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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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kaufen war und die während der kälteren Jahreszeit von vielen Insassen unter einem dickeren Winterhemd getragen wurde. Doch das war es nicht, was seine Aufmerksamkeit erregte.
    Das Hemd hatte einen riesigen dunkelbraunen Fleck über der Brust.
    Er hatte solche Flecken schon gesehen.
    Bei seiner Ausbildung als Brandstiftungsermittler. Im Dschungel von Vietnam.
    Peter hielt das Hemd eine Sekunde lang in der Hand und rieb den Stoff zwischen den Fingern, als könnte er mehr darüber sagen, wenn er es berührte. Little Black war ein, zwei Meter von ihm entfernt und sagte nun nachdrücklich: »Peter, wir müssen jetzt wirklich los. Ich bin nicht scharf drauf, was zu erklären, was ich nicht erklären will, und schon gar nicht gegenüber dem Big Doc, wenn ich es irgendwie vermeiden kann.«
    »Mr. Moses«, sagte Peter langsam, »sehen Sie sich das an.«
    Little Black trat ein Stück vor, so dass er sich über Peters Schulter lehnen konnte. Peter sagte nichts, doch er hörte, wie der Pfleger leise pfiff.
    »Das da könnte Blut sein, Peter«, sagte er nach einer Weile. »Sieht jedenfalls so aus.«
    »Würde ich auch sagen«, erwiderte Peter.
    »Gehört das nicht zu den Sachen, nach denen wir suchen sollen?«, fragte Little Black.
    »Allerdings«, antwortete Peter leise.
    Dann faltete er das T-Shirt sorgsam wieder genauso zusammen, wie er es vorgefunden hatte, und legte es an die Stelle, an der es gelegen hatte. Er schob die Feldkiste unter das Bett und hoffte, dass er die richtige Position getroffen hatte. Dann stand er auf. »Gehen wir«, sagte er. Er blickte noch einmal zu der kleinen Schar von Männern am anderen Ende des Schlafsaals zurück, ohne dass er ihrem leeren Blick, mit dem sie zurückstarrten, hätte entnehmen können, ob sie etwas gemerkt hatten oder nicht.

19
    P eter schlüpfte, kaum dass er durch die Tür des Amherst-Gebäudes geeilt war, aus der weißen Pflegeruniform. Little Black nahm ihm die weite Hose und lose sitzende Jacke ab, faltete sie zusammen und stopfte sie sich unter den Arm, während Peter sich ein Paar zerknitterte Jeans überzog. »Die verstecke ich«, sagte er, »bis wir sicher sind, dass Gulptilil mit seinen Runden fertig ist und wir uns wieder an die Arbeit machen können.«
    Der Pfleger sah Peter eindringlich an und fügte dann hinzu: »Werden Sie Miss Jones erzählen, was Sie gesehen haben und wo?«
    Peter nickte. »Sobald Mr. Evil nicht mehr bei ihr ist.«
    Little Black verzog das Gesicht. »Er wird es rauskriegen. So oder so. Er kriegt immer alles raus. Früher oder später, der Mann scheint immer zu wissen, was hier gespielt wird.«
    Peter fand diese Auskunft aufschlussreich, doch er gab keinen Kommentar dazu ab.
    Für einen Moment schien Little Black unschlüssig. »Was machen wir also mit einem Mann, der ein T-Shirt voller Blutflecken versteckt, von denen wir annehmen, dass sie nicht von ihm stammen?«
    »Ich denke, wir müssen den Mund halten und die Sache vorerst für uns behalten«, sagte er. »Zumindest, bis Miss Jones zu einem Entschluss gekommen ist, wie sie verfahren will. Ich denke, wir müssen sehr auf der Hut sein. Immerhin ist der Kerl, dessen Bett wir gerade gefilzt haben, in diesem Moment da drinnen und redet mit ihr.«
    »Und meinen Sie, dass sie bei der Befragung was über ihn rauskriegt?«
    »Keine Ahnung. Wir müssen einfach auf der Hut sein.«
    Little Black nickte. Peter merkte, dass der Pfleger sich über die Brisanz ihres Fundes im Klaren war. Ein einziges blutbeflecktes T-Shirt, das alle möglichen Probleme auslösen konnte. Peter fuhr sich mit der Hand durchs Haar, während er über die Situation nachdachte und begriff, dass er behutsam und aggressiv zugleich vorgehen musste. Seine erste Überlegung war praktischer Natur: Wie sollten sie den Mann, der in dem Bett schlief, unter dem er gerade seine Entdeckung gemacht hatte, von den anderen isolieren und weiter gegen ihn vorgehen? Es gab eine Menge zu tun, wurde ihm klar, da sie nun einen echten Verdächtigen hatten. Doch alles, was er in seiner Ausbildung gelernt hatte, gebot ihm, vorsichtig zu sein, auch wenn ihm das nicht gerade in die Wiege gelegt worden war. Er musste unwillkürlich lächeln, weil er sich demselben Dilemma gegenüber sah, mit dem er schon sein ganzes Leben zu kämpfen hatte – einem ausgewogenen Verhältnis zwischen kleinen Schritten und blindem Aktionismus. Er wusste sehr wohl, dass er wegen unüberlegten Handelns hier gelandet war.
    Im Flur vor dem Büro, in dem Lucy ihre Befragungen

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