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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Aussage Ihrer Familie schon seit einer Reihe von Jahren tun.«
    Vorsicht an dieser Stelle!
    »Das haben sie gesagt?«, erwiderte Francis verschlagen. »Wie ungewöhnlich.«
    Der Doktor schüttelte den Kopf. »Gar nicht so ungewöhnlich, wie Sie vielleicht denken, Mr. Petrel.«
    Er kam um den Tisch herum, so dass er ihm deutlich näher rückte, und hockte sich schließlich direkt vor Francis auf die Schreibtischkante. Er selbst saß immer noch im Rollstuhl, nicht nur von den Fesseln in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, sondern auch durch die Anwesenheit der beiden Pfleger, die sich zwar die ganze Zeit weder gerührt noch ein einziges Wort gesprochen, dafür aber unmittelbar hinter ihm gestanden hatten.
    »Vielleicht kommen wir gleich noch einmal auf diese Gespräche, die Sie führen, zurück, Mr. Petrel«, sagte Dr. Gulptilil. »Weil ich mir nämlich nicht so recht vorstellen kann, wie das vonstatten gehen soll, ohne dass man auch etwas hört, und das, Mr. Petrel, macht mir ernsthaft Sorgen.«
    Er ist gefährlich, Francis! Er ist clever und führt nichts Gutes im Schilde. Pass auf, was du sagst!
    Francis nickte, bevor ihm bewusst wurde, dass die Geste dem Doktor vielleicht nicht entgangen war. Er erstarrte in seinem Rollstuhl und sah, wie Dr. Gulptilil sich auf einem Blatt Papier mit Kugelschreiber eine Notiz machte.
    »Dann versuchen wir es mal anders, Mr. Petrel«, fuhr der Doktor fort. »Heute hatten Sie einen schwierigen Tag, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Francis. Dann kam ihm in den Sinn, dass er dieser Feststellung etwas hinzufügen sollte, da der Doktor schwieg und ihn mit einem durchdringenden Blick taxierte. »Ich hatte Streit. Mit meiner Mutter und meinem Vater.«
    »Einen Streit? Ja. Ach übrigens, Mr. Petrel, können Sie mir wohl sagen, welches Datum wir haben?«
    »Welches Datum?«
    »Ja. Das Datum für den Streit, den Sie heute hatten.«
    Er überlegte einen Moment lang. Dann blickte er wieder nach draußen und sah, wie sich der Baum unter den Windstößen duckte, sich ruckartig hin und her bewegte, als ob seine ungelenken Äste von einem unsichtbaren Puppenspieler an den Strippen gezogen würden. An den Enden der Zweige bildeten sich gerade ein paar Knospen, und während er sie betrachtete, rechnete er angestrengt, in der Hoffnung, dass eine seiner Stimmen vielleicht die Antwort wüsste, doch stattdessen blieben sie einmal wieder irritierend stumm. Auf der Suche nach irgendeinem Kalender oder sonst einem Fingerzeig sah er sich im Zimmer um, doch er konnte nichts entdecken und blickte wieder zum Fenster hinaus auf den schwankenden Baum. Als er sich erneut dem Arzt zuwandte, sah er, dass der rundliche Mann geduldig auf seine Antwort wartete, als seien Minuten verstrichen, seit er seine Frage gestellt hatte. Francis atmete scharf ein.
    »Tut mir leid …«, fing er an.
    »Sie wurden abgelenkt?«, fragte der Arzt.
    »Entschuldigung«, sagte Francis.
    »Kam mir so vor«, sagte der Doktor gedehnt, »als wären Sie mit Ihren Gedanken woanders gewesen. Passiert Ihnen das öfter?«
    Sag nein!
    »Nein. Ganz und gar nicht.«
    »Tatsächlich? Das überrascht mich aber. Wie dem auch sei, Mr. Petrel, Sie wollten mir etwas sagen …«
    »Sie haben mich etwas gefragt?« Francis war wütend, dass er den Gesprächsfaden verloren hatte.
    »Das Datum, Mr. Petrel?«
    »Ich glaube, wir haben den fünfzehnten März«, sagte er ruhig.
    »Ah, die Iden des März. Eine Zeit für Verrat. Aber leider, nein.« Der Arzt schüttelte den Kopf. »Aber ziemlich heiß, Mr. Petrel. Und das Jahr?«
    Er stellte ein paar weitere Berechnungen an. Er wusste, dass er einundzwanzig war und vor einem Monat Geburtstag gehabt hatte, und so riet er: »Neunzehnhundertneunundsiebzig.«
    »Gut«, erwiderte Dr. Gulptilil. »Ausgezeichnet. Und welchen Tag haben wir heute?«
    »Welchen Tag?«
    »Welchen Wochentag, Mr. Petrel?«
    »Es ist« – wieder musste er überlegen – »Samstag.«
    »Nein, tut mir leid. Heute ist Mittwoch. Wollen Sie mir den Gefallen tun und das behalten?«
    »Ja. Mittwoch. Natürlich.«
    Der Arzt rieb sich das Kinn. »Und jetzt noch einmal zu heute Morgen, die Sache mit Ihrer Familie. Es war schon ein wenig mehr als nur ein Streit, nicht wahr, Mr. Petrel?«
    Nein! Es war dasselbe wie immer!
    »Ich glaube nicht, dass es so ungewöhnlich war …«
    Der Arzt sah mit einem Ausdruck milden Staunens auf. »Wirklich? Das ist allerdings ein wenig seltsam, Mr. Petrel. Denn in dem Bericht, den ich von der örtlichen Polizei bekommen

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