einem Wolf. Ebenso wie das glatte schwarzbraune Fell, dass ihn von Kopf bis Fuß bedeckte. Als ich so dastand, regte sich etwas in mir. Genauso wie in der Nacht zuvor. Ich war noch immer die Nächtliche Emily und als diese verfügte ich über ihre Stärke. Doch begann ich, alles in Wolfsgrau zu sehen. Und das Gehirn von Tagsüber-Emily kehrte zurück und mischte sich unter die beiden anderen, so gut es ging. In diesem Zustand, diesem seltsamen, vorübergehenden Mischzustand, der alles und nichts zugleich war, betrachtete ich Dalton und was aus ihm geworden war – was aus mir geworden war. Gegen meinen Willen rang ich nach Luft und wurde von einem Gefühl der Ergriffenheit erfüllt. Es war überwältigend. Ich wusste, dass meine Tagsüber-Persönlichkeit, also ich selbst, bevor all dies geschehen war, das Abbild einer Wolf-Mensch-Mischung als abstoßend und furchterregend empfunden hätte. Doch in meinem Gehirn machte etwas klick und sagte mir: Das bist du. Das sind deine Gefährten. Finde sie. Bring sie zusammen. Ich konnte nicht anders, als mein Rudel und das, was wir waren, zu lieben. Diese unglaublichen Wesen, in die sich nur eine Handvoll von uns verwandeln konnte.
    Ich fragte mich nun, ob mir dieses Gefühl, dieses Hochgefühl, eingepflanzt wurde. Fest installiert in meinen persönlichen Kreislauf. Doch in jenem Augenblick, als sich die Bindung zwischen uns allen und die Tatsache, dass wir einzigartig waren, endlich voll entfaltete …
    … empfand ich es als wundervoll.
    Als vollkommenes Mischwesen – Tagsüber-Gehirn, Nächtlicher

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