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Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Routine zu ihrem Vorteil zu nutzen. Peters zweiter Vorschlag war ein wenig schwerer umzusetzen.
    »Wir müssen dafür sorgen«, sagte er in ruhigem Ton zu Lucy, »dass wir den großen Kerl und seine Sachen hier ins Amherst rüberbekommen. Und zwar möglichst unauffällig.«
    Lucy stimmte ihm zu. Sie stand, zusammen mit Peter und Francis, wie der Fels in der stetigen frühnachmittäglichen Brandung von Patienten, die zur Gruppentherapie oder zu handwerklichen Kursen überall im Gebäude unterwegs waren. Der gewöhnliche Zigarettendunst hing in der reglosen Luft, und das Getrappel von Füßen wurde von vielstimmigem Gemurmel untermalt. »Okay«, sagte Lucy. »Ich denke, das könnte nützlich sein. Es lohnt sich, ihn im Auge zu behalten. Und was sonst noch?«
    »Ich weiß nicht, jedenfalls nicht genau«, erwiderte Peter. »Er ist der einzige Verdächtige, den wir haben, und C-Bird hier glaubt nicht mal, dass er der richtige Verdächtige ist, und ich glaube, ich schließe mich seiner Meinung an. Aber wir müssen trotzdem rausfinden, wie er sich in das gesamte Bild einfügt. Und die einzige Möglichkeit …«
    »… besteht darin, ihn in der Nähe zu haben. Ja. Das ist absolut logisch«, sagte sie. Dann zog sie eine Augenbraue hoch, als ob ihr gerade eine Idee gekommen wäre. »Ich glaube, ich weiß, was ich tun werde. Lasst mich ein paar Vorkehrungen treffen.«
    »Aber unauffällig«, sagte Peter. »Dass ja keiner dahinterkommt …«
    Sie lächelte. »Peter, ich schaff das schon. Für eine Staatsanwältin geht es immer darum, etwas genau so hinzubiegen, wie man es haben will.« Doch wie um die Ironie zu unterstreichen, die in der Bemerkung lag, fügte sie hinzu: »Mehr oder weniger.«
    Als Lucy aufschaute, sah sie die Moses-Brüder den Flur entlangkommen. Sie nickte ihnen zu. »Meine Herren, ich denke, es kann weitergehen. Ob ich wohl mal kurz unter vier Augen mit Ihnen sprechen könnte, bevor Mr. Evans zurückkommt, egal, wo er im Moment sein mag?«
    »Er ist gerade bei einer Besprechung mit dem Big Doc«, sagte Little Black vorsichtig. Er wandte sich zu Peter um und machte eine Handbewegung, die einer stummen Frage gleichkam. Peter nickte.
    »Ich hab ihr davon erzählt«, sagte er. »Weiß sonst noch jemand …«
    »Ich hab’s meinem Bruder gesagt«, antwortete Little Black. »Aber das war’s auch schon.«
    Big Black kam etwas näher heran. »Ich kann nich’ sehen, wie diese Dumpfbacke der Kerl sein sollte, den wir suchen«, sagte er gleichmütig. »Ich meine, der Bursche kann ja kaum ohne Hilfe essen. Sitzt am liebsten rum und spielt mit Puppen. Oder hockt vor der Glotze. Den kann ich mir nicht als Mörder vorstellen, es sei denn, man bringt ihn so in Rage, dass ihm einfach die Hand ausrutscht. Der Junge hat Kraft. Mehr, als er weiß.«
    »Francis meinte ungefähr dasselbe«, sagte Peter.
    »C-Bird hat ’nen guten Riecher«, erwiderte Big Black.
    »Also vorerst erfährt niemand was von der Sache, okay?«, warf Lucy ein. »Versuchen wir’s zumindest.«
    Little Black zuckte die Schultern, verdrehte aber die Augen, als wollte er sagen, dass in der Anstalt jeder früher oder später die Geheimnisse aus der Vergangenheit ihrer Mitbewohner erfuhr und dass es noch aussichtsloser war, etwas aus der Gegenwart geheim zu halten.
    »Wir werden’s versuchen«, sagte er. »Noch etwas. C-Bird, Gulp-a-pill will Sie jetzt sehen.«
    Zugleich wandte sich der größere Bruder zu Peter um. »Demnach sind Sie wohl ein bisschen später dran.«
    Peter sah sie neugierig an. »Was meinen Sie …«, fing er an, doch die Pfleger schüttelten beide den Kopf.
    »Keine Spekulationen«, sagte Little Black. »Vorerst.«
     
    Während sich sein Bruder durch den Haupteingang des Amherst mit Francis zu Dr. Gulptilils Büro auf den Weg machte, folgte Little Black Peter und Lucy in das Befragungszimmer. Die Staatsanwältin steuerte sofort die Schachtel mit den Patientenakten an, die sie eingesammelt hatte, und holte die des retardierten Hünen heraus, die zuoberst lag. Dann ging sie zügig ihre handschriftliche Liste der potenziellen Verdächtigen durch, bis sie einen fand, von dem sie annahm, dass er für ihren Plan taugte. Sie schob Little Black die Akte hin und sagte: »Das ist der Mann, mit dem ich als Nächstes sprechen möchte.«
    Er sah sich die Akte an und nickte. »Ich kenn den Typ. Mistkerl, bei dem gleich die Sicherung durchknallt«, sagte er. Dann stammelte er verlegen, »Sehen Sie mir meine rüde Sprache nach, Miss Jones. Hab nur ein-,

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