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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Francis hereingebracht wurde, von seinem Schreibtisch erhob. »Hallo, Mr. Petrel. Ich bin Dr. Gulptilil«, sagte er knapp mit einer fast kindlich hohen Stimme.
    Der Arzt war übergewichtig und rund, besonders an Bauch und Schultern – knollig wie ein Kindergeburtstagsballon, der in Form geknetet war. Er war entweder Inder oder Pakistani. Er trug eine eng geknotete, leuchtend rote Seidenkrawatte und ein strahlend weißes Hemd, während sein schlecht sitzender Anzug an den Manschetten leicht abgewetzt war. Er gehörte wohl zu der Sorte Mann, die morgens beim Anziehen auf halbem Weg das Interesse verlor. Er trug eine dicke schwarze Hornbrille, und sein Haar war mit Frisiercreme glatt nach hinten gekämmt, wo es sich über dem Kragen kräuselte. Francis konnte nicht recht sagen, ob er jung war oder alt. Er stellte fest, dass der Doktor gerne jedes Wort mit einer winkenden Geste unterstrich, so dass er während seiner Ansprache an einen Dirigenten erinnerte, der mit dem Taktstock sein Orchester führte.
    »Hallo«, sagte Francis verhalten.
    Pass auf, was du sagst!
, brüllte eine seiner Stimmen.
    »Wissen Sie, weshalb Sie hier sind?«, fragte der Arzt. Er schien aufrichtig neugierig.
    »Nein, eigentlich nicht«, erwiderte Francis.
    Dr. Gulptilil sah auf seine Akte und betrachtete prüfend ein Papier.
    »Wie’s aussieht, haben Sie einigen Leuten Angst gemacht«, sagte er gedehnt. »Und diese Leute scheinen der Auffassung zu sein, dass Sie Hilfe brauchen.« Er hatte einen leichten britischen Akzent, nur noch einen Anflug von Anglizismus, der sich wohl über die Jahre in den Staaten abgeschliffen hatte. Es war warm im Zimmer, und einer der Heizkörper unter den Fenstern zischte.
    Francis nickte. »Das war ein Fehler«, sagte er. »Es war nicht so gemeint. Es ist nur ein bisschen außer Kontrolle geraten. Im Grunde nur ein Missgeschick, eine falsche Einschätzung meinerseits. Ich möchte jetzt gerne nach Hause, es tut mir leid. Ich verspreche, mich zu bessern. Sehr zu bessern. Es war alles nur ein Versehen. Ich hab’s nicht so gemeint. Wirklich nicht. Ich entschuldige mich dafür.«
    Der Arzt nickte, antwortete aber nicht wirklich auf das, was Francis gesagt hatte.
    »Hören Sie im Moment Stimmen?«, fragte er.
    Sag nein!
    »Nein.«
    »Wirklich nicht?«
    »Nein.«
    Sag ihm, du hättest keine Ahnung, wovon er redete! Sag ihm, du hättest noch nie irgendwelche Stimmen gehört!
    »Ich weiß nicht so recht, was Sie mit Stimmen meinen«, sagte Francis.
    Gut so!
    »Ich meine, hören Sie, wie Leute, die nicht physisch anwesend sind, mit Ihnen sprechen? Oder hören Sie vielleicht Dinge, die andere nicht hören können?«
    Francis schüttelte energisch den Kopf.
    »Das wär doch verrückt«, sagte er. Er bekam ein wenig Selbstvertrauen.
    Der Arzt las noch einmal in dem Papier, das vor ihm lag, und sah Francis wieder in die Augen. »Wieso haben Sie dann bei zahlreichen Gelegenheiten in Gegenwart von Familienmitgliedern mit jemandem geredet, der nicht anwesend war?«
    Francis rutschte unruhig auf seinem Sitz hin und her und dachte über die Frage nach. »Vielleicht irren sie sich?«, sagte er in einem nun wieder unsicheren Ton.
    »Das glaube ich kaum«, antwortete der Arzt.
    »Ich habe nicht viele Freunde«, sagte Francis vorsichtig. »Weder in der Schule noch in der Nachbarschaft. Andere Jungs in meinem Alter gehen mir eher aus dem Weg. Also führe ich immer häufiger Selbstgespräche. Vielleicht ist es das, was sie beobachtet haben.«
    Der Doktor nickte. »Nur Selbstgespräche?«
    »Ja. Nichts weiter«, sagte Francis. Er entspannte sich noch ein bisschen.
    Das war gut. Das war gut. Sei einfach auf der Hut.
    Der Arzt sah ein zweites Mal in seine Unterlagen. Er hatte ein verhaltenes Lächeln auf den Lippen. »Ich führe auch zuweilen Selbstgespräche«, sagte er.
    »Na, da sehen Sie’s«, erwiderte Francis. Er zitterte ein wenig, und ihm wurde heiß und kalt in einem, als wäre ihm das nasskalte Wetter von draußen gefolgt und hätte über die eifrig pumpende Heizung gesiegt.
    »… Aber wenn ich Selbstgespräche führe, ist es keine Unterhaltung, Mr. Petrel. Es ist mehr eine Erinnerung, so was wie ›Vergiss nicht, einen Liter Milch zu besorgen …‹ oder auch eine Mahnung oder so was wie ›Autsch‹ oder ›Verdammt!‹ oder, wie ich zugeben muss, gelegentlich auch was Schlimmeres. Bei mir geht das aber nicht endlos hin und her, mit Fragen und Antworten von jemandem, der nicht da ist. Und das ist leider genau das, was Sie nach

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